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Pinguine frieren nicht

Pinguine frieren nicht

Titel: Pinguine frieren nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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schwach, dann, als Viktor die starken Hände seiner Braut an seinen Schultern fühlte, stärker. Und Viktor drückte Vesna schon selbst mit ganzer Kraft an sich. Von jenseits ihres Kusses hörte er die aufmunternden, anfeuernden Rufe von der anderen Jacht herüber. Die Rufe wurden leiser und verstummten bald. Aber der Kuß ging weiter und endete erst, als Viktor keine Luft mehr bekam. Er lockerte seine Umarmung. Vesna tat das gleiche. Sie sahen einander aus zehn Zentimeter Abstand in die Augen. In Vesnas Blick las Viktor die feste Überzeugung, daß sie beide glücklich sein würden. Diese Überzeugung war so unerschütterlich wie der Glaube Stalins an seine Unfehlbarkeit.
    »Gut gemacht!« Mladen lächelte, nickte Radko zu, und der spielte wieder los. Sie tranken Rakija und aßen, und Mladen brachte Trinksprüche aus. Die südliche Sternennacht senkte sich sanft auf das Meer wie eine durchsichtige Decke.
    Plötzlich klingelte es in der Tasche von Viktors Trainingsanzug. Er zog das Handy heraus und sah auf den [532] kleinen Monitor, auf dem der Name des Anrufers erschien: ›Ljoscha‹.
    »Grüß dich«, sagte Viktor gleich. »Was gibt es Neues?«
    »Wir haben gewonnen!« teilte Ljoscha ihm glücklich mit. »Die Goldmedaille! Stell dir vor! Ich habe schon den Chef angerufen, er freut sich wie verrückt!«
    »Gut gemacht!«
    »Was ist das da bei dir für Musik?«
    »Wir halten Hochzeit.«
    »An Bord? Wessen Hochzeit?«
    »Meine.«
    »Was soll das, machst du Witze?«
    »Nein.«
    »Ist es Liebe?« Ljoscha klang ironisch.
    »Es ist mehr als Liebe«, anwortete Viktor völlig ernst. »Es ist Schicksal… Aber sag Sonja und Nina noch nichts.«
    »In Ordnung. Hier hat Issajew dich gesucht. Morgen fliegen wir nämlich zurück. Was soll ich ihm sagen?«
    »Sag ihm, ich habe beschlossen, im Ausland zu bleiben. Die Heimat wird es mir wohl verzeihen…«
    »Na, dann viel Glück!« wünschte Ljoscha ihm aufrichtig.
    »Danke.«
    Nachdem er das Handy auf den Tisch gelegt hatte, verkündete Viktor den Anwesenden den Sieg seiner Mannschaft.
    Mladen brachte sofort einen Trinkspruch aus.
    »Auf die Ukraine!« sagte er feierlich und stand stramm, als würde im nächsten Moment die Nationalhymne erklingen.
    [533] Für einen Augenblick übertrug sich die Feierlichkeit auf Viktor. Fast wäre er selbst aufgestanden, aber dann dachte er plötzlich: ›Was hat die Ukraine damit zu tun?‹ Sie feierten doch nicht den Sieg, sondern seine, Viktors, Hochzeit! Und sie hatten noch gar nicht auf die Eltern getrunken! Schade, daß seine Eltern das nicht mehr erlebten. Und über Vesnas Mutter wußte er gar nichts. Wo war sie, was war mit ihr? Dafür war ihr Vater da, direkt gegenüber, am selben Tisch.
    Viktor erhob sich, erklärte, er komme in einer Minute wieder, und lief in seine Kabine. Er zog den schweren goldenen Klumpen aus der Tasche, kehrte mit ihm an den Tisch zurück, legte ihn sorgfältig auf seinen Hocker und ergriff sein Glas Rakija.
    »Ich möchte auf die Eltern trinken«, sagte er mit schon ziemlich schwerer Zunge. »Auf Sie, auf den Vater von Vesna! Darauf, daß sie so stark und ehrlich geworden ist… Ich habe ein Geschenk für Sie…«
    Zuerst stieß Viktor mit seiner Braut und Mladen und Radko an. Er trank aus. Dann reichte er Mladen mit beiden Händen den Barren. Der nahm das Gold schweigend, ohne den Blick davon zu wenden, und sah es lange an. Dann schob er ein paar Teller beiseite und legte den goldenen Klumpen mitten auf den Tisch. Auf seinem Gesicht erschien langsam ein festes, strahlendes Lächeln.
    »Das Geschenk ist nicht für mich«, sagte er. »Das ist alles für unsere große Familie. Du weißt es noch nicht. Wir haben ein großes Haus, in dem wir alle leben werden. Meine Brüder haben uns ein Restaurant gekauft. Und das hier«, Mladen fuhr mit den Fingern über den Goldbarren, [534] »das ist deine Zukunft. Wir werden friedlich zusammenleben, und ich lehre dich das Handwerk meines Vaters. Er war Bäcker. Brot wird überall gebraucht. Und das hier«, Mladen streichelte wieder den Barren, »reicht für eine Bäckerei und noch mehr, damit deine Familie und meine Enkel gut leben können.«
    Als Viktor das von der Bäckerei hörte, sah er hinüber zu Mischa-Pinguin, der brav auf seinem Hocker stand, so daß über dem Tisch seine ›Hemdbrust‹ und sein Kopf zu sehen waren. Viktor wollte ihm zuflüstern: ›Weißt du noch? Weißt du noch, in Tschetschenien? Da war auch einer, der Bäcker werden wollte…‹ Auf seltsame Weise

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