PinkMuffin@BerryBlue. Betreff: IrrLäufer (German Edition)

Bettwäsche, Obstkonserven, Geschirr, Pulverkaffee und so weiter und so weiter. Dieser ganze Kram und noch viel, viel mehr war in Regalen entlang der Wände aufgestapelt oder lag überall in dem Raum verstreut, in dessen Mitte ein einsamer Schreibtisch stand.
    Dahinter saß eine Frau und sah mich freundlich über einen Berg von Klopapier, Wäscheklammern und Tütensuppen an.
    „Was kann ich für dich tun?“, fragt sie mich, als wäre das Chaos um sie herum das Selbstverständlichste auf der Welt.
    „Bin ich hier richtig bei Kuhlhardt und Lipinski?“, frage ich zurück.
    „Selbstverständlich. So, wie es an der Tür steht. Herr Lipinski ist allerdings nicht in seinem Büro.“
    „ Herr Lipinski? Ist das nicht ein Hund?“
    Die Frau lächelt mich etwas mitleidig an. „Nur äußerlich. Allerdings ist Herr Lipinski nach dem – Vorfall in das kleinere Büro gezogen.“
    In unserem Café seh ich echt ’ne Menge schräger Vögel. Und ich hatte gedacht, nach der Aufgeblasenen und der Verschrumpelten mit ihrem Hühnergackern und ihrem Eierlegversuch könnte nichts Schrägeres mehr kommen. Aber da war ich mir plötzlich überhaupt nicht mehr sicher. Ich war schon kurz davor, mich zu kneifen, ob ich nicht vielleicht träume oder ob mich jemand in eine andere Dimension geschossen hat, in der nur Typen rumlaufen, die nicht ganz dicht in der Birne sind, das aber für völlig normal halten.
    „Wer ist da, Milfina?“, röhrt plötzlich Kuhlhardts Stimme hinter einer der Türen.
    „Milfina. Interessanter Name“, sag ich Trottel, ohne mir was dabei zu denken.
    Milfina lächelt mich wieder freundlich an. „So nennt mich nur Kuhlhardt.“
    „Und wie nennt Sie Herr Lipinski?“, frage ich und denke, ich hab den Witz des Jahrhunderts gemacht.
    „Gabi“, antwortet sie, ohne eine Miene zu verziehen. „Das ist mein richtiger Name. Der gefällt mir auch besser.“
    Wie gesagt, andere Dimension.
    „Ein junger Mann will Sie sprechen!“, ruft Milfina dann.
    Eine der Türen wird aufgerissen und Kuhlhardt kommt heraus. Ohne Mantel, aber mit Hut.
    „Das ist kein junger Mann, Milfina. Das ist Berry the Blue. Hab schon auf dich gewartet, Kleiner – oder auf deine Freundin.“
    „Woher wussten Sie – sie ist nicht meine Freundin!“
    „Woher wusste ich. Ich bin Detektiv. Daher wusste ich.“
    Ich muss mir unbedingt abgewöhnen, Kuhlhardt Fragen zu stellen.
    „Wie war’s im Knast?“, fragt er mich dann.
    „Nicht gerade gemütlich“, antworte ich. „Aber irgendwie auch – interessant.“
    „Komm rein“, sagt er. „Aber tritt nicht auf die Päckchen mit der Kaffeesahne, das saut immer so, und stolpre nicht über den Rasenmäher.“
    Zum Glück war Kuhlhardts Büro ein ganz normales Büro, jedenfalls auf den ersten Blick. Mir fiel gleich auf, dass irgendwas nicht stimmte. Und dann hatte ich es: Es gab keinen Aktenschrank, keine Ordner, noch nicht einmal ein Blatt Papier in dem Büro. Ein völlig leerer Schreibtisch in einem völlig leeren Büro. Nur zwei Bilder hingen nebeneinander an der Wand. Auf dem einen war Lipinski abgebildet und auf dem anderen auch. Ich meine, auf dem einen war der Hund zu sehen und auf dem anderen er, wie er vor dem Vorfall ausgesehen hatte – wenn ich mich da klar ausgedrückt habe. Mann! Bei den ganzen Bekloppten bin ich selbst schon ganz Banane. Jedenfalls hab ich zum ersten Mal kapiert, warum Kuhlhardt glaubt, Lipinski wäre Lipinski. Sein Partner hat vorher genauso ausgesehen. Diese Augen! Wie der Hund! Wahnsinn. Und dann hatte er auch noch lange Haare, die ihm wie Schlappohren über die Schulter hingen.
    „Ist das Lipinski?“, frage ich.
    „Ist das Lipinski. Das sieht man doch.“
    „Soll ich einen Kaffee kochen?“, ruft Milfina von draußen.
    „Soll sie einen Kaffee kochen. Für mich ja. Du auch?“
    „Ich auch. Nein“, antworte ich.
    „Schade“, sagt Kuhlhardt. „Verfallsdatum läuft bald ab.“
    „Haben Sie hier ein Geschäft oder so was?“, frage ich.
    „Habe ich ein Geschäft. Nein. Die Sachen gehören Milfina. Bei ihr zu Hause ist kein Platz mehr.“
    „Milfina. Seltsamer Name.“
    „So nenne nur ich sie. Wegen der Kaffeesahne.“
    „Wie?“
    „Wie. Von ALDI.“
    „Von ALDI?“
    „Von ALDI. Milfina ist ALDI-süchtig. Muss mindestens einmal am Tag dort einkaufen. Sonst wird sie nervös. Unausstehlich. Kauft nur Sonderangebote. Ist trotzdem ziemlich teuer auf die Dauer. Zum Glück hat sie geerbt.“
    Da fiel es mir ein: Die Kaffeesahne von ALDI heißt