Pippi Langstrumpf
ganzen Tag, Sie fangen früh um sieben an und hören nicht eher auf, als bis die Sonne untergegangen ist. Wenn es also passieren sollte, daß ich mal lüge, so müßt ihr versuchen, mir zu verzeihen und daran zu denken, daß es nur daran liegt, daß ich etwas zu lange in Nicaragua war. Wir können wohl trotzdem Freunde sein, nicht wahr?“
„Ja, gewiß“, sagte Thomas und wußte plötzlich, daß der Tag heute sicher keiner der langweiligen werden würde.
„Warum könnt ihr übrigens nicht bei mir frühstücken?“ fragte Pippi.
„Ja, ganz richtig“, sagte Thomas, „warum können wir das nicht? Kommt, wir gehen!“
„Ja“, sagte Annika, „jetzt sofort.“
„Aber erst muß ich euch Herrn Nilsson vorstellen“, sagte Pippi.
Und da nahm der kleine Affe den Hut ab und grüßte höflich.
Und nun gingen sie durch die verfallene Gartentür der Villa Kunterbunt den Kiesweg entlang, an dessen Rändern moosbewachsene Bäume standen, richtig feine Kletterbäume, und hinauf zur Villa und auf die Veranda.
Da stand das Pferd und fraß Hafer aus einer Suppenschüssel.
„Warum in aller Welt hast du ein Pferd auf der Veranda?“ fragte Thomas.
Alle Pferde, die er kannte, wohnten in einem Stall.
„Tja“, sagte Pippi nachdenklich, „in der Küche würde es nur im Wege stehen. Und im Wohnzimmer gefällt es ihm nicht.“
Thomas und Annika streichelten das Pferd, und dann gingen sie ins Haus. Da war eine Küche und ein Wohnzimmer und ein Schlafzimmer. Aber es sah so aus, als ob Pippi das Wochenreinmachen vergessen hätte. Thomas und Annika sahen sich vorsichtig um, ob der Negerkönig in einer Ecke säße. Sie hatten in ihrem ganzen Leben noch keinen Negerkönig gesehen. Aber kein Vater war zu sehen und auch keine Mutter, und Annika fragte ängstlich:
„Wohnst du hier ganz allein?“
„Aber nein, Herr Nilsson und das Pferd wohnen ja auch hier.“
„Ja aber, ich meine, hast du keine Mutter und keinen Vater hier?“
„Nein, gar nicht“, sagte Pippi vergnügt.
„Aber wer sagt es dir, wenn du abends ins Bett gehen sollst und all so was?“
„Das mache ich selbst“, sagte Pippi. „Erst sage ich es ganz freundlich, und wenn ich nicht gehorche, dann sage ich es noch mal streng, und wenn ich dann immer noch nicht hören will, dann gibt es Haue.“
Ganz verstanden Thomas und Annika das nicht, aber sie dachten, daß es vielleicht ein ganz praktisches Verfahren wäre. Inzwischen waren sie in die Küche gekommen, und Pippi schrie:
„Jetzt woll’n wir Pfannkuchen backen!“
Und nun holte sie drei Eier und warf sie in die Luft. Eins der Eier fiel ihr auf den Kopf und ging kaputt, so daß ihr das Eigelb in die Augen rann. Aber die anderen fing sie geschickt in einem Topf auf, wo sie entzweigingen.
„Ich habe immer gehört, daß Eigelb gut für die Haare sein soll“, sagte Pippi und wischte sich die Augen aus. „Ihr sollt mal sehen: Es wächst, daß es kracht. In Brasilien gehen übrigens alle Menschen mit Ei im Haar herum. Aber da gibt’s auch keine Kahlköpfe. Nur einmal war da ein Alter, der war so verrückt, daß er seine Eier aufaß, anstatt sie ins Haar zu schmieren. Er bekam auch ganz richtig einen Kahlkopf, und wenn er sich auf der Straße zeigte, gab es einen solchen Auflauf, daß die Polizei anrücken mußte.“
Während Pippi sprach, hatte sie geschickt die Eierschalen mit den Fingern aus dem Topf gefischt. Jetzt nahm sie eine Badebürste, die an der Wand hing, und fing an, den Pfannkuchenteig zu schlagen, so daß die Wände ringsherum vollgespritzt wurden. Zuletzt goß sie das, was übrig war, in eine Pfanne, die auf dem Herd stand.
Als der Pfannkuchen auf der einen Seite gebacken war, warf sie ihn halb gegen die Decke hoch, so daß er sich in der Luft umdrehte, und fing ihn dann wieder in der Pfanne auf. Und als er fertig war, warf sie ihn quer durch die Küche direkt auf einen Teller, der auf dem Tisch stand.
„Eßt“, rief sie, „eßt, bevor er kalt wird.“
Und Thomas und Annika aßen und fanden, daß es ein sehr guter Pfannkuchen war.
Danach bat Pippi sie in das Wohnzimmer. Dort stand nur ein Möbelstück. Das war eine große Klappkommode mit vielen kleinen Schubladen. Pippi öffnete die Schubladen und zeigte Thomas und Annika all die Schätze, die sie dort verwahrt hatte. Da waren seltsame Vogeleier und merkwürdige Schnecken und Steine, kleine feine Schachteln, schöne silberne Spiegel und Perlenketten und vieles andere, was Pippi und ihr Vater während ihrer Reisen um die Erde
Weitere Kostenlose Bücher