Pippi Langstrumpf
findet man immer. Aber jetzt müssen wir uns beeilen, damit nicht andere Sachensucher kommen, die alle Goldklumpen, die es hier in der Gegend gibt, aufheben.“
Alle drei Sachensucher machten sich nun auf den Weg. Sie meinten, daß es am besten wäre, in der Nähe um die Villen herum anzufangen. Denn Pippi sagte, es könne zwar leicht passieren, daß man eine Schraubenmutter tief drinnen im Wald finde, aber die besten Sachen finde man fast immer da, wo Menschen in der Nähe wohnen.
„Aber immerhin“, sagte sie, „ich habe auch schon Beispiele vom Gegenteil erlebt. Ich erinnere mich an ein Mal, als ich in den Dschungeln von Borneo nach Sachen suchte. Genau mittendrin im Urwald, wo niemals ein Mensch seinen Fuß hingesetzt hatte, was glaubt ihr, was ich da gefunden habe? Ja, ein richtiges feines Holzbein. Ich habe es später einem alten Mann geschenkt, der nur ein Bein hatte, und er sagte, daß man so ein Holzbein nicht für Geld kaufen könnte.“
Thomas und Annika blickten auf Pippi, um zu sehen, wie ein Sachensucher sich zu verhalten hatte. Und Pippi lief von einem Straßenrand zum anderen, legte die Hand über die Augen und suchte und suchte. Manchmal kroch sie auf den Knien und steckte die Hand zwischen die Latten eines Zaunes und sagte enttäuscht:
„Merkwürdig! Ich dachte bestimmt, ich hätte einen Goldklumpen gesehen!“
„Darf man wirklich alles nehmen, was man findet?“ fragte Annika.
„Ja, alles, was auf der Erde liegt“, sagte Pippi.
Ein Stück weiter lag ein alter Herr auf dem Rasen vor seiner Villa und schlief.
„Der da liegt auf der Erde“, sagte Pippi, „und wir haben ihn gefunden. Wir nehmen ihn!“
Thomas und Annika erschraken furchtbar.
„Nein, nein, Pippi, wir können nicht einen Mann nehmen, das geht nicht“, sagte Thomas. „Was sollten wir übrigens auch mit ihm?“
„Was wir mit ihm sollten? Den könnte man zu vielerlei gebrauchen. Wir könnten ihn in einen kleinen Kaninchenkäfig stecken anstatt eines Kaninchens und ihn mit Butterblumen-blättern füttern. Aber wenn ihr nicht wollt, so lassen wir’s bleiben, meinetwegen. Obwohl es mich ärgert, daß vielleicht ein anderer Sachensucher kommt und ihn klaut.“
Sie gingen weiter. Plötzlich stieß Pippi ein lautes Geheul aus.
„Nein, so was hab’ ich noch nie gesehen!“ schrie sie und hob eine alte rostige Blechbüchse vom Boden auf. „So ein Fund, so ein Fund! Büchsen kann man nie zu viele haben.“
Thomas sah die Büchse etwas mißtrauisch an und sagte:
„Wozu kann man die gebrauchen?“
„Oh, die kann man zu vielem gebrauchen“, sagte Pippi. „Eine Art ist, Kuchen rein zu legen, dann ist es eine feine ,Büchse mit Kuchen‘. Eine andre Art ist, keinen Kuchen rein zu legen, dann ist es eine ,Büchse ohne Kuchen‘, und das ist natürlich nicht ganz so schön, aber das kann man auch gut gebrauchen.“
Sie musterte die Büchse, die wirklich sehr rostig war und außerdem ein Loch im Boden hatte.
„Es sieht beinah so aus, als ob das eine ,Büchse ohne Kuchen‘ werden wird“, sagte sie nachdenklich. „Aber man kann sie auch übern Kopf stülpen und spielen, daß es mitten in der Nacht ist.“
Und das tat sie. Mit der Büchse auf dem Kopf wanderte sie durch das Villenviertel wie ein kleiner Blechturm, und sie blieb nicht eher stehen, als bis sie über einen Drahtzaun stolperte und auf den Bauch fiel. Es machte einen furchtbaren Krach, als die Blechbüchse auf die Erde schlug.
„Da könnt ihr sehen“, sagte Pippi und nahm die Büchse ab. „Wenn ich die nicht aufgehabt hätte, wäre ich direkt aufs Gesicht geplumpst und hätte es mir kaputtgeschlagen.“
„Ja aber“, sagte Annika, „wenn du nicht die Büchse aufgehabt hättest, wärst du nicht über den Stacheldrahtzaun gestolpert.“
Aber ehe sie zu Ende sprechen konnte, ertönte ein neues Geheul von Pippi, die triumphierend eine leere Garnrolle hochhielt.
„Das scheint heute mein Glückstag zu sein“, sagte sie. „So eine kleine süße Garnrolle, mit der man Seifenblasen machen kann oder die man an einer Schnur um den Hals als Kette tragen kann. Ich will nach Hause und das sofort machen.“
Gerade da wurde eine Gartentür geöffnet, und ein Junge kam herausgestürmt. Er sah ängstlich aus, und das war kein Wunder, denn dicht auf den Fersen folgten ihm fünf Jungen. Sie hatten ihn bald und drängten ihn gegen einen Zaun, wo sie alle auf ihn losgingen. Alle fünf auf einmal fingen an, ihn zu boxen und zu schlagen. Er weinte und hielt die
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