Pitch (German Edition)
dem Fuß zu wippen, ja, der könnte ihr schon
gefallen, bei dem muss sie an den von gestern Abend denken, den sie
nach der After Work Hour und der anschließenden
Kneipentour ganz zuletzt noch im Taj Mahal kennen gelernt hat,
den großen Schwarzen, auf der Tanzfläche, wie der sich
bewegt hat, wie der getanzt hat, irgendwann haben sie sich
zusammengetanzt, wie sich das so ergibt, wenn man sich aus der Menge,
in der man aufgeht, plötzlich wieder herauslöst und andere
wieder als einzelne wahrnimmt, und wie dann aus einem Meer von Augen
ein Paar heraussticht, das einen anblickt, und dessen Blick man
erwidert, weil sie weiß in schwarz im Klang- und Farbenmeer
leuchten, dann ist er da gewesen, sie haben sich mal
gleichschwingend, mal gegenläufig bewegt, mal hat sie, mal er
die Arme zuckend erhoben, dem Rhythmus folgend, die Augen zwischen
Fingern durchspähend, seine Hände sind an ihrem Körper
hinabgeglitten, ohne sie zu berühren, und in dem beißenden
Geruch aus Schweiß, Rauch und Nebelwerk hat sie ihn gerochen,
und diesen Duft hat sie noch immer in der Nase, ihnen beiden ist sehr
schnell klar gewesen, dass es ihnen um den Tanz allein nicht ging,
auch nicht um die nächsten, die sie tanzten, auch nicht, um den
Drink, den sie nahmen, an der Bar, schon gar nicht um die Worte, die
nur stören konnten, was Augen und Nasen, Instinkte, längst
zwischen ihnen hergestellt hatten, also ist er mit zu ihr gekommen,
so konnte sie einschlafen und er gehen, danach, weil Frauen danach
schlafen und Männer danach gehen, nur dass er nicht gegangen
war, sie haben in ihrem Bett gesessen, eine Zigarette geraucht, und
das Danach einfach zu einem weiteren Davor gemacht, sie muss lächeln,
wenn sie daran denkt, was in der letzten Nacht alles geschehen ist,
sie tut das nicht oft, aber hin und wieder, wenn ihr danach ist,
deshalb würde sie auch, wenn sie Lust dazu hätte, mit einem
Vorgesetzten ins Bett gehen, sie ist eine erfolgreiche Frau und sie
tut, was sie will, wenn Männer mit Frauen schlafen wollen, dann
tun sie das auch, ohne Skrupel, und wenn Frauen über das Bett
Karriere machen können, dann ist das wie der Krieg in der
Politik oder wie die Qualifizierung durch Weiterbildung einer der
Wege, die sich hier eben auftun, gestern hingegen ist es die reine
Lust gewesen, und wenn sie heute Abend nach Hause kommt, kann es
sein, dass Oribe noch oder schon wieder da ist, denn bei den
Zigaretten zwischendurch haben sie auch festgestellt, dass sie
durchaus miteinander reden können, sehr gut sogar, sie mag diese
Mischung aus Wildheit und Kultiviertheit, Oribe hat, was diesen
degenerierten Machtmenschen abgeht, echten Stil, unverfälschte
Männlichkeit, die hat selbst der da vorne nicht mehr, der sieht
zwar gut aus, und das genießt sie auch, vermutlich hat er sogar
einen Waschbrettbauch, aber eigentlich ist er nur ein süßer
Typ, der zweifellos ganz gut reden kann, nicht nur gut aussieht,
sondern auch gut klingt, der, das denkt sie, kriegt vermutlich jede
Frau herum, ich würde ihn auch nicht von der Bettkante stoßen,
sie hört ein wenig dem zu, was er sagt, wie er die Kampagne
herleitet, wie er das Layout erklärt, schön gestalten kann
er, und die Bilder sind gut, wenn sie mit so einem Stil herausgehen,
werden die anderen Augen machen, das wäre eine echte Wende in
der Art der Kommunikation, die scheinen sich auch gar nicht diesem
Hype um den USP angeschlossen zu haben, diese Kampagne ist geradezu
lässig souverän, gar nicht laut, aber Mellendorf und all
den anderen Herren wird das natürlich nicht gefallen, schade,
dass Keiser nicht da ist, der hätte das gut gefunden, das ist
eher ein Mensch der leisen Führung, wie alt war er,
siebenundsechzig, gar nicht mal so alt, erstaunlich, alle scheinen
sich hier bereits damit abgefunden zu haben, dass Keiser von nun an
nicht mehr da sein wird, Urius, Klein und Brandt haben fast sofort
ihren Kotau vor Mellendorf gemacht, was werden sie morgen machen,
wenn Worbs wieder da ist, werden sie sich dann zerreißen, oder
bleiben sie einfach auf der Seite, auf die sie sich heute geschlagen
haben, dann ist es aus mit Worbs, dann kann er einpacken, sie denkt,
dass es falsch war, diesen Termin nicht abzusagen, wie soll man an so
einem Tag ein objektives Urteil fällen, nach so einer Nacht, der
Chef mit Schlaganfall im Krankenhaus, die ganze Firma verunsichert
und die Armen stehen da und präsentieren etwas, was hier gar
niemanden interessiert, sie ist nun ganz von ihren beschwingten
Gedanken
Weitere Kostenlose Bücher