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Pittys Blues

Pittys Blues

Titel: Pittys Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Gaebel
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der Menschen von Rickville. Deswegen hatten die beiden
nicht mitbekommen, was seit Anfang des Tages eigentlich alle Bewohner der Stadt umtrieb.
    Als sie zum Steg gingen, kam Jones ihnen entgegen.
    «Hallo Jones. Magst du einen Kaffee?»
    Jones deutete eine Verbeugung an und lächelte.«Ich wollte sowieso gerade zu euch reinkommen. Merkwürdiges Wetter, mh?»
    Tulipe nickte, hakte sich bei beiden Männern ein, und zu dritt gingen sie zurück zur Kaschemme.
    Jones nickte Moe zu:«Du hast den Steg wieder gut hinbekommen. Schauen wir mal, wie lang er diesmal hält.»
    «Also, beim nächsten Mal ist es jedenfalls nicht Pinkin, der ihn ruiniert. Der traut sich wahrscheinlich erst in zwanzig Jahren wieder in die Nähe des Stegs, darauf kannst du einen lassen.»
    Jones bemühte sich um einen lockeren Ton. Er wollte diese Erinnerungen noch ein wenig auf Abstand halten, er wollte sie jetzt nicht mit Tulipe und Moe teilen, er wollte ein bisschen Leichtigkeit. Tulipe warf ihm einen scharfen Blick zu, der seinen Körper in der Mitte teilte und seine Seele offenlegte. Aber sie verstand und nickte ihm zu. Jones wusste, es würde jetzt nicht zur Sprache kommen. Später vielleicht, aber nicht jetzt.
    Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, ließen sich Moe und Jones ächzend auf zwei Stühle fallen.«Weißt du was, Tulipe, gib mir auch ein Bier. Ihr habt Bier getrunken, das konnte man zehn Meilen gegen den Wind riechen.»
    Tulipe ging zum Tresen, griff in den Eimer und öffnete
die Flasche. Sie stellte sie auf die Bar, legte ihren Kopf in ihre Hände, die Ellenbogen auf den Tresen gestützt, sah aus dem Fenster, sah ihre Dämonen wiederkehren und gab sich ihnen noch einmal hin. Als nach fünf Minuten immer noch nichts vor seiner gierig gewordenen Nase stand, fragte Jones:«Ist was? Ich kann mir mein Bier auch selbst holen, auch wenn ich Mittag für eine reichlich verfrühte Zeit halte, um sich einen hinter die Binde zu gießen.»Er stand auf und hielt sich kurz an Moes Schulter fest.
    «Oh, entschuldige, nein, nimm es dir, bitte.»Tulipe wachte aus ihrer Trance auf und drückte Jones die Flasche in die Hand.
    Moe kicherte, soweit so etwas bei jemandem von seiner Statur möglich ist, und lehnte sich in dem Stuhl zurück.«Ach ja, was für ein Tag.»
    «Das kannst du laut sagen, und dabei ist gerade mal Mittag.»Zur Bestätigung entfuhr Jones ein Rülpser, nachdem er den ersten tiefen Schluck aus seiner Flasche gezogen hatte. Er klopfte sich auf die Brust und grinste.«So ein Bier ist schon was Feines.»
    Pause.
    «Dick war auch hier. Ich meine, auf dem Steg.»
    «Warum? Er ist doch sonst mittwochs um die Zeit auf der Jagd nach seinem Hecht...»Tulipe setzte sich zu Moe und Jones. Sie war neugierig.
    Jones erzählte den beiden von dem Pick-up, von Pitty und von Dicks lautstarker Flucht, davon, dass Pitty ihnen gefolgt war. Er erzählte, was er in Dicks Gesicht gesehen hatte, er erzählte alles.

    «Na endlich!»Tulipe fing schallend an zu lachen. Moe kugelte sich in den aufrechten Stand und ging zum Biereimer.
    «Jones, das ist das Beste, was Dick passieren konnte.»Tulipe gab Moe ein Handzeichen, ihr und Jones auch noch ein Bier mitzubringen.
    Jones massierte die Bartstoppeln an seinem Kinn.«Ich weiß, ich weiß, es ist nur ein bisschen plötzlich, ich bin mir nicht sicher, ob dieses Schlag auf Schlag so gut ist.»
    «Sie kann ihm helfen. Und Jones: Wenn’s knallt, dann knallt’s, Liebe war schon immer ein lausiger Taktiker, das weißt du.»Sie zwinkerte ihm zu.
    Jones wusste, wie recht Tulipe hatte, also ließ er seine Fragen und Bedenken da, wo sie waren. Er spürte, wie sie auf seinem Appetit saßen, und etwas anderes hatte sich unbemerkt dazugesetzt, etwas Altes, etwas, was er verdrängt hatte. Er würde nichts essen können.
    Moe und die Biere kamen.
    «Für mich nicht Moe, danke. Ich bin dann mal wieder weg.»Er stand auf, hob grüßend die Hand und verließ den Sugarclub in Richtung Stadt.
    Nachdem die Tür wieder ins Schloss gefallen war, stieß Tulipe Moe ihren Arm in die Seite.
    «Jetzt weiß ich, wo wir sie hinhängen.»Sie zeigte auf die Wand hinter der Bühne. Sie stand auf, ging zu dem Bild und hob es hoch.«Moe, kommst du?»
    Mit einem Blick, der Sorge, Mitgefühl und auch ein bisschen Belustigung widerspiegelte, schaute sie Jones durchs Fenster nach, bis er im Schneetreiben unsichtbar
wurde. Im Geiste wünschte sie ihm Mut und Kraft und Glück. Sie hatte eine Ahnung, was er vor sich hatte.
     
    Dick war Pitty mit

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