Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)
Fußgängers, die Brücke könne gleich zusammenfallen, eine Massenpanik auslöste, in der 12 Menschen zu Tode getrampelt wurden. Das Misstrauen dem Bauwerk gegenüber hielt an, bis ein Jahr später der Zirkusmogul P. T. Barnum 21 Elefanten darüber schickte. Erst dann war Ruhe.
1923 wiederum stellte sich in South Dakota ein Problem: Keiner wollte dahin. Wieso auch? Da kam Doane Robinson auf die gigantische Idee, einen ganzen Berg in ein patriotisches Denkmal zu verwandeln. Mit Hilfe von etwas Kleingeld aus Washington und 400 Mitarbeitern meißelte der Bildhauer Gutzon Borglum vier 18 Meter hohe Präsidenten-Profile in den Stein: George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln. Die finanziellen Ressourcen gingen dann zwar aus, bevor man das Gesicht der Frauenrechtlerin Susan B. Anthony dazusetzen konnte, die maßgeblich dafür verantwortlich war, dass Frauen in fast ganz Amerika ab 1920 wählen dürfen, aber wen kümmern solche Kleinigkeiten? Heute besuchen jedes Jahr zwei Millionen Menschen den Mount Rushmore, und der Tourismus ist die zweitgrößte Industrie South Dakotas.
Manche Ideen hingegen sind einfach zu groß.
Noch heute wollen viele Menschen beispielsweise nicht wahrhaben, dass wir tatsächlich schon mal auf dem Mond gewesen sind.
1961 war der Zweite Weltkrieg gerade mal etwas mehr als fünfzehn Jahre her, und jeder Amerikaner wähnte sich noch als Held, weil er persönlich Hitler den Garaus gemacht hatte. Da wachte man plötzlich eines Morgens auf und hörte im Radio, dass irgendein dahergelaufener Sowjet namens Gagarin, von dem kein Mensch je gehört hatte, soeben als Erster die Welt umrundet hatte. Amerika hatte das Wettrennen im Weltraum verloren.
Na ja, im Grunde war das auch gut so. Es war Zeit, ein bisschen runterzukommen und der Realität ins Auge zu schauen. Der wirtschaftliche Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg näherte sich rapide seinem Ende: Mit der Industrie ging es gerade bergab, andere Bereiche würden bald folgen. Der »space race« verschlang massenweise Dollars und hatte, wenn man ehrlich war, keinen eigentlichen Zweck. Es handelte sich um ein reines Prestigeprojekt. Da war es doch besser, die NASA dichtzumachen und kein Geld mehr für Unsinn zum Fenster rauszuwerfen.
Also tat John F. Kennedy, was er tun musste – und legte eines schönen Aprilmorgens ein Zettelchen auf den Schreibtisch seines Vizepräsidenten Lyndon B. Johnson, der auch Vorsitzender des Weltraum-Ausschusses war. Darauf stand aber nichts davon, die NASA abzuwickeln, sondern die Bitte, Johnson solle sich doch mal ernsthaft erkundigen, was man tun müsse, um bis zum Ende des Jahrzehnts einen Mann zum Mond zu schicken.
In einer anderen Epoche oder in anderen Teilen der Welt hätte sich Kennedy ganz schnell in einer Zwangsjacke wiedergefunden. Abgesehen vielleicht von Caligula, der einst dem Meer den Krieg erklärte, war bisher von einem Staatsoberhaupt wohl kaum ein größenwahnsinnigerer Plan gefasst worden.
Doch das Land blühte auf.
In den nächsten acht Jahren arbeiteten fast 400.000 Menschen an dem abwegigen Projekt mit: Wissenschaftler, Ingenieure, Unternehmer, Leute, die sich nie zuvor begegnet waren, und sie alle verpflichteten sich diesem unerreichbaren Ziel. Selbst wenn sie insgeheim nicht daran glaubten – sie taten einfach so, als wäre das Projekt machbar. Unterwegs entwickelten sie die Vorläufer des Personal Computers und des Internets sowie die Mikrowellen-Funktechnologie, die später zum Handy führte, sie schrumpften elektronische Baugruppen auf nie gesehene Maße, kreierten neue Kunststoffe und die Solarzelle.
Und am 21. Juli 1969 setzte ein Amerikaner tatsächlich seinen Fuß auf den Mond.
Die Mutter aller amerikanischen Schnapsideen ist allerdings viel älter. An welchem Tag genau es dem durchschnittlichen Ami dämmerte, dass selbst die blasiertesten Europäer vor einem Staat Respekt hätten, der von der Atlantik- bis zur Pazifikküste reichen würde, ist nicht überliefert. Der Gedanke, das rund zwei Millionen Quadratkilometer große Stück Land zwischen dem Mississippi und den Rockies zu besiedeln, war eine so wahnwitzige Idee, dass wir es kaum glauben konnten, als uns die Gelegenheit dazu tatsächlich einfach in den Schoß fiel.
Heute ist Louisiana ein Bundesstaat am Golf von Mexiko, von dem man nicht viel mehr kennt als das berühmte New Orleans. Zur Zeit Jeffersons aber umfasste das »Louisiana Territory« rund ein Drittel des Gebiets der heutigen USA –
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