Planet der Affen
Diener die Käfigschlösser und erstattete anschließend seinem Herrn Meldung. Dieser gab mit der Hand ein Zeichen, und die Motoren begannen zu brummen. Die Wagen, jeder von einer Art Traktor gezogen, den ein Affe lenkte, setzten sich in Bewegung. Ich konnte den Fahrer des nachfolgenden Gefährts gut erkennen – es war ein Schimpanse, blau gekleidet und offensichtlich von gutmütigem Wesen. Hin und wieder rief er uns scherzhafte Bemerkungen zu, und als der Motor langsamer lief, hörte ich ihn ein melancholisches Liedchen vor sich hinträllern.
Die erste Etappe der Fahrt war so kurz, dass ich kaum Zeit fand, mich wieder zu sammeln. Nachdem wir eine Viertelstunde lang über eine schlechte Wegstrecke gerumpelt waren, blieb die Wagenkolonne auf einer riesigen Rampe vor einem Gebäude aus Stein stehen. Hier war der Wald zu Ende. Jenseits des Gebäudes erstreckte sich eine Ebene, auf deren Feldern so etwas wie Getreide wuchs.
Das Haus mit dem roten Ziegeldach, den grünen Fensterläden und dem beschrifteten Schild über dem Eingang mutete wie ein Wirtshaus an. Ich begriff bald, dass die Jäger hier ihren Treffpunkt hatten. Die Affenweibchen hatten sich eingefunden und warteten auf ihre Herren, die mit ihren Privatwagen über eine andere Route als wir eintrafen. Die Gorilladamen saßen in Klubsesseln und schwatzten im Schatten großer Bäume, die wie Palmen aussahen; eines der Weibchen trank von Zeit zu Zeit aus einem Glas, wobei es sich eines Strohhalms bediente. Dann kamen sie heran, um die Ergebnisse der Jagd in Augenschein zu nehmen – vor allem das erlegte »Wild«, das aus zwei Lastwagen ausgeladen wurde.
Ich befürchte, nicht das übermitteln zu können, was dieses Bild für mich an Groteskem und Diabolischem enthielt. Nur soviel sei gesagt: Das Affenartige an der äußeren Erscheinung dieser Wesen, ihr Mienenspiel ausgenommen, kann nicht nachdrücklich genug hervorgehoben werden. Die Weibchen, ebenfalls sportlich, doch höchst elegant gekleidet, beglückwünschten die Jäger zu ihrem Erfolg. Ein Schimpanse schleppte einen länglichen Kasten auf einem dreifüßigen Stativ heran. Es handelte sich offensichtlich um den Fotografen, der Aufnahmen machte, um das Ereignis für die Affennachwelt festzuhalten. Die Gorillas und ihre Weibchen stellten sich einzeln und gruppenweise vor der Jagdbeute in Positur und ließen sich ablichten. Die Grauenhaftigkeit dieser Szene überstieg jedes normale Vorstellungsvermögen. Das Blut kochte mir in den Adern, doch ich zwang mich zur Ruhe. Erst als ich den Toten sah, mit dem sich eines der Weibchen fotografieren lassen wollte, als ich die jugendlichen, fast noch kindlichen Gesichtszüge des unglücklichen Arthur Levain erkannte, war es um meine Selbstbeherrschung geschehen. Und meine Erschütterung machte sich auf eine Weise Luft, die mit dem grotesken Aspekt dieses makabren Schauspiels voll und ganz übereinstimmte: Ich begann wie wahnsinnig zu lachen.
An meine Mitgefangenen im Käfig hatte ich dabei nicht gedacht – ich war auch nicht mehr fähig zu denken. Der Tumult, den mein Lachen entfesselte, brachte mir ihre Nähe wieder in Erinnerung, eine Nähe, die für mich zweifellos ebenso gefährlich war wie die der Affen. Arme streckten sich drohend nach mir aus. Ich wurde mir der Gefahr bewusst und erstickte meinen Heiterkeitsausbruch, indem ich den Kopf in den Armen barg. Ich weiß noch heute nicht, ob ich meinem gewaltsamen Tod entronnen wäre, wenn die Affen, durch den Lärm aufmerksam geworden, nicht mit Stockschlägen die Ordnung wiederhergestellt hätten. Bald darauf lenkte ein anderes Ereignis das allgemeine Interesse auf sich: Im Inneren des Gasthauses ertönte eine Glocke, die zum Mittagessen rief, und die Gorillas begaben sich in kleinen Gruppen und fröhlich plaudernd ins Haus. Der Fotograf machte noch einige Aufnahmen der Käfige und packte dann seine Gerätschaften zusammen.
Wir wurden inzwischen nicht vergessen, wir, die Menschen. Ich hatte keine Ahnung, was die Affen mit uns beabsichtigten, aber zumindest schienen sie für uns sorgen zu wollen. Einer der Herren gab, bevor er im Haus verschwand, einem Gorilla, offenbar dem Rottenführer, Anweisungen. Dieser kehrte zu uns zurück, rief seine Leute herbei, und bald darauf brachten die Bediensteten Schüsseln mit Essen und in Eimern etwas zu trinken. Die Speise bestand aus einer Art Paste. Ich hatte zwar keinen Hunger, war aber entschlossen, zu essen, um bei Kräften zu bleiben. Ich näherte mich einem der Behälter,
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