Planet der Affen
entsetzt mitansehen, wie es starb. Und erst jetzt bemerkte ich, dass der Hohlweg, der den Wald durchschnitt, mit menschlichen Körpern übersät war. Ich gab mich, was die Bedeutung des Geschehens betraf, keinen Illusionen hin. Ich erblickte noch einen zweiten Gorilla in etwa hundert Schritt Entfernung. Ich hatte einer Treibjagd beigewohnt – hatte sogar an ihr teilgenommen –, einer fantastischen Treibjagd, bei der die in gleichmäßigen Abständen postierten Treiber Affen waren und das gehetzte Wild Menschen. Menschen wie ich, Männer und Frauen, deren nackte Leiber hingemäht auf dem Boden lagen, der sich von ihrem Blut rot färbte.
Erschüttert wandte ich die Augen ab.
Ich widmete mich lieber dem grotesken Aspekt der Situation und betrachtete abermals den Gorilla, der mir den Weg versperrte. Er war einen Schritt zur Seite getreten und gab damit den Blick auf einen weiteren Affen frei, der hinter ihm gestanden hatte wie ein Diener hinter seinem Herrn. Es war ein kleiner Schimpanse, jung, wie mir schien, und nicht ganz so elegant gekleidet wie der Gorilla. Er trug lediglich Hemd und Hose. Der Jäger reichte ihm seine Flinte und der Schimpanse gab ihm eine andere, die er in der Hand hielt. Dann lud er die Waffe mit Patronen, die er in einem Gürtel um die Taille trug und die im Schein des Beteigeuze funkelten. Daraufhin nahmen beide wieder ihren Posten ein.
All diese Eindrücke waren innerhalb weniger Minuten über mich hereingebrochen. Ich wollte nachdenken, wollte meine Beobachtungen verarbeiten. Doch dafür war keine Zeit. Von Arthur Levain, der schreckensstarr neben mir lag, konnte ich mir keinerlei Unterstützung erhoffen. Die Gefahr wuchs mit jeder Sekunde. Die Treiber näherten sich uns jetzt von hinten. Der Lärm wurde ohrenbetäubend. Wir wurden gehetzt wie wilde Tiere, wie die unglücklichen Geschöpfe, die nun wieder an uns vorbeirannten. Die Bewohner der Ansiedlung mussten zahlreicher sein, als ich angenommen hatte, denn noch viele Menschen strömten auf den Kahlschlag, wo sie einen furchtbaren Tod fanden.
Jedoch nicht alle. Von der Höhe meines Schlupfwinkels aus beobachtete ich, während ich mich zur Ruhe zwang, das Verhalten der Fliehenden. Manche wühlten sich in ihrer Torheit stampfend und trampelnd durch die Büsche, zogen so die Aufmerksamkeit der Affen auf sich und wurden unweigerlich erschossen. Andere wiederum verhielten sich gewitzter, so als hätten sie bei früheren, ähnlichen Gelegenheiten so manche Tricks gelernt. Sie schlichen sich verstohlen heran, beobachteten eine Weile zwischen den Blättern hindurch den am nächsten stehenden Jäger und warteten, bis seine Aufmerksamkeit von anderer Seite abgelenkt wurde. Dann sprangen sie blitzschnell und mit einem Satz über den todbringenden Hohlweg. Mehreren gelang es sogar, unbeschadet das gegenüberliegende Gestrüpp zu erreichen, in dem sie verschwanden.
Vielleicht konnten wir uns ebenfalls auf diese Weise in Sicherheit bringen. Ich gab Levain ein Zeichen, meinem Beispiel zu folgen, und ließ mich lautlos hinunterrollen, bis an das Dickicht, das den Kahlschlag säumte. Und dann kamen mir die lächerlichsten Bedenken. Musste ich, ein Mensch, wirklich zu solchen Mätzchen Zuflucht nehmen, um einen Affen zu überlisten? Wäre nicht das einzig Vernünftige gewesen, aufzustehen, auf das Tier zuzugehen und es einfach mit Stockschlägen zu züchtigen? Das zunehmende Spektakel hinter mir erstickte diesen Gedanken allerdings gleich im Keim.
Denn die Jagd endete mit höllischem Getöse. Die Treiber waren uns auf den Fersen. Ich sah einen von ihnen zwischen dem Laubwerk hervortreten. Es war ein riesiger Gorilla, der mit einem Knüppel um sich schlug und dabei aus voller Lunge brüllte. Er wirkte noch schrecklicher als der Jäger mit der Flinte. Levain begann mit den Zähnen zu klappern und an allen Gliedern zu zittern. Ich hingegen hielt weiter nach einer günstigen Gelegenheit Ausschau.
Durch seine Unbesonnenheit rettete mir mein unglücklicher Begleiter unbewusst das Leben. Er hatte völlig den Verstand verloren, verließ die Deckung, rannte wild drauflos, preschte in den Hohlweg und direkt in die Schusslinie des Jägers. Er brach tot zwischen den anderen Opfern zusammen. Ich verlor keine Zeit damit, ihn zu bedauern – was hätte ihm das schon genützt –, sondern fieberte dem Moment entgegen, da der Gorilla die Flinte seinem Diener zum Laden geben würde. Und dann, als er es tat, sprang ich auf und überquerte den Kahlschlag. Ich sah wie
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