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Planetenwanderer: Roman (German Edition)

Planetenwanderer: Roman (German Edition)

Titel: Planetenwanderer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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Steinkartoffel. Die älteste war vor dreihundert Jahren gebaut worden und nicht größer als ein mittelprächtiges Raumschiff.
    Spinnennest hieß es jetzt, weil es in der Mitte des Netzes saß, eines verschlungenen silbermetallenen Netzes, ausgeworfen in die Dunkelheit des Alls. Sechzehn gigantische Streben ragten von der Station aus in alle Richtungen. Die neueste war vier Kilometer lang und immer noch im Bau; sieben der ursprünglichen (die achte war bei einer Explosion zerstört worden) strebten zwölf Kilometer weit in den Weltraum hinaus. In diesen großen Röhren waren die Industriebereiche des Hafens untergebracht – Lagerhäuser, Fabriken, Werften, Passagierschleusen und Verladezentren sowie Schleusen und Reparaturbuchten für alle im Sektor bekannten Raumschiffe. Lange pneumatische Röhrenzüge fuhren durch die Mitte der Streben, transportierten Fracht und Passagiere von Sperre zu Sperre, zum überfüllten, lauten, geschäftigen Knotenpunkt des Spinnennestes und zum Fahrstuhl nach unten.
    Andere, dünnere Röhren zweigten von den Streben ab und noch dünnere Gänge wiederum von diesen, durchkreuzten immer wieder das Nichts und verbanden alles zu einem Muster, das jedes Jahr komplexer wucherte, da immer mehr Anbauten hinzukamen.
    Und zwischen den Strängen des Netzes hingen die Fliegen – Shuttles, die mit Ladungen, die für den Fahrstuhl zu groß oder zu gefährlich waren, zwischen der Oberfläche und S’uthlam hin und her flogen; Minenschiffe, die mit Erz und Eis von den Splittern reinkamen; Lebensmittelfrachter von den Terraform-Farmasteroiden, die als Speisekammer bezeichnet wurden; und alle Arten interstellaren Verkehrs: luxuriöse Linienschiffe der Transportunternehmen, Kaufleute von Planeten wie dem nahe gelegenen Vandeen oder den weit entfernten Caissa und Newholme, Handelsflotten von Kimdiss, Kriegsschiffe von Bastion und Citadel, sogar außerirdische Raumschiffe, Freie Hruun, Raheemai, Gethsoiden und andere, noch fremdartigere Spezies. Sie alle zog es zum Hafen von S’uthlam, und sie waren willkommen.
    Diejenigen, die im Spinnennest lebten, die in den Bars und Casinos arbeiteten, die Fracht bewegten, kauften und verkauften, die Schiffe reparierten und auftankten – sie nannten sich selbst Spinnchen, und das stellte durchaus eine Auszeichnung dar. Für sie und für die Fliegen, die so oft kamen, dass man sie als Stammkunden bezeichnen konnte, war Tolly Mune »Ma Spider« – jähzornig, gemein, mit rauem Humor, erschreckend kompetent, allgegenwärtig, unverwüstlich, so groß wie eine Naturgewalt und doppelt so bösartig. Einige von denen, die ihr in die Quere gekommen waren oder ihr Missfallen erregt hatten, mochten die Hafenmeisterin nicht besonders; für sie war sie die Stählerne Witwe.
    Sie war eine grobknochige, muskulöse, hässliche Frau – so hager wie jeder echte S’uthlamese, aber so groß (beinahe zwei Meter) und so breit (diese Schultern!), dass man sie auf dem Planeten schon für eine Missgeburt gehalten hatte. Ihr Gesicht war zerknittert und angenehm wie altes Leder. Nach Lokalzeit war sie fünfunddreißig Jahre alt, also fast neunzig Standardjahre, aber sie sah nicht eine Stunde älter aus als sechzig. Sie führte das auf das Leben im Orbit zurück. »Schwerkraft macht einen verdammt alt«, war ihr Kommentar dazu. Mit Ausnahme einiger Kurbäder der Sternenklasse, den Krankenhäusern und Touristenhotels im Spinnennest sowie den großen Linienschiffen mit ihren Schwerkraftnetzen drehte sich der Hafen in ewiger Schwerelosigkeit, und der freie Fall war Tolly Munes Element.
    Ihr Haar hatte die Farbe von Silber und Eisen. Wenn sie arbeitete, war es fest zusammengebunden, aber nach Dienstende schwebte es wie ein Kometenschweif hinter ihr her und folgte jeder ihrer Bewegungen. Und wie sie sich bewegte! Dieser große, hagere, grobknochige Körper war fest und anmutig; leicht wie ein Fisch im Wasser schwamm sie durch die Speichen des Netzes und die Korridore, durch die Hallen und Parks des Spinnennestes. Ihre langen Arme und dünnen, muskulösen Beine schoben, tasteten und beförderten sie vorwärts. Schuhe trug sie nie; mit den Füßen war sie fast so geschickt wie mit den Händen.
    Sogar draußen im tiefen Raum, wo Spinnchen-Veteranen sperrige Anzüge trugen und sich schwerfällig an Führungsleinen entlangbewegten, wählte Tolly Mune lieber Mobilität und figurbetonte Hautanzüge. Hautanzüge boten nur minimalen Schutz gegen die harte Strahlung von S’ulstar, aber Tolly Mune war

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