Plastikfreie Zone
noch Peter und die Kinder überzeugen«, findet Nicole mein Vorhaben spannend und beginnt gleich Überlegungen für mögliche Einkaufslisten mit mir zu wälzen.
Als wir gerade darüber spekulieren, welche Auswirkungen das Waschen mit Kernseife auf unser an duftende Shampoos gewöhntes Haar bedeuten könnte, taucht mein Mann auf, der direkt aus der Spätschicht in der Behinderteneinrichtung kommt. Normalerweise nimmt er, wenn er nicht mit dem Fahrrad fährt, morgens wie abends den Zug, aber an diesem Tag will er mit mir im Auto nach Hause.
Statt ihn zu begrüßen, überfalle ich ihn gleich mit meiner umwerfenden Neuigkeit. »Wir müssen unbedingt ein Experiment machen!« Peter, im Gegensatz zu mir ein eher ruhiger Zeitgenosse und impulsive Entscheidungen von mir gewöhnt, reagiert wie erwartet mit der ihm eigenen Gelassenheit. Geduldig hört er sich unsere – je nach Sichtweise – mehr oder weniger dramatischen Schilderungen an und stimmt schließlich meiner Idee zu, dem Problem mittels eines kleinen Experiments auf den Leib zu rücken. Ja, er hält das Vorhaben sogar für recht reizvoll. Jedenfalls ist nichts von dem Widerstand zu bemerken, mit dem er in anderen Fällen meinen euphorischen Bestrebungen, die Welt oder zumindest Teile davon zu retten, zu begegnen pflegt.
Allerdings zeigt sich zugleich eine andere typische Eigenschaft meines Mannes: sein ausgeprägter Realitätssinn. Da er mich vermutlich im Geiste am nächsten Tag bereits sämtliches Plastikinventar entsorgen sieht, ohne Alternativen parat zu haben, stellt er für den Beginn des Experiments ganz klare Vorbedingungen: »Für einen Monat, okay, probieren wir es mal. Aber wir müssen uns darauf vorbereiten. Von heute auf morgen geht so was nicht. Zunächst sollten wir recherchieren, wo es was zu kaufen gibt. Und erst wenn das klar ist, legen wir einen Termin für den Start des Experiments fest.«
Wunderbar, damit ist die Sache im Prinzip besiegelt.
Eine Bedingung schiebt Peter allerdings nach: »Wenn es mühsam wird oder unlustig, dann steig ich aus. Stress will ich damit nicht haben. Die Sache muss Spaß machen!«
Die Familienkonferenz
Nachdem Peter sein Einverständnis signalisiert hat, müssen wir nur noch unseren Nachwuchs überzeugen, doch erwarte ich von dieser Seite eigentlich keine allzu großen Schwierigkeiten. Meiner Einschätzung nach stehen die Chancen, dass sie sich für unser Experiment erwärmen, recht gut. Wie die meisten Kinder begegnen sie neuen Ideen überwiegend mit Neugier und Begeisterung.
Samuel, der Älteste, hat breit gefächerte Interessen, zu denen auch Tiere, Pflanzen und die Natur überhaupt gehören. Da er sehr belesen ist, verfügt er über ein für sein Alter überdurchschnittliches Allgemeinwissen, sodass man mit ihm schon sehr gut auf der intellektuellen Ebene verhandeln kann. Dass er aus diesem Grund bisweilen zur Besserwisserei neigt, steht auf einem anderen Blatt, spielt in diesem Fall jedoch keine Rolle.
Marlene, die Mittlere unserer Kinder, besitzt ähnlich wie ich einen Hang zu dramatischen Gefühlsausbrüchen, dazu eine ausgeprägte soziale Ader und einen starken Willen. Sie ist sehr mitfühlend, naturverbunden und liebt Tiere. Vielleicht hat sie deshalb von einem Tag auf den anderen beschlossen, Vegetarierin zu werden. Darüber hinaus zeichnet sie sich dadurch aus, dass sie sensibel auf jegliche Art von Ungerechtigkeit reagiert und über eine absolute Begabung verfügt, bei einem Menschen seinen wunden Punkt zu erkennen. Zum Glück ist sie taktvoll genug, das nicht allzu oft auszunutzen. Was indes unser Projekt betrifft, mache ich mir um Marlene keine Sorgen.
Leonard, unser Jüngster, ist da schon ein anderes Kaliber. Allein aufgrund seines Alters dominieren in seiner Spielkiste Plastiksachen. Außerdem ist er insbesondere an allen Arten von Ballspielen interessiert – und Bälle pflegen sich bekanntermaßen zumeist nicht durch Plastikfreiheit auszuzeichnen.
Na, schauen wir mal, denke ich mir.
Als Marlene am nächsten Morgen ihre 0,5-Liter-PET-Flasche für die Schule am Wasserhahn neu befüllen will, gehe ich rasch dazwischen. »Die Flasche nimmst du ab heute nicht mehr mit, ich gebe dir stattdessen die Aluflasche.« – »Wieso denn das?«
»Wir erklären euch das, sobald wir alle beim Frühstück sitzen.«
Mit dieser Ankündigung ist Marlenes Neugier geweckt, und sie treibt ihre Brüder zur Eile an. Als die endlich eingetrudelt sind, schaue ich in erwartungsvolle Gesichter.
»Papa und ich haben
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