Plastikfreie Zone
gestern beschlossen, ein Experiment zu machen«, sage ich beinahe feierlich und berichte erst einmal von dem Film, wie stark er mich beeindruckt hat, und dann von der daraus entstandenen Idee.
Wie erhofft sind alle drei gleich Feuer und Flamme, zumal die beiden Großen durchaus nachvollziehen können, warum es eine gute Sache sein könnte, auf Plastik zu verzichten.
Marlene trennt sich überdies leichten Herzens von ihrer PET-Flasche. »Schmeckt eh nicht so gut, wenn man Wasser aus einem Plastikbehälter trinkt«, meint sie, und ihr großer Bruder nickt zur Bestätigung. »Stimmt, schmeckt irgendwie künstlich.« Bisher hat sich keiner von ihnen darüber beschwert, aber künftig würde ich auch von anderen Leuten zu hören bekommen, dass Plastik den Geschmack verdirbt.
Der Einstieg jedenfalls ist gelungen, und bei anderen Punkten ist es ebenfalls relativ einfach, die Kinder mit ins Boot zu holen. Als ich beispielsweise von den riesigen Müllbergen erzähle, die Werner Boote an den Stränden einer japanischen Insel mit einer Gruppe freiwilliger Helfer zusammengetragen hat, fühlt sich Samuel sofort an unseren Kroatienurlaub erinnert, der erst drei Wochen zurückliegt. »Wie in unsrer Bucht.«
Obwohl das Land erst kürzlich ein Pfandsystem für Plastikflaschen eingeführt hat, entdeckten wir täglich aufs Neue Plastikmüll in der wunderschönen, um diese Zeit schon ziemlich verlassenen Bucht. Und das trotz unserer regelmäßigen Sammelaktionen, die meine Kinder ebenso eifrig betrieben, wie ich es vor vielen Jahren auf den Spielplätzen meiner Kindheit getan hatte.
Anfangs wunderten wir uns nur, wussten im ersten Moment keine Antwort – bis mir nach und nach dämmerte, was es mit den unansehnlichen, allmorgendlichen Ansammlungen auf sich haben musste. Es handelte sich nämlich nicht in erster Linie um die Hinterlassenschaften einzelner Besucher, sondern um Müll, der regelmäßig an den Strand gespült wurde.
»Warum ist es nicht verboten, dass Müll von den Schiffen direkt ins Meer geworfen wird?«
Ich muss passen, denn ich weiß nicht einmal genau, ob es erlaubt ist oder einfach so gehandhabt wird. Wer sollte das auf dem offenen Meer auch kontrollieren? »Offenbar fühlt sich niemand zuständig«, antworte ich ein wenig ratlos.
Jetzt kommen meine Kinder zu einem Kernpunkt des Experiments. Der Frage nämlich, was es überhaupt nützt, wenn wir kein Plastik mehr einkaufen, die anderen hingegen sich nicht drum scheren und sogar den Müll ins Meer kippen.
Ein heikler Punkt. Nun muss sich nämlich entscheiden, ob ich meinen Kindern die Sache auf eine Weise zu erklären vermag, dass sie wirklich verstehen, warum mir dieses Experiment so wichtig ist.
»Wisst ihr, es reicht einfach nicht, wenn jeder für sich seinen Plastikmüll trennt und in den gelben Sack steckt. Auf der ganzen Welt werden schließlich jeden Tag Unmengen von Plastikfolien, Plastikflaschen und Plastiksackerln verwendet und weggeworfen. Und in vielen Ländern und vor allem auf dem Meer gibt es überhaupt keine Mülltrennung und Müllsammlung und kein Recycling wie bei uns. Und denjenigen, die Plastik herstellen, liegt nur daran, dass sie möglichst viel davon verkaufen und daran verdienen. Die kümmert nicht, was später mit dem Müll passiert. Und außerdem schauen sie nicht wirklich darauf, dass keine schädlichen Stoffe im Plastik enthalten sind, oder zumindest können sie es nicht sicher sagen. Wenn wir also hier bei uns ständig Sachen kaufen, die in Plastik verpackt sind, unterstützen wir das und tragen dazu bei, dass immer mehr Plastik hergestellt wird, und somit sind wir dann eben auch mit dafür verantwortlich, wenn die Strände in Kroatien und anderswo voller Müll sind. So sehe ich das jedenfalls. Versteht ihr, was ich meine?«
Schweigen. Leonard ist der Erste, der die Sprache wiederfindet und stolz seine Beobachtungen mitteilt, dass bei uns sehr wohl ebenfalls Müll im Wald und auf der Straße herumliegt, wobei ihm insbesondere die McDonald’s-Becher ins Auge zu fallen scheinen. Er ist jedenfalls ganz aufgeregt. Samuel und Marlene beginnen nun ebenfalls damit, allerlei Müllsünden aufzuzählen, doch anders als dem kleinen Bruder ist ihnen die größere Dimension des Problems offenbar klar.
Nach einer Weile unterbricht Peter die schier unendlichen Geschichten. »Und genau deshalb wollen wir jetzt einmal eine Zeit lang versuchen, das, was wir brauchen, ohne Plastikverpackung zu kaufen.«
»Und wann fangen wir damit an?«, fragt
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