Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Poirot Rechnet ab

Poirot Rechnet ab

Titel: Poirot Rechnet ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
zurückfährt. Heute Abend wird jemand hierher kommen, um den Stein zu prüfen. Mein Gott, wenn das klappen würde!« Seine Stimme schien zu versagen.
    Lady Yardly hatte sich abgewandt. Sie hielt immer noch das Telegramm in der Hand.
    »Ich wünschte, du würdest ihn nicht verkaufen, George. Er ist so lange in der Familie gewesen«, sagte sie mit leiser Stimme. Sie wartete auf eine Antwort; als keine kam, erschien ein harter Zug in ihrem Gesicht. Sie zuckte die Schultern. »Ich muss jetzt gehen und mich umziehen.« Sie wandte sich mit spöttischer Miene an Poirot. »Soll ich Ihnen mal die ganze Pracht zeigen? Es ist nämlich eines der hässlichsten Kolliers, die jemals entworfen worden sind. George hat mir immer versprochen, die Steine für mich neu fassen zu lassen. Aber dazu ist es nie gekommen.«
    Sie verließ den Raum.
    Eine halbe Stunde später waren wir drei Männer im großen Wohnzimmer versammelt und erwarteten die Lady. Der Gong zum Dinner war bereits vor einigen Minuten ertönt.
    Plötzlich vernahm man ein leises Rascheln, und Lady Yardly erschien im Türrahmen – eine blendende Erscheinung, in einem langen, weißen, schimmernden Kleid.
    Um ihren Hals blinkte und glitzerte es wie Tau an einem schönen Sommermorgen. Eine Hand hatte sie leicht auf das Kollier gelegt.
    »Wie gefällt Ihnen die Pracht?«, fragte sie fröhlich. Ihre schlechte Laune schien verflogen zu sein. »Warten Sie, bis ich das große Licht angedreht habe, und Sie können den Anblick des hässlichsten Kolliers von ganz England genießen.«
    Die Lichtschalter befanden sich außerhalb des Raumes, direkt neben der Tür. Als sie die Hand ausstreckte, geschah etwas Unglaubliches. Ohne Warnung gingen alle Lichter plötzlich aus, die Tür schlug zu, und von draußen hörte man den lang gezogenen, durchdringenden Schrei einer Frau.
    »Mein Gott!«, rief Lord Yardly. »Das war Maudes Stimme! Was ist passiert?« Wir stürzten auf die Tür zu und rannten uns gegenseitig im Dunkeln um. Es vergingen einige Minuten, bis wir sie gefunden hatten. Und was für ein Anblick bot sich unseren Augen! Lady Yardly lag bewusstlos auf den Marmorfliesen, ein karmesinroter Streifen zog sich um ihren weißen Hals, dort wo sich vor kurzer Zeit das Kollier noch befunden hatte.
    Als wir uns über sie beugten – noch unsicher, ob sie tot oder lebendig war –, hob sie die Augenlider. »Der Chinese«, flüsterte sie mühsam. »Der Chinese… die Seitentür…«
    Lord Yardly sprang fluchend auf, und ich folgte ihm. Mein Herz schlug vor Aufregung. Wieder der Chinese! Die Seitentür war klein und lag in einer Mauerecke, nicht mehr als zwölf Meter von der Tragödie entfernt. Als wir hinkamen, übermannte mich Erstaunen. Dort, gerade auf der Türschwelle, lag das glitzernde Kollier, offensichtlich von dem Dieb auf der Flucht weggeworfen. Ich stürzte mich freudestrahlend darauf. Dann stieß ich einen Schrei aus. Lord Yardly auch. In der Mitte des Kolliers klaffte eine große Lücke. Der Star of the East fehlte!
    »Aha! Da haben wir den Beweis. Das waren keine gewöhnlichen Einbrecher – die wollten nur diesen einen Stein!«
    »Aber wie ist der Kerl hier reingekommen?«, fragte aufgeregt der Lord.
    »Durch die Tür hier.«
    »Aber die ist immer verschlossen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Jetzt ist sie nicht verschlossen. Sehen Sie mal!« Ich zog sie auf, während ich sprach.
    »Kommen Sie… Der Chinese kann noch nicht weit sein. Wir wollen hinterherlaufen.«
    Aber wir rannten und suchten umsonst. In der stockfinsteren Nacht war es dem Dieb leicht gewesen zu entkommen. Widerwillig kehrten wir um, und Lord Yardly ließ die Polizei anrufen.
    Lady Yardly, die von Poirot gut umsorgt worden war – er verstand so etwas ausgezeichnet –, hatte sich soweit erholt, um erzählen zu können.
    »Ich wollte gerade das große Licht anknipsen«, sagte sie, »als mich ein Mann von hinten ansprang. Er riss mir das Kollier mit solcher Kraft vom Hals, dass ich der Länge nach auf den Boden schlug. Im Fallen sah ich ihn durch die Seitentür verschwinden. Ich konnte gerade noch sehen, dass es sich um einen Chinesen handelte.« Sie schauderte.
    Der Butler erschien und sprach leise mit Lord Yardly.
    »Ein Herr ist da, er kommt von Mr Hoffberg, Mylord. Er sagt, Sie erwarten ihn.«
    »Lieber Gott!«, rief Lord Yardly entsetzt. »Ich muss mit ihm sprechen! Nein, nicht hier, Mullings, in der Bibliothek.«
    Ich zog Poirot auf die Seite.
    »Hören Sie zu, lieber Freund. Sollten wir nicht besser nach

Weitere Kostenlose Bücher