Poirots erste Fälle
heiterer Mann in mittleren Jahren, zu uns und gab Poirot jede gewünschte Auskunft. Reedburn hatte nahe am Fen s ter gelegen, mit dem Kopf dicht beim marmornen Fenste r sitz. Er hatte zwei Wunden gehabt, eine zw i schen den Augen und die andere, die tödliche, am Hi n terkopf.
»Lag er auf dem Rücken?«
»Ja, da ist noch die Spur.« Er zeigte auf einen kleinen dunklen Fleck am Boden.
»Hätte die Wunde am Hinterkopf nicht durch den Au f prall auf den Boden verursacht sein können?«
»Unmöglich. Die Waffe, die benutzt worden ist, drang ziemlich tief in den Schädel ein.«
Poirot blickte nachdenklich vor sich hin. In jeder Fen s ternische b e fand sich ein aus Marmor gehauener Sitz, dessen Armlehnen die Form eines Löwenkopfes hatten. Poirots Augen leuchteten plötzlich auf. »Wenn er nun rückwärts auf einen dieser vorspringenden L ö wenköpfe geschlagen und dann zu Boden geglitten w ä re, könnte das nicht die von Ihnen beschriebene Wunde verursacht h a ben?«
»Ja, das wäre möglich. Aber der Winkel, in dem er zum Fen s tersitz lag, schaltet diese Theorie aus. Und außerdem hätten Blutspuren auf dem Marmor vorhanden sein mü s sen.«
»Die hätten abgewaschen werden können.«
Der Doktor zuckte die Achseln. »Das ist kaum anz u nehmen. Was hätte der Betreffende davon, wenn er e i nem Unfall den Anschein eines Mordes geben wü r de?«
»Da haben Sie Recht«, stimmte Poirot bei. »Hätte einer der Schläge nach Ihrer Ansicht von einer Frau ausgeführt werden können?«
»Oh, ganz ausgeschlossen, möchte ich wohl sagen. Sie denken s i cher an Mademoiselle Saintclair, nicht wahr?«
»Ich denke an keine bestimmte Person, bis ich me i ner Sache s i cher bin«, sagte Poirot sanft.
Er wandte seine Aufmerksamkeit der offenen Terra s sentür zu, und der Doktor fuhr fort:
»Durch diese Tür ist Mademoiselle geflohen. Man kann Daisymead dort zwischen den Bäumen erke n nen. Nach vorne zu gibt es natürlich viele Häuser an der Straße, die schneller zu erreichen sind. Aber zufälligerweise ist Da i symead, obgleich ziemlich weit en t fernt, das einzige Haus, das auf dieser Seite sichtbar ist.«
»Ich danke Ihnen für Ihre Liebenswürdigkeit, Herr Doktor«, sagte Poirot. – »Kommen Sie, Hastings, wir wollen in Mademoiselles Fu ß stapfen treten.«
Poirot ging voran, erst durch den Garten, dann durch ein eisernes Tor, quer über eine kleine Wiese und schlie ß lich durch das Gartentor von Daisymead. Da i symead war ein anspruchsloses kleines Haus, das auf einem Grun d stück von ungefähr zwanzig Ar stand. Eine kurze Treppe füh r te zu einer Glastür empor. Po i rot nickte in Richtung der Tür.
»Durch diese Tür ist Mademoiselle Saintclair gega n gen. Wir, die wir keinen so dringlichen Grund haben, gehen am besten zur Haustür.«
Ein Mädchen öffnete die Tür, führte uns in den Salon und ging dann fort, um Mrs Oglander zu holen. Der Raum war offenbar seit dem gestrigen Abend nicht au f geräumt worden. Die Asche lag noch im Kamin, und der Bridgetisch stand noch mitten im Zimmer. Ein Stro h mann war aufgedeckt, und die Handkarten waren hing e worfen. Der Raum war mit kitschigen Ornamenten übe r laden, und zahlreiche Familienfotos von unbeschreibl i cher Häs s lichkeit zierten die Wände.
Poirot betrachtete sie mit nachsichtigeren Blicken als ich und hängte einige, die schief waren, wieder gerade. »Die Familie«, sa g te er, »sie ist doch ein starkes Band, nicht wahr? Sentiment tritt an die Stelle von Schö n heit.«
Ich pflichtete ihm bei, während meine Blicke sich auf eine Famil i engruppe hefteten, die einen bärtigen Mann, eine Frau mit hoch aufg e türmtem Haar, einen sturen, untersetzten Jungen und zwei kleine Mädchen mit unzä h ligen überflüssigen Bandschleifen da r stellte. Ich hielt es für eine Aufnahme der Familie Oglander aus früheren Tagen und studierte sie mit Interesse.
Die Tür öffnete sich, und eine junge Frau kam herein. Ihr dunkles Haar war hübsch frisiert, und sie trug einen mausgrauen Sportmantel mit passendem Tweedrock.
Sie blickte uns forschend an. Poirot ging, auf sie zu. »Miss Ogla n der? Es tut mir leid, Sie stören zu müssen – besonders nach allem, was Sie gestern durchgemacht h a ben. Es muss sehr aufr e gend gewesen sein.«
»Es ist uns allerdings ziemlich auf die Nerven gega n gen«, gab die junge Dame vorsichtig zu.
Mir kam der Gedanke, dass die Elemente des Dr a mas an Miss Oglander verschwendet waren und dass ihr Ma n gel an Fantasie sich
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