Poirots erste Fälle
große Gefahr. Sie wissen, wen ich meine?‹ Valerie war bis auf die Lippen erblasst. Sie nickte und sagte: ›Ja, ja, ich weiß.‹ Kurz da r auf gingen wir fort. Die let z ten Worte, die Zara an Valerie richtete, waren: ›Hüten Sie sich vor dem Kreuzkönig. Ihnen droht Gefahr!‹ Ich ve r suchte, etwas aus Valerie herauszubekommen. Aber sie wollte mir nichts sagen – sie beteuerte, dass alles in bester Ordnung sei. Seit ge s tern Abend jedoch bin ich fester denn je davon überzeugt, dass Valerie in besagtem Kreuzkönig Reedburn sah und dass er der Mann war, den sie fürchtete.«
Der Prinz brach unvermittelt ab. »Nun können Sie wohl meine Au f regung verstehen, als ich heute Morgen die Zeitung aufschlug. Sollte Valerie etwa in einem Wu t anfall – aber nein, es ist ganz ausgeschlo s sen!«
Poirot erhob sich und klopfte dem jungen Mann ber u higend auf die Schulter. »Bitte, regen Sie sich nicht auf. Überlassen Sie die Sache mir.«
»Sie wollen also nach Streatham gehen? Ich nehme an, Valerie ist immer noch dort in Daisymead – völlig g e schwächt durch den Schock.«
»Ich werde mich sofort auf den Weg machen.«
»Ich habe alles vorbereitet – durch die Gesand t schaft. Sie haben überall freien Zutritt.«
»Dann wollen wir aufbrechen – Hastings, Sie ko m men doch mit, nicht wahr? Au revoir, monsieur le prince.«
Mon Désir war eine außergewöhnlich schöne Villa, ganz modern und sehr komfortabel. Eine kurze Auffahrt füh r te von der Straße zur Haustür, und hinter dem Haus e r streckten sich ausgedehnte Gärten.
Sobald wir den Namen des Prinzen Paul erwähnt ha t ten, führte uns der Butler, der die Tür öffnete, sofort in das Zimmer, wo die Tragödie sich ereignet hatte. Die Bibliothek war ein prächtiger Raum, der die ganze Länge des Hauses einnahm und ein Fenster an jedem Ende ha t te; eins ging auf den Fahrweg und das andere auf den Garten. In der Nische des Gartenfensters hatte die Leiche gelegen. Sie war kurz zuvor entfernt worden, da die Pol i zei ihre Untersuchungen beendet hatte.
»Das ist ärgerlich«, flüsterte ich Poirot zu. »Wer weiß, was für Ind i zien sie vernichtet haben.«
Mein kleiner Freund lächelte. »Was Sie nicht sagen! Wie oft muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass die Indizien von innen kommen? In den kleinen grauen Zellen des Gehirns liegt die Lösung eines jeden G e heimnisses.«
Er wandte sich an den Butler. »Ich nehme an, dass im Zimmer nichts angerührt worden ist, abgesehen von der Entfernung der Leiche.«
»Nein, Sir. Es ist genauso geblieben, wie es gestern Abend war, als die Polizei kam.«
»Diese Vorhänge zum Beispiel. Ich sehe, dass sie sich ganz vor der Fensternische zuziehen lassen. Ebenso vor dem anderen Fenster. Waren sie gestern Abend zugez o gen?«
»Ja, Sir. Ich ziehe sie jeden Abend zu.«
»Dann muss Mr Reedburn sie selbst aufgezogen h a ben.«
»Vermutlich, Sir.«
»Wussten Sie, dass Mr Reedburn gestern Abend e i nen Besucher e r wartete?«
»Er hatte nichts davon erwähnt, Sir. Aber er gab I n struktionen, ihn nach dem Essen nicht zu stören. S e hen Sie, Sir, dort ist eine Tür, die aus der Bibliothek auf die Terrasse an der Seite des Hauses führt. Von dor t her hätte er jeden hereinlassen können, ohne dass es bemerkt wo r den wäre.«
»Pflegte er das zu tun?«
»Ich glaube, Sir.«
Poirot ging auf die fragliche Tür zu. Sie war nicht ve r schlossen. Er trat auf die Terrasse hinaus, die rechts an den Fahrweg gren z te; zur Linken reichte sie bis an eine rote Backsteinmauer.
»Der Obstgarten, Sir. Etwas weiter hinten führt eine Tür hinein, aber sie wird stets um sechs Uhr abgeschlo s sen.«
Poirot nickte und kehrte, vom Butler gefolgt, wieder in die Bibli o thek zurück.
»Haben Sie gestern Abend denn nichts gehört, als die Sache passie r te?«
»Nun, Sir, wir haben kurz vor neun wohl Stimmen in der Bibliothek gehört. Doch das war nichts Außerg e wöhnliches, besonders, wenn es sich um eine Dame n stimme handelte. Aber natürlich hörten wir übe r haupt nichts mehr, sobald wir im Dienstbotenflügel auf der anderen Seite des Hauses waren. Und um elf Uhr ung e fähr kam die Polizei.«
»Wie viele Stimmen haben Sie gehört?«
»Das kann ich nicht sagen, Sir. Ich habe nur die Stimme der Dame gehört.«
»So, so.«
»Verzeihung, Sir, aber Dr. Ryan ist noch im Haus, falls Sie ihn gern sehen möchten.«
Wir gingen begierig auf den Vorschlag ein, und nach wenigen Min u ten gesellte sich der Doktor, ein
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