Poirots erste Fälle
schichte lieber selbst.«
Japp schlug die Beine übereinander und begann.
»Wie jeder weiß, wurde letzten Dienstag ein großer Si e gesball veranstaltet. Zwar nennt sich heute jede Alle r weltshopserei so, aber das war wirklich ›die‹ S a che. Der Ball fand in der ›Colossus Hall‹ statt und ganz London war da. Auch der junge Lord Cronshaw und seine Cl i que.«
»Sein dossier ?«, fiel Poirot ihm ins Wort. »Ich meine, se i ne Biogr a fie?«
»Viscount Cronshaw war der fünfte Viscount, fünfun d zwanzig Jahre alt, reich, nicht verheiratet und liebte die Welt des The a ters. Es gibt Gerüchte, dass er mit Miss Courtenay vom Albany-Theater verlobt war, die von i h ren Freunden Coco genannt wurde und nach allem, was man so über sie hört, eine faszinierende junge Dame g e wesen sein muss.«
»Gut. Continuez !«
»Zu Lord Cronshaws Gesellschaft gehörten sechs Le u te. Er selbst, sein Onkel, der ehrenwerte Eustace Beltane, eine hübsche amerikanische Witwe, Mrs Ma l laby, der junge Schauspieler Chris Davidson, seine Frau und als letzte, aber nicht als schlechteste, Miss Coco Courtenay. Es war ein Kostümball, wie Sie wissen, und die Cron s haw-Clique stellte Figuren aus der italienischen Kom ö die dar – was immer das sein mag.«
»Die Commedia dell’arte«, murmelte Poirot. »Ich weiß B e scheid.«
»Auf jeden Fall waren die Kostüme nach Porzellanfig u ren kopiert worden, die zu Eustace Beltanes Sam m lung gehören. Lord Cronshaw war der Harlekin, Beltane Pu l cinello. Mrs Mallaby seine Partnerin Pulcinella. Die D a vidsons stellten Pierrot und Pierrette dar und Miss Cou r tenay natürlich Colombina. Es wurde jedoch schon zu Beginn des Abends offenkundig, dass i r gendetwas nicht stimmte. Lord Cronshaw war schlecht gelaunt und b e nahm sich merkwürdig. Als die Gesel l schaft sich in einem kleinen, vom Gastgeber reservie r ten Nebenraum traf, fiel allen auf, dass er und Miss Courtenay nicht zusammen sprachen. Sie hatte offe n sichtlich geweint und schien kurz vor einem hyster i schen Anfall zu sein. Die Stimmung beim Essen war höchst ungemütlich. Nachdem sie alle das Nebenzi m mer verlassen hatten, wandte sich Miss Courtenay an Chris Davidson und bat ihn laut, sie nac h hause zu bringen, da sie ›den Ball satthabe‹. Der junge Schauspieler z ö gerte, sah Lord Cronshaw an und zog die beiden schließlich zurück in das Nebenzimmer, in dem sie gegessen hatten.
Doch so sehr er sich auch bemühte, es gelang ihm nicht, sie zu ve r söhnen. Miss Courtenay stürzte davon. Davidson besorgte ein Taxi und fuhr mit der nunmehr weinenden Schauspielerin zu ihrer Wo h nung. Obwohl sie sehr erregt war, vertraute sie sich ihm nicht an und wi e derholte nur immer wieder, ›das werde der alte Cronch noch büßen‹. Das ist für uns der einzige Hi n weis darauf, dass ihr Tod vie l leicht kein Unglücksfall war, und das ist sehr wenig. Als Davidson sie schlie ß lich etwas beruhigt hatte, war es zu spät g e worden, um in die ›Colossus Hall‹ zurückzukehren, und darum fuhr er direkt zu seiner Wohnung in Chelsea, wo bald da r auf auch seine Frau eintraf und von der entsetzlichen Tragödie berichtete, die sich nach seinem Weggang zugetragen hatte.
Wie es scheint, war Lord Cronshaw im Lauf des Abends immer misslauniger geworden. Er hielt sich von seinen Freunden fern und sie sahen ihn während des res t lichen Abends kaum. Gegen halb zwei Uhr morgens, kurz vor dem großen Kotillon, bei dem sich alle dema s kieren sollten, entdeckte Captain Digby, ein Regiment s kamerad, der sein Kostüm kannte, Lord Cronshaw in e i ner Loge.
›Hallo, Cronch‹, rief Digby zu ihm hinauf. ›Komm ru n ter und misch dich unters Volk! Warum bläst du Trü b sal wie eine alte Eule? Jetzt spielen sie gleich einen guten alten Ragtime!‹
›Ich komme‹, antwortete Cronshaw. ›Wart auf mich, sonst finde ich dich in dem Gewimmel nicht wieder.‹
Noch während er die letzten Worte sprach, drehte er sich um und verließ die Loge. Captain Digby, der mit Mrs Davidson zusammen war, wartete. Die Minuten verstr i chen, aber Lord Cronshaw tauchte nicht auf. Schließlich wurde Digby ungeduldig.
›Glaubt der Bursche, wir warten die ganze Nacht auf ihn?‹, rief er.
In diesem Moment erschien Mrs Mallaby und sie erklä r ten ihr die Situation.
›Er benimmt sich heute Abend wie ein alter Brum m bär‹, sagte die hübsche Witwe lebhaft. ›Ziehen wir los und locken wir ihn aus seinem Versteck.‹
Sie begannen zu suchen, fanden Cronshaw
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