Polt - die Klassiker in einem Band
drückte seinen Kollegen kräftig die Hände, drehte sich im Gehen um und lächelte aufmunternd. „Wird schon werden! Bis dann!“
Eine Weile blieb es still. Dann öffnete Harald Mank die Schreibtischlade, holte seine Wurstsemmel hervor, betrachtete sie lustlos und legte sie zurück. „Nach und nach wird mir dieser Kratky richtig sympathisch.“
„Und wie!“ sagte Simon Polt.
„Schön schauen wir aus! Was hast du vor, Simon?“
„Nicht gar so viel.“ Er zog den Strumpf aus der Tasche. „Den hat der Sepp Räuschl gefunden, am Morgen nach der bewußten Nacht noch dazu. Ich war gestern mit ihm beim Kirchenwirt zusammen. Möchte wissen, wo sich der noch überall herumgetrieben hat. Aber er ist ja wirklich selber schuld an der Sache mit dem Führerschein. Jedenfalls zeig ich den Strumpf einmal der Frau Habesam. Vielleicht fällt ihr was ein dazu.“
„Warum nicht der Karin Walter?“
„Die kommt erst im neuen Jahr zurück.“
„Da sitz ich dann schon in Breitenfeld. Also, Simon, ich laß dir freie Hand. Aber vielleicht kannst du mir verraten, wie ich dein Herumstöbern statistisch aufbereiten soll?“
„Kann ich nicht.“
„Hab ich mir fast gedacht.“
Kurz nach Mittag verließ Polt die Dienststelle. Die Straße war schneefrei, also nahm er das Fahrrad. Als er auf seinem Weg nach Brunndorf zum Hof von Karl Fürnkranz kam, entschloß er sich, schnell einmal Nachschau zu halten. Die Tür war offen, Polt trat ein. Martin Fürnkranz hatte ihn gehört und öffnete seine Zimmertür. „Grüß Sie, Herr Inspektor! Kommen Sie zu mir herein. Der Vater ist mit dem Auto weg. Ich weiß nicht, wohin.“
Polt sah, daß Martin am Computer gearbeitet hatte. „Was machst du da eigentlich?“
„Ein kleines Programm schreiben. Kellereiverwaltung und das ganze Drumherum. Vielleicht bring ich den Alten ja doch noch dazu, daß er sich für meine Arbeit interessiert.“
„Ja, vielleicht. Wie läuft es denn so, Martin?“
„Nicht grad super, aber es geht.“
„Vom Heinz Dvorak soll ich dich übrigens grüßen.“
Martin saß wieder vor dem Computer und starrte auf den Bildschirm. „So? Na, dann bedanke ich mich schön.“
Aloisia Habesam war, auf einer Leiter stehend, damit beschäftigt, vergilbte Bonbonschachteln auszusortieren. Achtlos ließ sie die Packungen auf den Boden fallen.
„Grüß Gott, Frau Habesam!“
„Da schau her, der Simon Polt!“ Anklagend hielt sie ihm eine hellblaue Schachtel entgegen. „Da waren Mäuse am Werk, diese Bestien. Jetzt kann ich nur mehr ausklauben und offen verkaufen.“
„Und was ist mit dem Ablaufdatum?“
„Das lassen Sie meine Sorge sein.“ Sie stieg von der Leiter. „Was hätten S’ denn gern?“
„Das gibt es nicht zu kaufen, Frau Habesam, und schon gar nicht bei Ihnen.“
„Philosophiert wird nicht in einem Geschäftslokal. Also, was ist?“
„Ich wollte Ihnen was zeigen.“
„Dann tun Sie’s endlich!“
Vorsichtig holte Polt den Damenstrumpf hervor. Frau Habesam stieß ein halblautes Zischen aus und betrachtete das zarte Etwas mit unverhohlener Abscheu. „Also, sexuelle Vorlieben entwickeln Sie neuerdings, Herr Polt! Und alles nur, weil die Karin Walter ein paar Tage weg ist!“
„Das da hat der Sepp Räuschl frühmorgens in Brunndorf gefunden, in der Nacht, als die Sache im Preßhaus vom Fürnkranz passiert ist.“
„In Brunndorf, das da! Schauen Sie sich das Muster an, Herr Polt, das paßt zu einer Hur’, wenn überhaupt. Und der breite Rand oben – nicht einmal einen Strumpfgürtel hat s’ getragen, die Flitschen, die ordinäre. Kein Wunder, wenn dann die Männer verrückt werden und ihrem Trieb nachgeben. Möchte wissen, wer so was kauft und dann auch noch anzieht. Na ja, aus Wien bringen sie die ärgsten Sachen mit, oder auch von drüben. Da können Sie so etwas kaufen, Herr Polt, und das Weiberleut gleich dazu.“
„Haben Sie nicht auch Strümpfe im Sortiment, Frau Habesam?“
„Ja, die habe ich. Strumpfhosen, stützend, mit Comfortzwickel. Robuste Qualitätsware. Blickdicht.“ Sie schaute an Polt vorbei zur Tür. „Grüß Gott, Herr Fürnkranz! Was darf’s denn sein?“
„Ah, der Polt ist auch da. Hallo, Herr Inspektor! Eine Tiefkühlpizza, Frau Habesam. Der Martin mag so was.“
„Weil er es nicht besser kennt. Ein Jammer, wenn keine Frau im Haus ist.“
„Wem sagen Sie das! Sie wären ja grad recht für mich, Frau Habesam. Aber Sie erhören ja keinen finsteren Witwer.“
„Kommt aufs Probieren an.“
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