Polt - die Klassiker in einem Band
Swoboda war eine Marionette, die alles mit sich geschehen ließ, solange es Geld dafür gab.“
„Waren die Herren öfter hier im Haus?“
„Das wissen Sie doch längst, Inspektor.“
„Nur vom Hörensagen.
„Ach ja. Und Sie wollen Genaueres erzählt bekommen. Es wurde viel gesoffen, und mein Mann hat sich glänzend amüsiert, auf Kosten der anderen, natürlich.“
„Und dieser Bartl?“
„Hat manchmal die traurige Hauptrolle gespielt.“
„Wie standen eigentlich Sie zu den – sagen wir einmal – Bekannten Ihres Mannes?“
Polt hörte jenes Lachen, das er von Grete Hahn schon kannte und das ihn noch immer verwirrte. „Das kam auf den Grad der Betrunkenheit an“, sagte sie, ohne den Tonfall zu ändern. „Wenn es nicht wirklich sein muß, möchte ich lieber nicht ins Detail gehen.“
„Muß nicht sein.“ Polt war verlegen. „Vorerst nicht, denke ich. Nur noch eine Frage: Wie ist das mit Ihrem Hund?“
„Mit dem Hund? Was soll mit dem sein? Ach so, Sie haben gesehen, daß ich ihn schlage.“ Sie lachte schon wieder. „Mein Mann hatte ihn so abgerichtet, daß er auf mich scharf war. Ein Befehl, und er wäre über mich hergefallen. Albert hat das manchmal auch ausprobiert und das liebe Tier dann im letzten Augenblick zurückgepfiffen. Jetzt bringe ich dem verdammten Köter eben bei, daß er neuen Befehlen zu gehorchen hat.“
Polt schwieg eine Weile. „Ich weiß es zu schätzen, daß Sie offen zu mir sind“, sagte er dann.
„Offen? Wie man es nimmt.“ Grete Hahn lächelte andeutungsweise. „Aber wir sehen einander ja wieder, nehme ich an.“
Bartls Nächte
„Besiegeln wir also unsere vorläufige Niederlage.“ Landesgendarmerieinspektor Kratky warf seinen Notizblock auf den Schreibtisch. „Entschuldigen Sie, mein Lieber“, sagte er dann zu Simon Polt, der unwillkürlich zusammengezuckt war. „Das war ein Temperamentsausbruch. Habe ich so alle zwei, drei Jahre. Aber im Ernst: Wenn uns nicht Herr Swoboda mit seiner seltsamen Ziegelmauer weiterbringt, können wir erst einmal einpacken.“
„Na ja …“, Polt blätterte in seinem Notizheft. „Die Sache hat schon Gestalt angenommen in den letzten zwei Tagen.“
„Von wegen Gestalt.“ Kratky entfaltete ein sauberes Stofftaschentuch, diesmal ein weißes, betrachtete es übellaunig und faltete es wieder zusammen. „So ziemlich alle Verdächtigen waren in der fraglichen Zeit vor dem Tod Hahns in der Kellergasse. Die Herren Kurzbacher, Brunner und Schachinger, angeblich auch Swoboda und der Architekt. Mike Hackls berittene Bande war auch zugegen, wie wir gehört haben, um Albert Hahn das übliche Geleit zu geben, sobald er sich auf den Heimweg machte. Und von ein paar unbekannten Tschechen, die sich herumgetrieben haben sollen, wird natürlich auch getuschelt. Aber sonst? Keine neuen Spuren, keine Widersprüche. Und für den famosen Zettel an der Tür gibt es inzwischen auch eine ziemlich banale Erklärung.“
Polt nickte. „Ich meine ja auch, daß die eigenartige Beziehung zwischen Hahn, Swoboda und Pahlen im Augenblick am ergiebigsten ist.“
„Na bestens.“ Kratky erhob sich schwungvoll. „Das war mein Stichwort. Ich habe hier vorerst nichts mehr verloren. Sie, lieber Kollege Polt, sind nicht auf den Kopf gefallen und haben ein gutes Gespür für die Leute hier heraußen. Tun Sie einstweilen, was Sie für richtig halten, und ich werde in Wien auf den Spuren der zwei merkwürdigen Weinfreunde wandeln. Ich rufe Sie an, sobald sich etwas Neues ergeben hat.“
Polt war noch damit beschäftigt, das unerwartete Lob zu verdauen, und sagte nur: „Wie Sie meinen.“
Kaum war Kratky gegangen, fühlte sich der Gendarm freier. Er öffnete das Bürofenster und genoß die feuchtkalte Herbstluft. Er mochte diese Jahreszeit, in der Nebel die harten Konturen auflöste und die Männerwelt in den Kellern behaglich aufleuchtete. Aber mit dem Behagen würde es wohl in nächster Zeit nichts werden.
Er drehte sich um, als er Schritte hörte. Harald Mank war ins Zimmer getreten. „Mein lieber Herr Gruppeninspektor“, sagte er heiter, „ab sofort sind deine Ausflüge in die Kellergassen also dienstlich.“
„Und ausgerechnet jetzt habe ich absolut keine Freude mehr daran.“ Polt seufzte. „Einverstanden, wenn ich versuche, den Bruno Bartl zu finden? Der fehlt ja noch auf unserer Liste.“
„Geht in Ordnung.“
Jetzt erst fiel Polt auf, daß sich der arbeitsscheue Sonderling schon seit Tagen nicht mehr hatte blicken lassen. Vielleicht
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