Polterabend
hört’s ja nicht.«
Endzeit
Polt vertrödelte und verschlief den Rest des Tages und brachte einen ruhigen Nachtdienst hinter sich. Am folgenden Sonntagmorgen fühlte er sich wach genug für eine kleine Reise nach Brunndorf und holte sein Fahrrad hervor. Schon seit Wochen hatte es nicht mehr geschneit, und nur noch zwischen den Reihen der Rebstöcke und in den Ackerfurchen lag ein wenig Schnee. Zwar blieben die Kellergassen und Güterwege vereist, doch die Straßen waren trocken.
Am Sonntag zog es Polt gewöhnlich in das Brunndorfer Gasthaus Stelzer. Ein Grund dafür war, daß sich die lebhaften Stammtischgespräche immer wieder als recht informativ für einen Gendarmen erwiesen. Viel mehr zählte aber der Umstand, daß der Sparverein seine Bücher öffnete und daß die Hüterin der Kasse Karin Walter hieß. Diesmal sollte Polt allerdings enttäuscht werden. Als er die Wirtsstube betrat, sah er neben dem Obmann den Toni Widhalm sitzen, Karins Stellvertreter. Polt bemühte sich, seiner Stimme einen betont gleichmütigen Klang zu geben. »Was ist denn los mit ihr?«
Widhalm grinste breit. »Die vertreibt sich ihre Zeit im Bett. Mit einer Grippe, oder so. Man wird ja sehen, ob sie durchkommt.«
Polt beschränkte sich auf einen strafenden Blick und ging zur Schank. »Ein Tee wär mir recht.«
Martin Stelzer griff nach einer Tasse. »Und was hinein?«
»Nichts.«
»Geht’s dir nicht gut, Simon?«
»Im Gegenteil. Fällt dir nichts auf an mir?«
»Müd schaust drein.«
»Möglich. Und einen Kilo hab ich abgenommen!«
»Richtig! Ganz schlank bist geworden, um den Mittelfinger. Aber im Ernst: Schreckliche Sache mit dem Fürnkranz. Weiß man schon, wen es erwischt hat?«
»Den Lutzer Ferdl.«
»Da schau her, den. Ein Falott war er ja. Aber das hat er sich nicht verdient.«
Polt nippte lustlos an seinem Tee. »Der Fürnkranz weiß inzwischen auch schon Bescheid. Einer von diesen Kriminalbeamten war bei ihm. Soll’s recht locker genommen haben.«
»Wundert mich gar nicht, Simon. Dem hast nicht einmal beim Begräbnis von seiner Frau was angemerkt. Dabei hat er sie wirklich gern gehabt, nach allem, was man weiß. Naja. Irgendwie wird es jedenfalls weitergehen.« Stelzer wandte sich dem Sportlerstammtisch zu. »Ich komm ja schon, bevor euch der Durst umbringt.«
Jetzt erst bemerkte Polt eine Tischrunde, die er noch nie im Wirtshaus gesehen hatte. Bislang war er der Meinung gewesen, daß der Pensionistenstammtisch mit einem Durchschnittsalter um die Siebzig kaum noch zu übertreffen war. Doch für jene Frauen und Männer, die sich im trauten Halbdunkel neben dem Eingang zur Küche versammelt hatten, waren Siebzigjährige vermutlich noch nicht ganz trocken hinter den Ohren. »Wer sind denn die?« flüsterte Polt.
Martin Stelzer trat dicht an ihn heran. »Das ist der Brunndorfer Kühlhausverein. Natürlich von gestern, das alles, wo doch jeder eine Tiefkühltruhe zu Hause hat, heutzutage. Aber sechzehn Mitglieder hat er noch, der Verein, höchstens fünf kommen zur Generalversammlung, aber vier davon sind nicht mehr ganz fit. Wenn die ihre Stirbl Kathi nicht hätten! Die bringt Schwung in die Sache. Und ihre 98 Jahre steckt sie weg wie nichts.«
Polt schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Natürlich! Daß ich die nicht gleich erkannt habe! Eine alte Freundin von mir.«
»Da kannst von Glück reden, Simon. Ihre Feinde haben nämlich nichts zu lachen. Na, und im Verein ist sie eben alles gleichzeitig: Obfrau, Kassierin und Putzfrau. Solltest einmal sehen, wie das abläuft, streng statutengemäß. Heute sind s’ schon fertig. Bin gespannt, wie viele nächstes Jahr kommen werden.«
Polt lächelte. »Alle, hoffentlich. Ah, jetzt hat mich die Kathi bemerkt.«
Frau Stirbl näherte sich energisch der Schank und nahm dabei Sessellehnen oder auch Schultern von Gästen zu Hilfe. »Da schau her, der junge Polt!« Ihre Stimme war heiser, aber kräftig. »Was sagst du denn zu unserem Verein, Simon? Willst nicht beitreten? Wir könnten eine Auffrischung brauchen, bei Gott!«
»Ich wüßte nicht, was ich einfrieren sollte bei euch, Frau Stirbl.«
»Na, irgendwas halt. Aber dann eben nicht. Trotzdem gut, daß ich dich seh!«
»Was ist denn los?«
»Der Alois ist weg, seit drei Tagen schon.«
»Aber..., verstehen Sie mich recht... Das mit Ihrem Mann ist doch schon länger her, viele Jahre.«
»Kindskopf. Der Alois ist ein Hund. Zugelaufen ist er mir. Und dann hab ich ihn so genannt, damit ich mich
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