Ponyhof kleines Hufeisen - 01 - Wolkenmaehne sucht Freunde
„Wirklich? Ich darf für Mithilfe im Stall reiten?“ Sie sagte nicht, dass sie das sowieso gehofft hatte.
Cornelia nickte. „Ich kann eine tüchtige Helferin gut gebrauchen. Du reitest ordentlich und bist hilfsbereit, nicht eine von denen, die sich nur aufs gesattelte Pferd schwingen und losreiten wollen!“ Da erklang vor dem Haus eine Autohupe. Cornelia stellte die Schubkarre ab. „Das sind die Scherers mit ihrer neuen Stute!“
Im Hof stand ein blauer Mercedes mit einem Pferdehänger. Ein großer schlanker Mann stand mit einer gut angezogenen Frau und einem schmalen, blassen Mädchen neben dem Auto.
Ob das Pferd etwa ihr gehörte? Sabine blieb stehen.
Das Mädchen machte einen ängstlichen Eindruck; sie hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben, die schmalen Schultern hochgezogen. Weshalb ging sie denn nicht zu ihrem Pferd? Wollte sie nicht sehen, ob es die Fahrt gut überstanden hatte? Aber das Mädchen stand teilnahmslos da und starrte ins Leere. Sie lächelte nicht, sah sich nicht um. Freute sie sich gar nicht? Sabine konnte es nicht fassen. Sie würde Purzelbäume vor Freude schlagen, wenn sie ein Pferd bekäme. Wie konnte man da nur so dastehen und ein Gesicht machen, als ob man sich vor irgendetwas fürchtete?
Cornelia begrüßte die Familie. Dann bat sie das Mädchen, in den Hänger zu gehen, ihre Stute loszubinden und sie herauszuführen. Das Mädchen schwieg, es starrte stumm zu Boden. „Lieber nicht“, sagte sie leise. Sie warf ihrem Vater einen bittenden Blick zu. „Kannst du das machen, Papa?“
„Na gut, Michaela!“ Max Scherer öffnete die Vordertür des Hängers. „Aber sie ist dein Pferd, und du sollst dich um sie kümmern und dich mit ihr anfreunden, nicht wahr?“
„Ja, Papa.“ Das klang irgendwie seltsam, fand Sabine, fast ängstlich.
Da erklang ein schrilles Wiehern im Hänger. Cornelia fragte, ob die Stute losgebunden war, dann erst ließ sie langsam die Laderampe herunter. Nichts rührte sich. Sabine sah die Hinterhand einer erdfarbenen Stute mit silberweißem Schweif. Ihre Hinterbeine zitterten. „Nun führen Sie sie bitte langsam heraus“, wies Cornelia Herrn Scherer an.
Doch nichts geschah. Die Stute rührte sich nicht von der Stelle. „Sabine!“ Cornelia wandte sich um. „Du bleibst hier bei der Rampe stehen, ja?“ Sie kletterte von vorn in den Hänger.
Sabine hörte, wie Cornelia der Stute beruhigend und leise zusprach. Plötzlich machte die Stute einen Satz nach hinten. Mit den Hinterhufen rutschte sie seitlich von der Rampe und wäre fast gestürzt. Sabine sprang erschrocken zur Seite. Kein Wunder, dass das Mädchen nicht beim Ausladen helfen wollte! Die Stute stieg auf die Hinterhand und riss die Vorderbeine von der Rampe. Dann stand sie zitternd still. Ihre Augen waren vor Schreck geweitet, sodass Sabine das Weiß des Augapfels sehen konnte. Der Atem des Pferdes ging stoßweise durch die weit geöffneten Nüstern, die Flanken bebten. Das war alles sehr schnell gegangen. Aber da war Cornelia auch schon neben der Stute und nahm den Führstrick. „Meine Güte“, sagte sie beruhigend, „da haben wir aber alle einen Schreck bekommen!“ Sie wandte sich an die Scherers und erklärte ihnen, dass viele Pferde nach dem Transport aus Island verstört waren und sehr heftig reagierten.
„Hoffentlich ändert sich das noch“, brummte der Vater. Michaela sagte kein Wort. Aber Sabine sah ihr an, dass sie Angst hatte. Die Stute warf den Kopf auf und begann nervös um Cornelia herumzutänzeln. Die junge Frau brachte sie jetzt auf die Weide, damit sich die Stute dort austoben konnte.
Sabine stand am Zaun und sah wie gebannt zu. Mit hoch erhobenem Schweif galoppierte die Stute am Zaun auf und ab. Ihre silberweiße Mähne umhüllte sie wie eine Wolke, die Augen rollten. Immer wieder wiehernd keilte sie aus, rannte ein Stück weit, wendete und kehrte zum Zaun zurück. Schaum flog von ihrem Maul, das erdfarbene Fell war dunkel von Schweiß.
Ernst sah Cornelia das Pferd an. „Sie braucht Ruhe!“, sagte sie leise.
„Ein schönes Pferd“, sagte Sabine bewundernd.
„Das schon“, sagte Michaelas Vater unbehaglich. „Aber ist sie nicht ein bisschen wild?“
„Tja“, meinte Cornelia, „das ist jetzt schwer zu sagen. Lassen wir sie erst einmal zur Ruhe kommen. Sie wirkt sehr nervös. Hast du sie eigentlich selbst einmal geritten?“, fragte sie Michaela.
„Ganz kurz, beim Importeur in der Halle. Zuerst hat sie ein Mann vorgeritten, und dann war ich im
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