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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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EINS

    Carlyle Street, Double Bay, sieben Uhr an einem klaren, kühlen Dienstagmorgen. Hinter den verschlossenen Türen der von der Straße weit zurückgesetzten Häuser erwachte das Leben, Leute kochten Kaffee oder standen schlaftrunken unter der Dusche. In Wyatts Vorstellung roch es nach Kaffee und gluckerte Wasser in Abflussrohren.
    Anders in der Carlyle Street 29. Nach Jardines Informationen würde das Haus in den nächsten Tagen verwaist sein. Es war der Wohnsitz von Cassandra Wintergreen, ihres Zeichens Mitglied des Parlaments und Labor-Abgeordnete für den Wahlkreis Brighton und momentan auf einer Informationsreise in Dili. Salonmarxistin, zählte früher zu den Nationalisten in der ALP , hatte Jardine noch auf den Zettel gekritzelt. Das sagte Wyatt gar nichts. Er ging nie zur Wahl. Und wenn er überhaupt mal Zeitung las, dann in Hinblick auf einen möglichen Coup und nicht irgendwelcher politischer Querelen wegen. Ihn interessierte die Wintergreen nur insofern, als sie 50.000 Dollar in ihrem Schlafzimmersafe gebunkert hatte: Laut Jardine Schmiergeld von einem dankbaren Bauunternehmer, der sie gebeten hatte, sich in eine Auseinandersetzung einzuschalten, bei der es um die Konzeption des Zugangs zu einer Ladenpassage ging, die er in ihrem Wahlkreis errichten wollte.
    Wyatt setzte seine Beobachtung fort. Wenn er ein Objekt ausspionierte, achtete er auf alles, mochte es auch noch so banal sein, wohl wissend, dass etwas, was heute unbedeutend war, morgen bereits entscheidend sein konnte. Auskundschaften mit System: zuerst ein allgemeiner Überblick, dann die genaueren Details. Auskundschaften der Wege und möglicher Hindernisse — eine Abfalltonne oder eine Spalte im Pflaster —, die eine Flucht vereiteln könnten.
    Die lange Straßenfront des Grundstückes verfügte über zwei Tore, Wegweiser zu einer Auffahrt, die in einer Biegung hinauf zum Hauseingang verlief und von dort wieder hinunter auf die Straße führte. Büsche und kleine Bäume trennten die Vorderfront des Hauses vom Fußweg und schirmten das Haus von den Nachbargrundstücken ab. Das alles roch nach Geld und Selbstbewusstsein.
    Selbstbewusstsein. Wyatt war in engen Seitenstraßen groß geworden. Seine Mutter hatte nie über seinen Vater gesprochen und Wyatt besaß keine Erinnerungen an diesen Mann. Sein starkes Selbstbewusstsein hatte sich Wyatt in jenen engen Straßen erarbeitet. Später hatte er Bücher gelesen, beobachtet, zugehört und selbstständig gehandelt und so seine Überzeugungen und sein Selbstbewusstsein kultiviert.
    Jardines Grundrisse von Nr. 29 zeigten einen Flur, rechts und links davon zwei große Vorderzimmer und eine Reihe weiterer Zimmer im rückwärtigen Teil des Hauses und in der ersten Etage. Jardine hatte Wyatts Aufmerksamkeit auf drei mögliche Probleme gelenkt. Erstens wurde das Haus einmal am Tag, gewöhnlich um Mitternacht, von einem Sicherheitsdienst kontrolliert; zweitens war die Alarmanlage mit dem örtlichen Polizeirevier verbunden; drittens hatte Jardine die Codes der Alarmanlage nicht beschaffen können, dafür aber die Kombination für den Safe der Wintergreen, ihr Geburtsdatum: 27.03.48. Jardines Jobs basierten auf Informationen, geliefert von Sachbearbeitern aus den Schadensabteilungen der Versicherungsgesellschaften und von Handwerkern, die Alarmanlagen installierten, oder auf Observationsberichten und Protokollen abgehörter Gespräche, zugespielt von korrupten Privatdetektiven. Oder auf der einen oder anderen Bemerkung aus dem Munde eines Maklers, Chauffeurs, Taxifahrers, Bankangestellten, Croupiers oder großmäuligen Klubmitglieds.
    Wyatt observierte weitere fünf Minuten. Es war die Variable in jeder Situation, die ihn stimulierte. Er wusste, ohne die ihm zur Gewohnheit gewordene permanente Wachsamkeit büßte er seinen Vorteil ein und das konnte die tödliche Kugel oder eine Klinge oder zumindest Handschellen bedeuten, die sich um seine Handgelenke schlossen.
    Es gab immer Unvorhergesehenes, was Planung und Routine sabotieren konnte, einen Verkehrsstau, die leere Batterie, den leeren Safe. Aber auf derartige Zwischenfälle konnte man nie völlig vorbereitet sein, also hoffte man, dass sie sich nie ereigneten. Ereigneten sie sich dennoch, versuchte man, sie so zu nehmen, wie sie kamen, und hoffte, dass sie einen nicht zu Fall brachten. Unbeteiligte Zuschauer waren oftmals das Schlimmste, was passieren konnte. Egal ob Mann, Frau oder Kind, sie waren immer unberechenbar. Gerieten sie in Panik? Stellten sie

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