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PR 2626 – Suche im Sektor Null

PR 2626 – Suche im Sektor Null

Titel: PR 2626 – Suche im Sektor Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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es geschieht. Immer wieder. Die realen Bilder werden durch solche ersetzt, die ich habe vorbereiten lassen. Violette Lichtblasen, die pulsieren, sich vereinigen, das heimische Sonnensystem einhüllen, es mit grellen Schlieren überziehen. Eine Art Kontraktion passiert. Dann ist nichts mehr. Nur Schwärze, begrenzt von der als Hauch erkennbaren Oortschen Wolke. Sie ist wie ein Gazetuch, das sich um die Dunkelheit gelegt hat.
    Ich höre zwei Frauen schluchzen. Atemzüge kommen viel zu rasch, viel zu heftig. Ein Mann flucht, ein anderer summt eine einfache Melodie, wie, um sich von den Bildern abzulenken.
    Es ist genug. Ich befehle NEMO, die Vorstellung zu beenden. Ich denke, dass nun jeder verinnerlicht hat, worum es geht. Wir treiben zurück zur JULES VERNE.
    Niemand spricht ein Wort.

2.
    GEMMA FRISIUS,
    2. September 1469 NGZ
     
    Blütenblatt 37 liegt auf der Lauer. Es wartet. Geduldig. Wie immer.
    Die Opferkriterien sind vorgegeben. Blütenblatt 37 hat alle Parameter einer möglichen Beute verinnerlicht. Sie betreffen ein Mindestmaß an Größe, ein bestimmtes Level an Energieproduktion sowie einen allgemeinen Stand der Technik, der sich wiederum aus einer Vielzahl von Faktoren berechnen und beurteilen lässt. Und das Opfer muss allein sein.
    Erst wenn all diese Merkmale erkannt und durch Prüfmechanismen bestätigt werden, handelt Blütenblatt 37. Erst dann werden die notwendigen Handlungen gesetzt. Erst dann wird es sich aus einer Kugelform heraus entfalten, im wahrsten Sinne des Wortes.
    Blütenblatt 37 wartet geduldig.
     
    *
     
    Die Oktirische Fliegenfalle bewegte sich mit einer Anmut, die David Campese immer wieder aufs Neue faszinierte. Ihre fein verästelten Blätter imitierten jede Bewegung, jede Drehung, jeden Schwung seiner Hand mit einer Verzögerung von zwei bis drei Sekunden.
    Die fleischfressende Pflanze lockte ihre Opfer in ihr Reich, indem sie deren Neugierde ausnutzte. Kaum ein Tier auf Oktirus konnte den Suggestionen der Fliegenfalle widerstehen, zumal sie auch mit Duftstoffen und Schillereffekten auf den Blattoberflächen zu arbeiten wusste.
    Ihre Vormachtstellung auf dem merkurgroßen Planeten, den die Besatzung der GEMMA FRISIUS vor gerade mal sechs Monaten entdeckt und vermessen hatte, stand exemplarisch für all das Unbekannte, das die raumfahrenden Wesen der Milchstraße zu entdecken und zu erforschen trachteten. Blues, Arkoniden, Menschen, Haluter – wie auch immer sie hießen: Sie kannten trotz Vermessungstätigkeiten, die zum Teil mehr als zehntausend Jahre in die Vergangenheit reichten, ihre Nachbarn viel zu wenig – oder hatten längst vergessen, was sie einst erforscht hatten. Sie, gleichermaßen Konkurrenten und Partner, suchten stets nach den großen Auffälligkeiten. Nach Welten, die eine Kolonisierung erlaubten. Oder nach Planeten, die reich an wertvollen, ungewöhnlichen Rohstoffen waren.
    Selten genug sahen sie in den Nischen, Spalten und Ritzen dieser so vielfältig gestalteten Sterneninsel nach. Viele Sternenballungen waren ihnen nicht als wichtig genug erschienen.
    »Lass das Grünzeug endlich in Ruhe, David!«, mahnte ihn Mohanram Tivelani. »Vor uns liegt ein neues Ziel. Eine neue Aufgabe. Eine neue Herausforderung.«
    »Selbstverständlich, Kommandant.« David steckte beide Hände langsam in die Hosentaschen. Die Oktirische Fliegenfalle ließ den Fresskopf ebenso bedächtig vornübersinken. Ein wenig Blütensaft drang aus der nahezu geschlossenen Nahrungsklappe und tropfte auf den Boden des reichlich gedüngten Biotops, das unter einer schützenden Glaskugel verborgen war.
    David Campese verließ den ihm überantworteten Wissenschaftsbereich der Schiffszentrale und setzte sich neben Mohanram Tivelani in den Stuhl des Stellvertretenden Kommandanten. So, wie es von ihm erwartet wurde und es mittlerweile Tradition war.
    »Ankunft Zielgebiet dreißig Minuten«, meldete Paro Dusenstein, der ertrusische Pilot in der ihm eigenen Arbeitssprache. »Beendigung Linearraumflug gemäß Vorgaben.«
    »Wie sieht's mit der Negativbeschleunigung aus?«
    »Manöver ist vorbereitet.«
    Towa Ormaject, die Leiterin der Abteilung Funk und Ortung und in ihrer Weitschweifigkeit das genaue Gegenteil zum Piloten, meldete sich zu Wort: »Es sieht alles so weit gut aus. Wir können mit der guten alten GEMMA FRISIUS zufrieden sein.«
    Mohanram Tivelani verzog das Gesicht. Er und die Orterin konnten einander nicht ausstehen.
    David Campese fragte sich nicht zum ersten Mal, wann die Spannungen

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