Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR 2638 – Zielpunkt Morpheus-System

PR 2638 – Zielpunkt Morpheus-System

Titel: PR 2638 – Zielpunkt Morpheus-System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
Vom Netzwerk:
wie Raumfahrer diese Betriebsweise nannten, wenn die Positronik 90 Prozent der Handlungen übernahm. Der Träger hatte nur noch zu »gehen und zu atmen«, wie es im SERUN-Manual hieß. Im Notfall konnte sie oder Velderbilt Feltens Anzug sogar in Fernsteuerung nehmen.
    Damit hoffte Mondra, den Mathematiker optimal beschützen zu können, falls es wider Erwarten hart auf hart kommen sollte.
    »Alles klar bei dir, Martin?«, fragte sie.
    »Ein etwas mulmiges Gefühl habe ich schon«, sagte er, »aber sonst geht es mir gut.«
    Mondra blickte auf die Biodaten des Mathematikers. Puls und Atemfrequenz waren leicht erhöht, ansonsten schien seine Selbsteinschätzung aber zuzutreffen.
    Die Ertruserin blieb vor der Bruchstelle stehen. »Ich steige jetzt ein.«
    »In Ordnung«, gab Mondra zurück.
    Der massige Körper der Umweltangepassten verschwand zwischen den Bruchkanten der aufgeplatzten Schiffshülle.
    In diesem Moment ging Morpheus wieder auf. Die Strahlen des Gestirns rissen die Spuren der Zerstörung am Schiff aus der Dunkelheit. Es schien Mondra wie eine stumme Klage angesichts der Gewalt, die in dieser Galaxis herrschte.
    »Kommt runter!«, erklang Velderbilts Stimme über den Helmfunk. »Das müsst ihr euch ansehen!«
     
    *
     
    Stichwort: Quolnäer Keretzen (2)
     
    Die martialischen Quolnäer Keretzen sind ein Widerspruch in sich. Betrachtete man nur ihre Augen mit den ungewöhnlich großen Pupillen, erhielte man den Eindruck von Sanftmut. Das fleischige Gesicht – sah man einmal von den unterarmlangen Stoßzähnen mit ihren eingeritzten oder eingebrannten Symbolen ab – erweckte mit seiner schlabbrigen Nase und der zurückhaltenden Mimik eher den Eindruck, einen traurigen Clown vor sich zu haben als einen Krieger oder Piraten.
    Der Rest ihres Körpers vermittelte ebenfalls einen zwiespältigen Eindruck: tonnenförmige Brustkörbe, über denen Metallplatten hingen, die wohl vor den Stoßzähnen schützen sollten. Aus den mächtigen Schultern wuchsen breite, muskulöse Arme, die aber in fast lächerlich dünnen Händchen mündeten. Die drei Finger wirkten wie aus Gummi, ebenso die Beine unterhalb der Kniegelenke. Sie glichen eher Stelzen, und es grenzte an ein Wunder, dass diese Wesen überhaupt in der Lage waren, ihr eigenes Körpergewicht zu tragen.
    Mir ist bewusst, dass dies alles subjektive, auf meinen Erfahrungen basierende Eindrücke sind. Verursacht durch die kognitive Faulheit meines Gehirns, das jeden Eindruck so schnell wie möglich schubladisieren will, damit man sich nicht ständig so furchtbar viele Gedanken machen muss.
    Aber selbst wenn ich mir Mühe gebe, die Quolnäer Keretzen möglichst objektiv zu beurteilen, bleiben sie voller Widersprüche. Und ich frage mich, ob dieses Volk bewusst entschieden hat, den Pfad des Krieges einzuschlagen, oder ob es einfach nicht anders kann.
    Und da fällt mir eine dritte Möglichkeit ein: Was, wenn ein anderer diese Entscheidung für die Quolnäer Keretzen gefällt hat?
    Aus: Persönliche Aufzeichnungen, M. Felten, Oktober 1469 NGZ

11.
    Im Reich der Stoßzähne
     
    Die gallertartige Flüssigkeit schien in den Wänden verborgen gewesen zu sein. Bei der Waffeneinwirkung waren sie geborsten und hatten die Flüssigkeit freigegeben.
    In den äußeren Bereichen, in denen die Luft bereits komplett entwichen war und das Vakuum herrschte, gefror die Gallerte mitten in der Bewegung.
    Mondra sah Wellenstrukturen, Tropfenfinger, die nach einem imaginären Gegenstand griffen, wasserfallartige Vorhänge, goldbraun, halb transparent.
    Wie Bernstein, dachte Diamond.
    Die Assoziation hatte sich nicht zufällig ergeben. Mit einem dumpfen Gefühl im Bauch näherte sie sich der Ertruserin.
    Sinaid Velderbilt stand vor einem unförmigen Objekt, das von der Form her an einen halb geschmolzenen Schneemann erinnerte. Ein großer goldbrauner Pfropfen, in dem etwas eingeschlossen war.
    »Ich schätze, den kann Martin für seine Versuche nicht mehr gebrauchen«, sagte die Ertruserin.
    Mondra blieb davor stehen. Der Magen zog sich kurz zusammen, dann hatte sie sich an den Anblick gewöhnt.
    In diesem überdimensionierten Bernstein stand ein Quolnäer Keretze. Halb gebückt hielt er sich die Arme schützend über dem Kopf. Den breiten Mund hinter den mit vielen Borten geschmückten Stoßzähnen hielt er zum stummen Schrei geöffnet.
    »Die Flüssigkeit hat ihn mitten in der Bewegung eingeschlossen.« Velderbilts Stimme klang rau.
    Martin Felten kam hinzu. Die Stimme der Anzugpositronik

Weitere Kostenlose Bücher