PR 2639 – Die grüne Sonne
einen Meter einundsiebzig groß und wirkte durchaus ansehnlich. Er hatte eine orangefarbene Körperbehaarung und eine flache, breite Boxernase. Der Mund wirkte auf Rhodan eine Nuance zu sinnlich.
Die Lippen verzogen sich zum aggressiven Zähnefletschen. Ein drohendes Knurren drang aus Ramoz' Kehle, ganz als sei er noch ein Tier. Er fauchte Mondra an, die zwei Schritt vor ihm stehen blieb und beschwichtigend die Hände hob.
»Ruhig«, sagte sie leise. »Ich will dir nichts tun. Ich bin gekommen, um dir beizustehen. Du hast nach mir gerufen.«
Er duckte sich. Trotz der legeren Bordkleidung, die Ramoz trug, glaubte Rhodan zu sehen, dass der Humanoide die Muskeln anspannte. Ramoz würde Mondra angreifen, falls sie ihm noch näher kam.
»Mondra, bitte!«, rief Rhodan.
Sie hörte ihn nicht. Hatte sie den MultiKom abgeschaltet?
Die Situation wirkte wie ein stummer Zweikampf zwischen Mondra Diamond und ihrem Schützling, dessen Augendorn in grellem Rot flackerte. Wenn das ein Anzeichen für Ramoz' Aufregung war, dann näherte er sich unweigerlich einem unkontrollierten Ausbruch.
»Pic, lass den HÜ-Schirm abschalten, sobald ich das verlange!«, rief Gucky. »Mondra ist gefährdet. Ich muss eingreifen können, bevor Schlimmeres geschieht.«
»Danke, mein Freund!«, sagte Rhodan.
»Schon gut.« Der Ilt grinste schräg. »Wenn du willst, klatsche ich diesen verwunschenen Frosch telekinetisch an die Wand.«
»Das würde wenig ändern.«
»Ich könnte dafür sorgen, dass er kleben bleibt.«
Rhodan schüttelte den Kopf.
Mondra redete indessen besänftigend auf Ramoz ein. Langsam hob sie die Arme und drehte ihm die Handflächen zu. Sein Augendorn flackerte wie ein grelles Gewitter. Kein Zweifel, diese Reaktion bereitete ihm Schmerzen.
Brüllend warf Ramoz den Kopf in den Nacken. Zitternd versuchte er, sich die Hände vors Gesicht zu schlagen, doch mitten in der Bewegung sackte er haltlos in sich zusammen.
Rhodan registrierte, dass das grelle Flackern des Dorns erlosch und Pic Lershimon zwei Medoroboter zur Unterstützung in den Krankenraum beorderte. Gleichzeitig gab sein MultiKom einen durchdringenden Summton von sich.
Mikru, der Avatar von MIKRU-JON, meldete sich. Obwohl die Projektion der zierlichen Frau ausblieb, wusste er dank der Stimme sofort, wer der Anrufer war.
»Ich hoffe, dir ist nichts zugestoßen, Perry.«
»Wieso diese plötzliche Besorgnis?«, fragte er gereizt. »Hier ist nichts vorgefallen, was mich in Gefahr bringen könnte.«
»Dann ist es gut.«
»Nichts ist gut. Heraus mit der Sprache, Mikru! Hast du eine Veränderung angemessen?«
»Gepulste Hyperstrukturen an Bord der CHISHOLM, in deiner unmittelbaren Nähe. Ihre Randsignatur ist im ultrahochfrequenten Bereich des hyperenergetischen Spektrums angesiedelt und weist in einigen Abschnitten Ähnlichkeit mit dem allgegenwärtigen Paraflimmern auf.«
»Ein Zusammenhang mit dem Vii-Schleier?«
Das Paraflimmern war eigentlich nur eine geringe, wenngleich auffällige und störende fünfdimensionale Unstetigkeit in Chanda. Zumeist funktionierte alles wie gewohnt, gelegentlich hatte diese allgemeine Instabilität aber Auswirkungen auf hochgezüchtete Technik und sogar Lebewesen.
»Die konstante Periodendauer des Pulses beträgt zwei Komma zwei sieben Millisekunden«, teilte Mikru mit. »Das entspricht einer Frequenz von 440 Hertz.«
»Ist das alles?« Rhodan war verblüfft. »Nach einem gezielten Angriff auf die CHISHOLM sieht das nicht gerade aus.«
»Keine weitere Feststellung«, bestätigte Mikru. »Ich könnte dich lediglich darauf hinweisen, dass 440 Hertz in der akustischen Umsetzung dem Kammerton ›a‹ entsprechen.«
»Dem was? « Die Aussage des Avatars überraschte Perry nicht nur, sie hatte sogar etwas Verblüffendes. »Du hast nie erwähnt, dass du musikalisch veranlagt bist.«
»Bin ich das? Wirklich?« Wie Mikru das sagte, klang es sogar ein wenig spöttisch. »Hast du nie den Chor der Sonnen vernommen, Pilot? Den Klang, der das Universum durchzieht?«
»Auf der Frequenz von 440 Schwingungen pro Sekunde? Sind das Nachschwingungen des Urknalls, Äußerungen des Psionischen Netzes, oder willst du mir nur sagen, dass jemand an Bord der CHISHOLM ein Schlaflied für Ramoz singt?«
Mikru antwortete mit einem hellen Lachen. Es endete abrupt, als die Verbindung über den MultiKom erlosch.
Stirnrunzelnd schaute Rhodan zur Bildwiedergabe aus dem Krankenzimmer: Ramoz lag verkrümmt und reglos am Boden. Perry zweifelte nicht daran,
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