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Vater Mond und seine Kinder (German Edition)

Vater Mond und seine Kinder (German Edition)

Titel: Vater Mond und seine Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska von Sassen
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    „Es war einmal…“
    Vater Mond  
    Die Kirchenuhr schlug zwölf Mal. Mitternacht. Noch sechs Stunden bis zum Feierabend. Frierend hüllte sich Vater Mond in seinen wollenen Schlafmantel. Die Nacht war so eiskalt und frostig, dass selbst die Sterne wie Eiskristalle funkelten. Bedächtig zog er über die unendliche Weite des Firmaments und schaute hinunter auf die Erde. Soweit er sehen konnte, war alles friedlich. Niemand wagte sich bei dieser Eiseskälte vor die Tür. Selbst die Tiere rotteten sich in ihren Höhlen und Schlupflöchern zusammen. „Wie langweilig“ gähnte er verstohlen hinter vorgehaltener Hand. „Geht denn die Nacht nie zu Ende?“ Während er so vor sich hindöste, nahm er eine Bewegung wahr. Eine Bewegung, die eigentlich nicht dahin gehörte. Dunkle Schatten streiften lautlos durch den Wald. Er setzte seinen Nasenkneifer auf, um mehr erkennen zu können. „Ei sieh da!“ Brutus, der graue Wolf. Er war mit seinem Rudel auf Beutezug. Er schien etwas gewittert zu haben. Eine Spur? Seine Nasenflügel waren aufgebläht, den Kopf hatte er am Boden. Jetzt hob er die Schnauze hoch, er nahm Witterung auf. Plötzlich schien er den Geruch gefunden zu haben. Ein tiefes Grollen drang aus seiner Kehle. Getrieben von Gier und Jagdfieber rannte er der Spur nach, dicht gefolgt von seinem hechelnden Rudel. Sie waren gut aufeinander eingespielt. Die Beute durfte ihnen nicht entkommen. Sie hatten seit Tagen nichts gefressen. Sein Spürsinn sagte ihm, dass sie nur noch wenige Meter von ihrem Opfer entfernt waren. Der Geruch wurde intensiver. In lautlosen Sprüngen näherten sie sich der Beute. Nur mit Mühe konnte er sein Rudel zurückhalten. Sie waren ausgehungert. Der Angriff musste sorgfältig geplant werden. Geifer rann ihnen aus der Schnauze. „Jetzt nur keinen Fehler machen“ knurrte Brutus sein Rudel an.
    Auf einer kleinen, ungeschützten Lichtung stand, etwas abseits seiner Herde, unbeweglich ein kapitaler Hirsch. Er hielt Wache. Kein Laut war zu hören. Völlig geräuschlos, auf dem Bauch kriechend, pirschten sich die Wölfe im knietiefen Schnee näher an ihn heran. Witternd hob der Hirsch den Kopf. Der Wind hatte die Richtung geändert und trug ihm einen verhassten Geruch zu. Sein Todfeind - Wölfe. Sehen konnte er sie noch nicht, aber er roch sie. Jählings stieß er einen Warnruf aus. Blitzartig warfen sich die Rehe herum und verließen fluchtartig die Lichtung. Sie stoben mit donnernden Hufen dem Abhang hinunter und brachten sich im dichten Unterholz in Sicherheit. Ihm selbst blieb keine Zeit mehr zu fliehen. Es war zu spät. Das Wolfsrudel hatte ihn in die Enge getrieben. Verzweifelt schaute er sich um. Vor ihm die geifernde Meute, und hinter ihm ein gähnender Abgrund. Kämpferisch senkte er sein ausladendes, kräftiges Geweih. Zwei oder drei konnte er abwehren. Aber das ganze Rudel, das war zuviel für ihn. Nur noch wenige Meter trennten ihn von seinen Peinigern. Gequält sah er sich noch einmal nach einer Fluchtmöglichkeit um. Er hatte keine Chance. Falls kein Wunder geschah, hatte er keine Möglichkeit, seinen Peinigern zu entkommen. Erneut senkte er sein Geweih. Er machte sich angriffbereit.
    Mit hochgezogenen Lefzen kam das Rudel unaufhaltsam näher. Im Mondlicht sah er das reißerische Gebiss der Wölfe. Es war nun völlig dunkel geworden. Die dicht fallenden Schneeflocken hatten das Tageslicht gänzlich verschluckt.
    Fasziniert beobachtete Vater Mond mit seinen Kindern den Angriffspakt der Wölfe. „Wen wollen sie eigentlich angreifen?“ nuschelte er. „Den müssen wir doch warnen!“ Vergeblich suchte er seine Brille. „Verflixt, wo ist das Ding?“ brüllte er. „Auf deiner Nase“ lärmten unisono seine Kinder zurück. „Tatsächlich!“ Er blickte nach unten und erstarrte. „Verflixt und zugenäht, das ist ja Oskar“, schrie er. „Was macht der denn hier?“ Mit einem Satz sprang Vater Mond auf die Füße, riss so heftig das Fenster auf, dass er fast den Flügel aus den Angeln zerrte. „Mein Megafon, schnell mein Megafon!“ Er setzte den Trichter an und brüllte hinunter: „Oskar spring, spring Oskar! Du schaffst das, spring endlich. Spring Oskar, spring“ polterte er so laut er konnte. Diese Sekunde rettete Oskar das Leben. Abrupt warf er sich herum, schloss die Augen, sprang. Für den Bruchteil einer Sekunde schwebte er in der Luft, dann kam der Aufprall.
    Brutus, der gerade zum Sprung auf Oskar angesetzt hatte, hörte die dröhnende Stimme. Seinen Angriff konnte

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