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PR 2646 – Die Tage des Schattens

Titel: PR 2646 – Die Tage des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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polierten Maßschuhe. »Vielleicht möchtest du einen Brunch zu dir nehmen?«
    »Was ist das?«
    »Äh ...« Intuitiv glaubte Kornel, dass sein Gegenüber ihn nicht verschaukeln wollte, sondern die Frage ernst meinte. Daher erläuterte er die verschiedenen Angebote des Café Triest und pries besonders die Vorzüge des reichhaltigen Buffets.
    Toufec überlegte eine ganze Weile, dann sagte er: »Nein. Bring mir nur einen Krug Wasser und sieben Eier.« Sprach's, ließ den bass erstaunten Oberkellner stehen und setzte sich an den nächstbesten freien Tisch.
     
    *
     
    »Eier«, wiederholte Kornel, nachdem er ihm hinterher gestolpert war. »In welcher Form?«
    »Eiförmig, würde ich sagen.« Der Mann lachte so laut und herzhaft, dass einige Leute an den Nachbartischen davon angesteckt wurden, obwohl sie nicht wissen konnten, worum es ging. Dann fügte er hinzu: »Baydat al jaum ahhan min dik bukra.«
    »Ich verstehe nicht ...«
    »Das bedeutet: Das Ei von heute ist besser als der Hahn von morgen. Stimmt doch, oder?«
    »Jaja, sicher, aber ... Ähem. Hättest du die sieben Eier gern gekocht, weich oder hart, oder als Spiegeleier, ein- oder beidseitig gebraten, oder als Rührei oder Omelett oder auf schottische Art mit Panade ...«
    »Klingt alles sehr verlockend. Gar nicht so einfach, sich zu entscheiden. Weißt du was, ich probiere eines von jeder Variante!«
    »Sehr wohl, der Herr. Sieben verschiedene Eier. – Brot dazu?« Noch während er die Frage stellte, ahnte Kornel, was als Nächstes auf ihn zukam.
    »Brot, ja. Was für Brot habt ihr?«
    Er zählte an den Fingern ab: »Weißbrot, Fladenbrot, Pumpernickel, Panini, Dinkelbrot, Bosniakerl, Croissants ... Ich könnte dir ein Körbchen mit sieben verschiedenen Sorten zusammenstellen.«
    »Ausgezeichnete Idee, mein Freund! Ich merke, du denkst mit.« Toufec zwinkerte. »Ihr führt nicht zufällig auch sieben Arten von Wasser?«
    »Nicht regulär. Aber ich könnte aus dem Restaurant nebenan ...«
    »Schon gut, wir wollen's nicht übertreiben. Wer alles haben will, verliert alles. Die Geduld ist der Schlüssel der Freude. Andererseits, wer lange sinnt, beginnt nicht – und wer nicht beginnt, gewinnt nicht.«
    Da Kornel vergeblich über eine ähnlich geschliffen klingende Replik nachdachte, setzte sein absonderlicher Gast fort: »Weisheit der Völker Arabiens.«
    »Ah ja. – Soll ich deine Bestellung jetzt an die Küche funken?«
    »Ich bitte darum. Und könntest du es mir ermöglichen, Kunde über aktuelle Geschehnisse auf diesem Planeten zu erhalten?«
    »Ich kann dir eine Nachrichtenseite aufrufen.« Kornel tat es und zeigte dem Gast, wie man darin navigierte.
    Toufec, der schnell begriff, bedankte sich. »Lieber lausche ich den Liedern der Barden. Aber wie heißt es so schön: Wer Honig essen will, muss das Stechen der Bienen ertragen.«
    »Gewiss.« Aus den Augenwinkeln sah Kornel, dass der alte Oberst aufgewacht war und ihm winkte. Er deutete eine Verbeugung an. »Ich muss mich um einen Stammgast kümmern.«
    »Nur zu.« Toufec entließ ihn mit einer gönnerhaften Handbewegung.
    Erleichtert und schwungvoll begab sich Kornel zum Oberst. Bei dem wusste er wenigstens, woran er war.
     
    *
     
    Als er mit einem Glas und einer Karaffe Wasser, siebenerlei Eiern und siebenerlei Brot zurück an Toufecs Tisch kam, erwartete ihn eine Überraschung.
    Der merkwürdige Mann hatte eine Runde aus einem halben Dutzend Personen um sich versammelt. Darunter befanden sich eine Epsalerin, ein Siganese und eine junge Gefirnin, die Kornel flüchtig kannte. Wenn er sich richtig erinnerte, absolvierte sie gerade ein Praktikum im Wirtschaftsministerium.
    Während Toufec den ungewöhnlichen Brunch verzehrte, wobei er ziemlich laut schmatzte, unterhielt er sich angeregt mit seinen Zufallsbekanntschaften. Man hätte auch sagen können, er unterhielt sie.
    Sichtlich und hörbar hatten sie Spaß. Immer wieder goutierten sie Toufecs kryptische Sprüche mit lautstarkem Beifall.
    Soviel Kornel aufschnappte, wurde anhand der Nachrichtenseiten praktisch alles diskutiert, was derzeit die Terraner beschäftigte: die Verhältnisse in der Anomalie; die de facto ausgeschaltete beziehungsweise von »Assistenten« der Sayporaner gegängelte Regierung; die friedlichen Proteste ebenso wie die Attentate, die sich hauptsächlich gegen Patrouillen der Fagesy richteten.
    Selbstverständlich spekulierte man auch über den ominösen »Schatten«, der schon mehrfach in Erscheinung – oder eigentlich

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