Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR 2668 – Neuntau

PR 2668 – Neuntau

Titel: PR 2668 – Neuntau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
Vom Netzwerk:
Neuntaus Flugaggregat fiel aus, er stürzte ab. Ehe er auf die Stufenfläche unter sich schmettern konnte, fing der Terraner den Kleinen ab. Neuntau lag nun wie ein Kind auf seinen Armen.
    »Bring mich ... hoch«, ächzte der Zwergandroide.
    Alaska sah das gelblich fahle Gesicht nun dicht vor sich. Die dunkle Flüssigkeit rann aus dem zerstörten Auge ebenso wie aus dem Mund.
    Der Terraner zögerte.
    »Bitte«, sagte Neuntau.
    Alaska stimmte zu – und wunderte sich nicht einmal, dass sein SERUN ebenfalls nicht mehr funktionierte. Auch Eroin Blitzer ging es nicht besser.
    Zu dritt kletterten sie die Pyramide hoch. Saedelaere musste den beiden Zwergandroiden helfen, indem er sie jeweils in die Höhe wuchtete, ehe er sich selbst mit Klimmzügen auf die nächste Stufe zog. Neuntau war kaum zu einer eigenen Bewegung fähig. Der Stoff über seinem Brustkorb verfärbte sich schmierig braun. Alaska trug ihn von Stufe zu Stufe wie ein Kleinkind.
    »Er wird uns nicht töten«, sagte Neuntau mit einer Stimme wie ein Hauch. »Sonst hätte er es längst getan.«
    »Warum sollte er Gnade zeigen?«, fragte Saedelaere.
    »Weil er trotz allem kein Mörder ist.« Blitzer wies unauffällig auf sein schwarzes Kästchen. »Ich zapfe sein neuronales Netzwerk an und lade Daten herunter, die ich teilweise sofort einsehen kann.«
    Der Terraner lächelte unter seiner Maske. »Daten welcher Art?«
    »Seine Erinnerung. Ich weiß nun, wer Sholoubwa ist. Was er ist. Und ich beginne zu erahnen, was er mit dem Freien Raum erreichen will.«
    Sie erreichten die Spitze der Pyramide, und als sie neben dem Thron mit dem nun reglosen Roboter standen, konnte Saedelaere noch weiter blicken als zuvor.
    In der Ferne endete der Positronikwald. Ein kilometergroßes Tal breitete sich dort aus, das aussah wie ein industrieller Albtraum. Ein gigantisches Aggregat, groß genug, um es selbst aus dieser Ferne noch sehen zu können, reihte sich ans andere.
    Neuntau lag auf seinen Armen. »Es sind Sontaron-Generatoren«, erklärte der Kleine. »Genau dieselben, wie sie Sholoubwa einst im Reich der Harmonie einführte, nur größer.«
    »Nicht nur«, sagte der Konstrukteur unvermittelt. Das ungeschlachte humanoide Gesicht wandte sich ihnen zu. »Du hast mich also gefunden, Pilot.«
    Neuntau schwieg, und Alaska fragte sich, was in ihm vorgehen mochte.
    Hinter dem Tal blieb der Schutzschirm des Areals nicht länger undurchsichtig. Es bot sich ein freier Blick auf den Himmel und die Sonne des Nahroin-Systems. Gewaltige Protuberanzen stiegen aus dem Stern auf, als wollten sie nach den zahllosen Asteroidenschwärmen greifen.
    Die Stille hielt an, bis Neuntau das Wort ergriff. »Was ist mit dir geschehen, Sholoubwa?«
    Genau diese Frage stellte sich Saedelaere auch. Dies war nicht länger das metallisch schimmernde, elegante Wesen, das beständig seine Form wandelte; nicht mehr der Konstrukteur der Kosmokraten, der ins Reich der Harmonie gekommen war, um es mit seiner Genialität zu bereichern.
    Stattdessen erinnerte das Wesen, das förmlich mit seinem bizarren Thron verschmolzen war, an einen uralten terranischen Arbeitsroboter, eine plumpe, gesichtslose Maschine. »Es geht dich nichts an, Neuntau.«
    »Du erinnerst dich noch an meinen Namen, ja?«
    »Was willst du hier mit deinen Begleitern, wenn du nicht gekommen bist, weil es sich deine Herren anders überlegt haben?«
    »Ich stehe nicht mehr in Kontakt mit ihnen! Du selbst hast mich ausgesetzt, Sholoubwa.« Neuntau wand sich aus Saedelaeres Armen und wankte näher auf den Thron zu.
    Alaska blieb aufmerksam. So schwach der Zwergandroide aussah, es konnte sein, dass er noch eine böse Überraschung mit sich führte. Der Terraner durfte nicht zulassen, dass sich Neuntau rächte.
    »Warum hast du mich verletzt, ehe du in der SCHRAUBE-B weggeflogen bist?«, schrie Neuntau mit erstaunlich fester Stimme. »Ab diesem Moment wurde alles viel schlimmer. Ich war dir immer treu ergeben. Und nun sieh mich an!«
    Sholoubwa antwortete, ohne zu zögern. »Ich brauchte ein technologisch hochstehendes Fluggerät. Dich jedoch benötigte ich nicht mehr.«
    Neuntau schwieg. Alaska entsetzte die Gefühlskälte, die von dem Konstrukteur ausstrahlte. Offenbar war ihm Dankbarkeit fremd.
    »Wir brauchen Antworten, Sholoubwa«, sagte der Maskenträger. »Was planst du? Du reißt ein ganzes Sonnensystem in den Untergang.«
    »Wie oft muss ich es noch sagen?«, fragte der Roboter. »Ich erschaffe den Freien Raum, und das tue ich, weil ich es muss.

Weitere Kostenlose Bücher