PR 2668 – Neuntau
Begleiter zu. »Kannst du uns notfalls hier herausbringen?«
Ein elektrostatisches Summen nahm immer mehr zu. Die Luft stank verschmort.
Genau wie während der Realitätsverschiebung, dachte der Terraner unbehaglich. Begann es erneut? Wurden sie wieder aus der normalen Wirklichkeit gerissen?
Schutzschirme flammten über den Sholoubwa-Einheiten auf. Wie bei einer Sonne jagten Protuberanzen aus den Schirmen, verästelten sich und tasteten zitternd umher. So verbanden sich viele der energetischen Felder zu einer gemeinsamen Kuppel, die auch die Dominosteine mit einschloss.
Die Roboter bewegten sich. Über den schwarzen Oberflächen der Positroniken knisterten Impulse aus strahlendem Licht. Kleine Blitze tanzten auf ihnen und zuckten in die Höhe, teils in die Modelle des Konstrukteurs.
Gleichzeitig kehrten die Schwingungen zurück.
»Es geht wieder los«, stellte Eroin Blitzer nüchtern fest. »Wir müssen ...«
Den Rest hörte Saedelaere nicht mehr. Das allgegenwärtige Summen riss jeden anderen Laut hinweg. In seinen Ohren dröhnte es, der SERUN schien ausgefallen zu sein, filterte keinerlei Außengeräusche mehr heraus. Der Maskenträger kam nicht einmal dazu, die Funktionen des Schutzanzugs zu überprüfen.
Die Umgebung verschwand vor dem Terraner, aber nicht plötzlich, sondern langsam. Die Schwingungen hämmerten immer stärker gegen seinen Körper, bis es sich anfühlte, als würde ihn jemand mit Tritten und Schlägen traktieren.
Vor Alaskas Augen zerplatzten blutige Kreise. Er blinzelte. Die Welt tauchte sich in einen Schleier aus Tränen oder Nebelschwaden. Jede Schwingung hallte wie ein Donnerschlag. Irrten spinnenbeinige Roboter vor ihm umher? War tatsächlich kurz ein Zwergandroide im Griff eines der Metallskelette zu sehen? Oder bildete er es sich nur ein?
Er wusste es nicht mit Gewissheit zu sagen. Jede seiner Zellen schien im Gleichtakt zu pulsieren. Energieentladungen peitschten als Bänder aus strahlendem Licht zwischen den schwarzen Positroniken umher; Saedelaere erahnte sie nur, trotz der gleißenden Helligkeit.
Der Terraner wankte los, getrieben von Schmerzen durch die ständigen Schläge, und er prallte gegen ein spinnenbeiniges Etwas, das ihn von sich stieß.
Eine Lichtbahn raste heran, traf den Roboter und entstofflichte ihn. Einen Augenblick noch ruderten zwei dürre Metallbeine in der Luft, dann waren auch sie verschwunden.
Und Alaska Saedelaere ...
*
... fand sich ein zweites Mal in einem anderen Kontinuum wieder, in einer verschobenen Realität.
Erneut ankerte ihn sein Zellaktivator ebenso wie das Cappinfragment und vermutlich auch der Escaran. Wie vor Kurzem löste sich sein Körper auf und bildete dennoch in den ersten Augenblicken eine Heimat für sein Bewusstsein.
Doch diesmal war es anders. Alaska Saedelaere vermochte nicht zu sagen, woran es lag. Ob sein Verstand wohl bereits in gewissem Maße an die verfremdenden Effekte gewöhnt war? Oder fiel das Maß der Verschiebung geringer aus?
Im nächsten Moment kippte alles.
Er sah plötzlich aus einer eigenartigen Perspektive heraus, als wäre er kein Mensch, sondern als atme er die Natur des gesamten Planeten, als hätte er eine Unzahl Augen an den unterschiedlichsten Stellen. Eindrücke von tausend und mehr Orten zugleich strömten auf ihn ein.
Eine verwirrende Vielzahl von Bildern überflutete seinen Geist, alles schob sich ineinander und vermischte sich auf bizarre Weise. Ebnete da nicht eine der Maschinen Land ein, das unberührt blieb? Und lag da nicht Eroin Blitzer zuckend auf dem Boden, im Meer, in der Luft und in einem der verkrüppelten Bäume? Einer der roten Affen schaute ihn an, und er teilte diesen Blick auf sich selbst.
Alaska verstand, dass er durch die Augen vieler Lebewesen dieses Planeten sah. Er wollte sich aus ihnen lösen, aber es gelang nicht. Stattdessen erkannte er die Ebene unter dem energetischen Schirm plötzlich auf andere Weise.
Er begriff sie.
Der gesamte Komplex bildete nichts anderes als ein neuronales Netzwerk künstlicher Natur. Jede einzelne Dominostein-Positronik stellte einen Knotenpunkt dar in diesem ... technischen Gehirn von unfassbarem Ausmaß. Auch die Sholoubwa-Modelle verbanden sich damit, gewissermaßen als Außenstellen, die mit der fassbaren Wirklichkeit Kontakt hielten. Und alles zielte wiederum auf einen gemeinsamen Punkt, ein Zentrum, das nichts anderes sein konnte als der Konstrukteur selbst.
Doch wo befand sich Sholoubwa?
Für eine flüchtige Sekunde glaubte
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