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PR 2723 – Nur 62 Stunden

PR 2723 – Nur 62 Stunden

Titel: PR 2723 – Nur 62 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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sich auf Kurs bringen. Die Positronik projizierte ihm ein strategisches Bild ins Visier. Er sah unzählige gelbe Punkte, die aus allen Himmelsrichtungen auf den Friedhof von Eyüp zugerast kamen. Manche waren allein unterwegs, andere bewegten sich im Pulk.
    Caraner schloss zu ihm auf. Der Arkonide sagte kein Wort, zeigte aber grimmige Entschlossenheit. Mit viel geübten Handgriffen bereitete er sich auf den Einsatz vor.
    Sie wurden unsichtbar. Die Deflektoren verbargen sie vor den Augen der Tefroder. Es war kaum anzunehmen, dass die beiden Flüchtigen noch über eine ausreichend gute technische Ausrüstung verfügten, um sie zu enttarnen.
    Landen. Orientieren. Warten, bis alle Leute auf Position waren. Mehr als hundert Einsatzkräfte bezogen rings um den Friedhof Stellung.
    Das Vorgehen war mehrfach durchbesprochen. Ein Techniker sandte Spionsonden aus, das Zielgebiet wurde ausgekundschaftet. Es waren keine Alleingänge erlaubt, über die Profilierungsneurosen einzelner Gruppenmitglieder war ebenfalls im Vorfeld gesprochen worden.
    »Kontakt!«, sagte der Funk- und Ortungsspezialist. Er redete leise, obwohl dies im Schutz ihrer Einsatzanzüge nicht notwendig war.
    Gucky erhielt wackelige Bilder zugesandt. Die Qualität verbesserte sich rasch. Die Spionsonden hatten die beiden Zielpersonen erfasst und würden sie so schnell nicht mehr verlieren.
    »Vergrößern!«, befahl er. »Ich möchte die Gesichter sehen.«
    Gestochen scharfe Aufnahmen zeigten einen etwas dicklich wirkenden Mann und einen Jungen mit verhärmten Gesichtszügen. Doch es war gar nicht mehr notwendig für ihn, die beiden zu identifizieren.
    In diesem Moment sprachen seine telepathischen Fähigkeiten an. Er war in dem erwachsenen Mann »drin«. Er war derselbe wie jener, der ihn zum Hotel Ottoman geführt hatte.
    »Sie sind es!«, sagte er. »Wir haben sie.«
     
    *
     
    Gucky fühlte Wut und den Wunsch nach Rache. Es waren dunkle, böse Ideen in seinem Kopf, so viele, dass er kaum einen klaren Gedanken zu fassen vermochte.
    Er musste immer wieder an Ronald Tekeners Tod denken. Wie er von diesem merkwürdigen Kind geschlagen, malträtiert, buchstäblich auseinandergenommen worden war. Die Bilder ließen sich nicht vertreiben, sosehr er sich auch bemühte.
    Sie bezogen Stellung. Frei schwebend, etwa fünfzig Meter über den beiden Verdächtigen, natürlich im Schutz der Deflektoren. Der SERUN stellte die mehr als dreißig Leute der vordersten Einsatzgruppe auf einer Übersichtskarte wie Glühwürmchen dar, die sich unruhig hin und her bewegten, manchmal die Positionen wechselten und dann wieder für eine Weile ruhig blieben.
    Die beiden Tefroder hatten Deckung im hintersten Winkel des Friedhofs gesucht, wo keine Gräber angelegt waren und die ohnehin schwache Beleuchtung kaum hinreichte. Sie hatten hinter einer Baumreihe Deckung gefunden und sich aus achtlos abgelegten Holzbrettern eine Art Verschlag gebastelt, in dessen Schutz sie saßen.
    Sie wirkten überspannt und gereizt. Das Kind redete auf den Erwachsenen ein, als hätten die beiden die Rollen getauscht. Die Richtmikrofonfelder erfassten die Unterhaltung nicht. Die Geräte waren wie die Spionsonden in einer Entfernung von mehreren Dutzend Metern positioniert worden. Die Ausrüstung der Tefroder war bescheiden, umfasste aber schalldämmende Schutzfelder und Abwehrsysteme, die bei weiterer Annäherung der terranischen Gerätschaften Alarm auslösen würden.
    »Wir sollten zugreifen«, sagte Caraner, »und zwar jetzt!«
    »Wir warten.« Gucky beobachtete konzentriert. Ihre Gegner hockten nahe beieinander. Die Unterhaltung verlief hitzig, die beiden stritten sich. Wenn alles so lief, wie er es sich vorstellte, würde der Zugriff in wenigen Sekunden oder Minuten leicht vonstattengehen.
    »Macht schon!«, murmelte der Mausbiber. »Ihr seid nervös, wisst nicht mehr weiter. Das erzeugt Spannung, immer mehr, so lange, bis ihr euch nicht mehr sehen könnt.«
    Gucky war, als könnte er die Dramaturgie des Geschehens erahnen oder gar steuern. Der Sohn überfuhr den Vater, beide erhoben sich, stritten, warfen einander wohl unflätige Bemerkungen an den Kopf.
    Der Rollentausch der beiden Tefroder war Gucky ein Rätsel. Es gab gewiss einen Grund dafür. Womöglich hatte der Kindsoldat lernen müssen, sich durchzusetzen. Wer wusste schon, wie seine frühen Jahre ausgesehen hatten – und ob er jemals die Chance gehabt hatte, Kind zu sein?
    Es kam, wie Gucky es gewünscht hatte. Die Tefroder drehten sich

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