PR Andromeda 04 - Die Sternenhorcher
dem Hafengelände benutzt.
Wie alle Mauern war auch diese doppeldeutig, janusköpfig. Wo drinnen und wo draußen war, hing davon ab, wer wann was darüber dachte.
Die Profitler hatten es damals sicher so gesehen, dass die Mauer den eigenen, hart erarbeiteten Besitz vor dem Zugriff derjenigen draußen schützte, die auf einem Raumhafen nichts zu suchen hatten: Kriminelle Elemente, Bettler, Vertreter, Touristen ohne Geld. Die Mauer hatte den hässlichen Teil der Welt draußen gehalten, der einen daran hinderte, seine so genannte Frei-Zeit, seinen so genannten wohlverdienten Ruhe-Stand zu genießen.
Aus heutiger Sicht hielt die Mauer ein großes, gefährliches, verseuchtes Gelände draußen. Baustoffe, Pestizide, Herbizide, Fungizide, Farben, Lacke, Dämmstoffe, Schmierstoffe, Säuren, Reiniger, Schleifmittel, Kühlflüssigkeiten, Flüssigkeiten aus Druckabsorbern, strahlende Reaktoren: das Erbe der Altvorderen.
Andererseits schloss die Mauer den alten Hafen auch ein, mitsamt den Schiffen, die irgendwann kommen mochten, den Profitlern, die in diesen Schiffen reisten, und den Welten, von denen sie stammten. Sie schloss den Kosmos ein und sparte Thirdal aus, ließ es draußen, in Freiheit.
Mit den Augen des achtjährigen Martan Yaige betrachtet, schloss die Mauer jedoch Thirdal ein: Der ganze Planet war darin eingesperrt, abgeschnitten von anderen Welten und anderen Wesen, in Quarantäne.
Wann hatte er diese Gedankenscheide überschritten und war plötzlich froh gewesen über die Mauer? Martan wusste es nicht mehr. Irgendwann hatte er jedenfalls nicht mehr davon geträumt, in einem silberglänzenden Geschoss durch das All zu rasen und arme, ausgebeutete Völker zu befreien, in der einen Hand eine Strahlerpistole, in der anderen ein Schwert.
Wie Pyro Dana, der Töter. Der einst die alten Meisterdrachen erschlagen und mit den Sonnentoren jongliert hatte. Dem einst ein mächtiges Wesen ein Herz geschenkt hatte, das niemals einen Schlag mehr tat. Der mehr Völker und Städte und Welten gesehen hatte als sonst ein Wesen.
Perry Rhodan.
Martan packte den Vorschlaghammer dichter am Kopf und kletterte über die alte Mauer. Der Hohlweg führte noch ein paar Dutzend Schritte weiter, dann endete er. Durch einen Vorhang von Weidenruten und Windenranken trat Martan ins Sonnenlicht hinaus.
Außer Grün unter einem strahlend blauen Himmel war nichts zu sehen. Von hier aus schien der Raumhafen völlig überwuchert zu sein. Martan folgte einem schon wieder von ersten Kräutern besiedelten Trampelpfad auf der Hafenseite der Mauer. Hier kam er gut voran, denn hier hatte sich frühzeitig Wald bilden können, sodass die Dornenhecken, die den Bäumen vorauszugehen pflegten, sich längst wieder zurückgezogen hatten.
Dann waren zwischen den Bäumen zerfallende Flachbauten zu sehen. Martan kämpfte sich nicht quer durch das Dickicht, sondern folgte dem schmalen Trampelpfad, der bald abbog und zwischen die Ruinen führte. Er sprang auf eine alte Rampe und wischte im Weitergehen ein paar Spinnenfäden aus seinem Gesicht. In einem lichtdurchfluteten Winkel der Ruine führten die Reste einer Treppe nach oben.
Von dort aus konnte Martan das Hafengelände überblicken. Flachbauten und Hangars bröckelten langsam vor sich hin. An manchen Stellen ragten die rostigen Silhouetten pfeilförmiger Raumyachten und einiger Kräne empor. An anderen lagen die ausgeweideten, halb überwucherten Skelette bauchigerer, runderer Konstruktionen herum, fast vollständig vom Third umwuchert. Eine riesige Freifläche war fast völlig unter langen, dornigen Beerenranken verschwunden: das Landefeld. Schwarz und rot prangten die Beeren zwischen den grünen Blättern, die weiter hinten wie staubiger Samt aussahen. Insekten summten, zirpten, knarrten.
Aus einer gähnenden Fensteröffnung hinaus, dann das durchhängende Flachdach entlang, einen Baum hinunter und durch eine bauchhohe Wiese, in der kreuz und quer verrostete, verbogene Stuhlbeine zu wuchern schienen, so gelangte Martan zur ANGUARI.
Die goldene Yacht klemmte immer noch schief in der Gasse zwischen den beiden Gebäudemauern, in der Shevek und er sie damals mit Müh und Not gelandet hatten. Die runde Schnauze zeigte schräg nach oben, sodass er die unteren, silbern eingefassten Scheinwerfer sehen konnte, die weinroten Landekufen. Beide hingen in der Luft.
An der bröseligen Mauer war, ein Stück von der Yacht entfernt, ein großes, rundes Holzschild befestigt. Es trug eine geschnitzte Inschrift.
»Oh,
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