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PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull

PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull

Titel: PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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den Versuch auf, den Raum zu verlassen. Der einzige Weg nach draußen führte über den Transmitter, aber der ließ sich nicht aktivieren. Ein heftiger Tritt gegen die altertümlich wirkende Gitterkonstruktion des Transmitterkäfigs brachte auch kein Ergebnis.
    »Gut«, murmelte Bully im Selbstgespräch. »Ich gebe dir noch eine Chance, du Mistkasten, danach trete ich fester zu. Und wenn das nicht hilft, werde ich ernsthaft wütend. Dann mache ich es wie mein berühmter Vorfahr.«
    Weder gutes Zureden noch massive Tritte halfen. Reginald Bull begann einzusehen, daß er sich aus eigener Kraft nicht befreien konnte. Ihm blieb keine andere Wahl, als auf ein Wunder zu hoffen.
    Mit untergeschlagenen Beinen ließ er sich nieder. »Ich spiele nicht mehr mit. Hört ihr da draußen? Sitting Bull hat gesprochen.«
     
     
    Schweißüberströmt schreckte er hoch. Die Luft war schal, stickig und warm wie in einem Backofen. Schatten huschten durch die Dunkelheit. Vergeblich versuchte er, wenigstens einen der Schatten zu fixieren. Es fiel ihm schon schwer, die Augen offenzuhalten.
    Die Schatten narrten ihn. Geisterhafte Schemen, Reflexe auf der Netzhaut, nichts sonst. Er war immer noch allein. Seit zwei oder drei Tagen mindestens. Seine Knochen schmerzten, die Zunge klebte rauh und aufgequollen am Gaumen, und sobald er versuchte, mit sich selbst zu reden, brachte er nur ein heiseres Krächzen hervor.
    Von irgendwo erklang ein Rascheln.
    Stimmen?
    Vergeblich lauschte er in die Dunkelheit. Da war nur das Rauschen des Blutes in seinen Schläfen. Und das monotone Pochen unter der Schädeldecke, das ihn in den Wahnsinn treiben wollte.
    Halb zusammengerollt, die Arme unter den Kniekehlen verschlungen, lag er auf dem Steinboden. In Embryohaltung. Instinktiv, ohne es bewusst zu wollen. Er hatte schlecht geträumt, konnte sich aber nicht erinnern. Er wusste nur vage, daß er davongelaufen war, weiter und immer weiter, ohne innezuhalten. Irgendwann hatten ihn die Kräfte verlassen, er war zusammengebrochen ...
    ... und hochgeschreckt.
    Gierig atmete er ein — und fragte sich in dem Moment, ob er ersticken oder verdursten würde. Noch zögerte der Zellaktivator sein Sterben hinaus. Aber für wie lange? Die Folgen des Flüssigkeitsverlustes würden nicht ewig auf sich warten lassen. Nur das gräßliche Magenknurren konnte er ignorieren in der Hoffnung, einige Pfunde weniger auf die Waage zu bringen.
    Die Geräusche ringsum schienen lauter zu werden. Ein Rascheln in den Wänden, für das es keine Erklärung gab.
    Oder doch?
    »Mike?« Heiser stieß er den Namen hervor, begann keuchend zu husten. Sekundenlang fürchtete er, ersticken zu müssen, danach hatte er es endlich geschafft, sich auf die Knie aufzurichten. Der Hustenreiz ebbte sofort ab.
    Das eigene hastige Atmen übertönte alle Geräusche. Er wurde wieder ruhiger, schloss die Augen und lauschte; er schaffte es sogar, die Luft drei, vier Herzschläge lang anzuhalten.
    Dumpfe, knarrende Tone drangen von außen in sein Gefängnis. Das waren keine menschlichen Laute, vielmehr erinnerten sie ihn an rostige Türangeln. Über ihm begann ein rhythmisches Hämmern und Schaben — vor allem dieses Schaben jagte ihm einen Schauder den Rücken hinab. Es klang nicht, als setze jemand Werkzeuge ein, um die Steinwand zu durchbrechen; es klang, als wurde sich dieser Jemand langsam hindurchfressen.
    Steine polterten aus der Höhe herab. Ein erstickender Geruch nach Staub und Moder breitete sich aus.
    Die Brocken, die sich von der Decke lösten, wurden größer. Schwankend kam Bully vollends auf die Beine und wich bis an den Transmitterkäfig zurück. Jeder Atemzug wurde jetzt von unwiderstehlichem Hustenreiz begleitet.
    Der muffige Geruch, die groben Steinblöcke ... Reginald Bull fühlte sich, als wäre er lebend in einer altägyptischen Grabkammer eingesperrt gewesen. Sehr gut möglich, daß Grabräuber im Begriff waren, zu ihm vorzudringen. Wobei sie bestimmt nichts von ihm wußten.
    Eine fahle, flirrende Lichtbahn fiel aus der Höhe herab und entriß ein unregelmäßiges Stück der gegenüberliegenden Wand der Finsternis, kaum größer als eine menschliche Handfläche.
    Michael Rhodan hätte sich längst zu erkennen gegeben; Bully glaubte nicht daran, daß sein Patensohn erschienen war. Diese Hoffnung wäre ohnehin Selbstbetrug gewesen. Das Empfangsgerät konnte ebenso gut zehn wie zehntausend Lichtjahre von der Erde entfernt stehen. Vor allem hatte Mike keine Möglichkeit, seiner Spur zu folgen.

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