PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere
erloschen. Erst allmählich wurde Alaska bewusst, dass es für ihn möglicherweise keinen Rückweg gab.
Sein Blick wanderte über den Himmel. Die tief hängenden Wolken spiegelten den fernen Feuerschein. Hie und da rissen sie auf und gaben den Blick auf die Sterne frei. Alaska rechnete nicht damit, irgendein Sternbild wiederzuerkennen — schon einige tausend Lichtjahre von Terra entfernt, erfuhren alle Konstellationen starke Winkelverschiebungen. Ohne exakte Messungen blieb seine Position unbekannt. Sofern er sich überhaupt noch in der Milchstraße befand.
Er verstand selbst nicht, weshalb er derart leichtsinnig gehandelt hatte. Im HQ-Hanse würde man zwar ohne Schwierigkeiten nachvollziehen können, wohin er geflogen war, und den Gleiter zu finden durfte kein Problem sein. Sogar, dass er den Zeitbrunnen benutzt hatte, ließ sich feststellen, angefangen mit den hinterlassenen Wärmeabdrücken bis hin zu Partikelspuren von Haut und Kleidung. Er hatte den Boden ausgiebig abgetastet. Aber damit erschöpften sich die Möglichkeiten. Festzustellen, wohin der Zeitbrunnen ihn transportiert hatte, war schlicht unmöglich. Es standen nicht einmal Messmethoden zur Verfügung, die eine Aktivität des Zeitbrunnens erfassen konnten.
Alaska stieß ein kurzes, heiseres Lachen aus. Eigentlich war es mehr ein ärgerlicher Laut, doch im nächsten Moment platzte er heraus. Er musste verrückt gewesen sein. Alles hatte er erreicht, was ein Mensch erreichen konnte. Er gehörte zu den führenden Personen der Liga Freier Terraner, war trotz des Cappin-Fragments im Gesicht angesehen und geachtet — und hatte die Unsterblichkeit erhalten. Aber was tat er? hne zu überlegen, ging er ein Risiko ein, das nur im Fiasko enden konnte, also genau da, wo er vor Jahrhunderten begonnen hatte. Eine einsame Welt, fernab von allem Trubel und ohne eigenes Leben, danach hatte er sich vor langer Zeit gesehnt. Allein mit sich und der Schöpfung hatte er sein wollen ...
Längst war alles anders. Er hatte Freunde, die ihn mit seinen Fehlern und Schwächen akzeptierten, vor allem aber mit dem Organklumpen. Sie begafften ihn nicht, hielten ihn nicht für ein Monstrum, sondern gaben ihm das Gefühl, einfach er selbst zu sein. Nie hätte er geglaubt, dass das Leben nach dem Transmitterunfall noch derartige Überraschungen bereithalten würde. Nur manchmal vermisste er eine Frau an seiner Seite. In solchen Momenten brach die Erinnerung an Liv Andamans Tod in ihm auf. Das wollte er nie wieder erleben. Und ein weiblicher Roboter nach seinen Wünschen, der alle Perfektion in sich vereinte? Wegen einiger Momente trügerischer Gefühle hätte er sich selbst belügen müssen ...
Irgendwann, das hatte er immer gewusst, war alles zu Ende. Er hatte dem Schicksal ohnehin mehr Zeit abgerungen, als ihm zustand.
»Du bist verrückt, Alaska«, murmelte er. Von Kindheit an hatte er kämpfen müssen. Jetzt zu resignieren, hätte er sich nie verziehen.
Irgendetwas weckte seine Aufmerksamkeit. Ein fahler Schimmer brach zwischen auffasernden Wolken hindurch. Diese Welt hatte einen Mond, düster und pockennarbig und seltsam vertraut. Saedelaere kniff die Brauen zusammen und aktivierte die Aufzeichnungsfunktion seines Raumanzugs, aber im selben Moment schob sich eine neue Düsternis vor den milchigen Schein.
Endlich aktivierte er den Helmfunk. Nur ein hoher Störpegel wurde angezeigt und nichts, was sich auf Anhieb herausfiltern ließ.
Alaska seufzte ergeben. Während er den Feuer speienden Berg taxierte, über dessen Flanke sich die Lava allmählich verteilte, zeichnete er eine Endlosschleife auf: »Hier spricht Alaska Saedelaere, Angehöriger der Liga Freier Terraner. Wer immer mich hören kann, den bitte ich um Hilfe. Der Sender bleibt eingeschaltet, um eine Peilung zu ermöglichen.«
Keine Antwort.
Alaska begann sich zu fragen, ob womöglich einige tausend Kilometer entfernt andere Verhältnisse herrschten. Er musste die Nähe des Zeitbrunnens verlassen, um mehr herauszufinden. Vielleicht sah vieles schon anders aus, sobald die Nacht dem neuen Tag wich.
Ein Prasseln im Helmlautsprecher schreckte ihn auf. Das waren keine Störgeräusche mehr. Gutturale Laute formten sich zu Worten einer fremden Sprache. Noch reagierte der Translator nicht. Für eine folgerichtige Übersetzung benötigte das Gerät ein wenig mehr Text, um das unbekannte Idiom erschließen zu können.
Die Sendung endete so unvermittelt, wie sie begonnen hatte. Alaska antwortete nur noch auf dieser
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