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PR Lemuria 02 - Der Schläfer der Zeiten

PR Lemuria 02 - Der Schläfer der Zeiten

Titel: PR Lemuria 02 - Der Schläfer der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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schwarzen Lack getaucht. Bei Lichteinfall aus einer bestimmten Richtung und innerhalb enger Spektralabschnitte leuchtete das Weiß der Haut im Dunkel wie reiner Phosphor. Die Köpfe schienen im Vergleich zu den Körpern vergrößert, aber die Leukors schrieben diesen Umstand der gesteigerten, hoch entwickelten Parabegabung zu.
    Kalymel teilte Funkgeräte aus und half den Männern, sie an den Unterarmen festzuschnallen.
    »Bereit?«
    Sie nickten und drängten zum Ausgang. Kalymel deutete nach rechts. »Ihr habt es gehört. Zu den Fleischfarmen!«
    »Da sind sie vorbeigekommen.«
    »Es ist sinnlos, ihnen hinterher zu hetzen«, sagte Kalymel nach einem Dutzend Schritten. »So schnell wie möglich, aber verausgabt euch nicht.«
    »Verstanden, Tenoy.«
    Kalymel murmelte einen Fluch und begann zu ahnen, dass der Entschluss zur Landung weitere Zwischenfälle dieser Art provozieren würde. Die seltsame Flucht der Halbleukors war nur der erste. Er wusste es ganz deutlich: Wenn schon einen Tag nach der Durchsage des Naahk Geschosse aus elektromagnetischen Armbrüsten durch das Innere der Korridore und Hallen heulten, würden die folgenden Probleme schwerlich bedeutungsloser sein.
    Das Durchstreifen der verschiedenfarbigen Korridore, Kammern, Durchlässe, Rampen, Treppen und hydroponischen Anlagen half beim Sortieren von Gedanken. Auch Kalymel hatte die voraussichtlichen Folgen der Zäsur noch nicht vollständig durchdacht. Als er an einer Nische vorbeikam, aus der ihn ein Auge unter der Kapuze des Legendors anstarrte, holte er das nach.
    Die Bewohner seines Quadranten waren von den Ankündigungen des Sternensuchers abgelenkt worden. Die meisten hatten die Bedeutung der Kursänderung noch nicht bis zur letzten Konsequenz durchdacht. Die unmittelbare Gefahr bestand darin, dass die Unsichtbarkeit des Kolosses aufgehoben wurde. Die LEMCHA OVIR war schutzlos, konnte zufällig entdeckt werden, denn die Energieentfaltung des 40-tägigen Bremsvorganges würde auch im pseudoleeren Raum ungeheuerliche Aufmerksamkeit erregen. Spielend leicht war das Schiff zu orten.
    Wenn es demnächst im Orbit des Planeten kreiste, blieb es abermals deutlich sichtbar, leicht aufzufinden und ohne Schutz. Obwohl - und weil - Kalymels Vorstellungen vom Leben auf einem Planeten zwangsläufig theoretisch und daher einigermaßen phantastisch war, fühlte er sich nicht annähernd in der Lage, abzuschätzen, ob er und die rund Tausend seiner Schicksalsgefährten den Wechsel zwischen Stahlhülle und offenem Himmel, zwischen stürmisch bewegter Naturluft und dem sorgsam austarierten Kunstgleichgewicht an Bord körperlich und geistig überleben würden.
    Er holte tief Luft und verschob die innere Auseinandersetzung mit diesem existentiellen Problem auf später.
    Etwa hundert Meter weit trabten sie unter dem Licht von Solarlampen durch zwei Handbreit hohen, wispernden Sauerstoffrasen. Es roch intensiv nach den Nährflüssigkeiten, in denen die Zellverbände wuchsen, dann versperrte ein erstes, gelb und schwarz lackiertes Großschott das weitere Vordringen. Die Ziffern hinter dem sauberen Glas zeigten an, dass sich dieser Durchlass vor 16,5 Minuten geöffnet und geschlossen hatte.
    Ungeduldig wartete Kalymel, dass sich die drei Teile des Schotts nach oben und zur Seite zurückzogen. Er war sicher: Die Leistung des Fangfeldes war durch den Ausfall der drei zwar nicht beeinträchtigt, aber die Stabilisierung der Neutrinos und die paramentale Aufladung des Schutzschirms erreichten nicht ihre volle Kapazität. Die konzentrierte Paarvernichtung der Antineutrinos und der Neutrinos fehlte der dringend benötigten Bremsenergie des Schiffs.
    Die Notlage an Bord war seit zwei Jahrhunderten erkannt. Daher gab es zwischen dem Naahk, den Räten und den Lemcharoys keinen Streit. Die Gemeinschaft, auf ein Zehntel der ehemaligen Besatzung zusammengeschmolzen, arbeitete fast immer störungsfrei zusammen. Unantastbar waren die Reaktoren, Projektoren und alle Systeme, die im Kreisausschnitt für das Funktionieren des Fangfeldes sorgten.
    Das Schott war offen. Macaire sprang vor und schaltete die Beleuchtung ein. Der Fluchtweg führte schwerkraftaufwärts. Rechts und links flammten Energiesparlampen auf, und die Luft roch abgestanden, nach Rost und kalter Feuchtigkeit, nach »Schiffschweiß«. Nur vier Schotte zweigten vom nächsten Stück Korridor ab, aber keines war von den Halbleukors geöffnet worden.
    Hinter der nächsten Öffnung weitete sich ein hellgraugelber Verteilerschacht

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