PR Lemuria 02 - Der Schläfer der Zeiten
beschleunigte. Er befestigte den Scheinwerfer unter der rechten Schulter, befestigte ein Brecheisen mit Untersetzung und eine Energiesäge mit Klebeband an der Brust und robbte durch das Rohr. Eisige Kälte umgab Kalymel, aber er glaubte zu schwitzen, als er die Röhre vor dem Schott zu einem Materiallager verließ. Er kannte den Inhalt des Magazins: Metallplatten zur Reparatur der Außenhülle und entsprechendes Werkzeug.
Das Schott war vor einigen Jahren zugeschweißt und mit einem Streifen Ferrometall zusätzlich gesichert worden. Kalymel hatte die Klebeverbindung der länglichen Platte mit aggressiven Bakterien eingestrichen, die seit seinem vorletzten Eindringen die Adhäsion aufgelöst hatten. Mit einigem Kraftaufwand und darauf bedacht, keinen Lärm zu machen, hebelte Kalymel im Halbdunkel die Platte ab, schleppte sie zur Seite und lehnte sie vorsichtig an die Wand. Dann kontrollierte er die daumendicke Schweißnaht von der Decke bis zum Boden und löste die Ölflasche von der Hüfte.
Hinter dem Schott befand sich die Schleuse, durch die der Hauptladeraum zu betreten war. Kalymel kannte die Inspektionspläne. Er präparierte den oberen Teil der Naht mit dem Öl und trennte die wulstige Verbindung mit der langsam rotierenden und Gluthitze entwickelnden Sägescheibe. Es gab kaum Lärm, aber langsam bekam er ein ernsthaftes Zeitproblem. Hinter der aufgelösten Schweißnaht, deren Ränder ausglühten und rauchten, klaffte der Spalt der beiden Schotthälften.
»Hierher kommt niemand innerhalb der vierzig Tage«, murmelte er und schaltete die Säge ab. Der Lichtkegel des Scheinwerfers zeigte ihm, dass er die Hälfte der Schweißnaht aufgetrennt hatte; weiter zu machen wäre purer Leichtsinn gewesen. Er legte Ölflasche, Säge und Brechstange in den Winkel zwischen Boden und Wand und kroch durch die Röhre langsam zurück. So schnell und sorgfältig wie möglich verschraubte er die Metallplatte und spürte, als er die Stufen hinunterkletterte, wie ihn die Anspannung verließ. Die Finger und die Knie begannen zu zittern, und wilde Vermutungen suchten ihn heim.
Bei seinem nächsten Besuch würde er durch die Sichtflächen der Schleuse in den Laderaum hineinleuchten und zum ersten Mal sehen können, was sich darin verbarg. Als er weiterging, fiel ihm ein, dass er während der gesamten Zeit weder an sein eigenes Leben oder das Rasturis gedacht hatte, weder an den bevorstehenden Flug der Fähre noch an die Gefahr für das Schiff. Ihm schwindelte, er lehnte sich an die Wand und unterdrückte sein Zittern. Dann stieß er einen leisen Fluch aus und ging langsam weiter, als sei nichts geschehen.
Ein weiß-grün marmoriertes Schott öffnete sich vor ihm. Im gleichen Augenblick begannen die gelben Lichter zu blinken. Einen Herzschlag danach schnarrten und dröhnten die akustischen Signale des Alarms. Kalymel zuckte zusammen, riss sich den Anzug vom Körper und stemmte das Schott auf.
»Alarm? Beim Hüter! Was ist los?«
Während er in die Richtung der Wohnquartiere rannte, dachte er an Rasturi, an Risse in den Wänden des Ringschiffs oder an einen Irrtum des Kommandanten. Aber die Lautsprecher schwiegen. Als sich Kalymel den Quartieren näherte, hörte er Stimmengewirr, Schreie und metallisches Klirren.
»Loris ist verwundet! Überall Blut«, schrie jemand.
Eine andere Stimme dröhnte: »Wo sind die Tenoy? Nie da, wenn man sie braucht.«
»Hier bin ich!«, rief Kalymel und stob durch das Gras auf den rückwärtigen Teil der Wohnquartiere zu. »Was ist passiert?«
»Cada, Lumena und Amias sind weg!«
Kalymel blieb stehen, als sei er gegen eine Stahlplatte geprallt. Die Männer und die Frau waren Muties und litten seit zwei Monaten am Gebrest. Und sie waren in diesem Quadranten gegenwärtig die wichtigsten Neutrino-Para-Techniker; die Mutation und die Krankheit hatten ihre Paragabe um das Mehrfache verstärkt. Loris kam auf Kalymel zu, von Rasturi gestützt. Kopf, Schulter und Oberarm des Pflegers waren verwundet. Die Blutspritzer auf Rasturis Hemd trockneten bereits.
Das Gellen des Alarms riss ab, und ein Kommunikationsdisplay schaltete sich ein. Hinter Rasturi und Loris sammelten sich zwei
Dutzend Lemcharoys; Kranke, Muties und Gesunde.
»Der Reihe nach«, sagte Kalymel laut. »Die drei sind also weg. Was ist vorgefallen?«
»Sie haben Loris niedergeschlagen, als er ihnen Essen brachte und ihre Verbände wechseln wollten. Es war.«
»... es war, als wären sie plötzlich verrückt geworden. Sie sind
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