PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen
»Unsere Energiereserven gehen zu Ende«, sagte er leise. »Und wir haben das Wrackteil mit den funktionierenden ambientalen Systemen noch nicht erreicht.«
Der Ernst in Darhels Stimme beunruhigte Jorgal. Manchmal sprach er so zu ihm, als wäre auch sein Kopf schwer von Wissen, obwohl er sich ganz leicht anfühlte und viele leere Stellen enthielt. Mit der halb verkrüppelten rechten Hand deutete Darhel zum Fenster.
Jorgal blickte hinaus ins All und versuchte, im schwachen Licht der fernen roten Sonne Einzelheiten zu erkennen. Er sah kaum mehr als einige vage Schatten und Schemen.
»Memerek?«
Sie kehrte zurück und verharrte dicht neben ihm. Jorgal empfand ihre Nähe als sehr angenehm; ihre Präsenz berührte etwas in ihm, das berührt werden wollte.
»Du kannst dort draußen sicher mehr erkennen als ich. Wo ist das Fragment?«
Memerek blickte hinaus und schüttelte verwundert den Kopf. »Ich sehe es nicht. Ich...« Sie unterbrach sich, und Jorgal bemerkte es im gleichen Augenblick: Das Glühen der fernen roten Sonne verschwand.
»Die Schwärze dort draußen hat die Sonne verschluckt!«, brachte er erschrocken hervor.
»Das ist unmöglich«, erwiderte Darhel.
Jorgal fühlte einen sonderbaren Schmerz im Nacken, ein Stechen, das sich zwischen ihn und die restlichen Lieder der Kapsel schob. Das Wimmern der Jüngsten verstummte kurz, und dann schrien sie plötzlich - offenbar spürten auch sie den Schmerz.
Um Jorgal herum wurde es dunkel, und er befürchtete, dass ihm sein Körper erneut eine Ungewissheit bescherte, dass sich vielleicht seine Augen veränderten und sie vorübergehend ihr Sehvermögen verloren.
Doch dann sagte Memerek: »Es wird dunkel.«
»Selbst für dich?«, brachte Jorgal hervor. Er konnte gar nichts mehr sehen und fühlte, wie Darhel neben ihm zu Boden sank - um gleich darauf wieder aufzusteigen, als es plötzlich keine Kraft mehr gab, die nach unten zog. Die Jüngsten quiekten, als sie durch die Kapsel schwebten. Tarlira und Mindahon versuchten, sie zurückzuholen, aber dadurch verloren sie selbst den Halt.
»Es ist finster«, hauchte Memerek. »Zum ersten Mal ist es völlig finster für mich.«
Jorgal schlang die Arme um sie, und dann explodierte der Schmerz in seinem Nacken und zerfetzte die Gedanken des Maschinenflüsterers.
Memoriale Splitter
Dies war der Ort, an dem Erinnerungen Bilder malten und neues Leben bekamen, aufblühten wie Blumen in einem verwilderten Garten. Ein fast dreitausend Jahre langes Leben, das noch vor der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts der alten Zeitrechnung begonnen hatte... Drei Jahrtausende des Denkens, Fühlens und Handelns, dreitausend Jahre Verantwortung und Neugier, unstillbare Neugier, die ihn veranlasste, immer weiter vorzustoßen, mehr zu erforschen, sich neuen Gefahren zu stellen.
Perry Rhodans Selbst hing in einem zeitlosen Moment, allein in einer Welt, an deren Peripherie sich substanzlose Dinge bewegten und Vorbereitungen trafen, eine Verbindung herstellten. Und während sie an der Peripherie dieser Welt Aktivität entfalteten, die dem schwebenden Ich galten, öffneten sich seit Langem geschlossene Türen des Gedächtnisses und zeigten ihm in aller Deutlichkeit das Wunder der eigenen Existenz. Thora, voller Stolz und Selbstbewusstsein, seine erste Frau, eine Arkonidin... Wann hatte er zum letzten Mal an sie gedacht? Vor hundert Jahren? In seiner Erinnerung lebte sie weiter, ebenso wie die Plophoserin Mory Abro, wie Orana Sestore, Gesil und all die anderen Frauen, die in seinem langen Leben eine kleine oder große Rolle gespielt hatten, seine Söhne und Töchter, Freunde und Bekannte, Sterbliche, für kurze Zeit Begleiter auf seinem Weg. Sie lebten in seinem Gedächtnis weiter, doch starben sie, wenn er nicht an sie dachte? Die Dritte Macht, das Solare Imperium, Hanse und Liga, eine Vergangenheit, wie sie kaum reicher sein konnte, und es gab noch mehr, noch viel mehr, eine Zukunft mit Wundern ohne Grenzen. Ein kleiner Chip in seinem Körper, ein Geschenk der Superintelligenz ES, verlieh ihm relative Unsterblichkeit und machte ihn zu einem Wanderer durch die Zeiten. Der Körper... Er befand sich nicht an diesem Ort der Erinnerungen, wurde hier auch gar nicht gebraucht. Rhodan fragte sich kurz, ob Ernst Ellert auf diese Weise empfunden hatte, während er
völlig losgelöst vom Körperlichen durch Raum und Zeit gereist war.
Etwas veränderte sich am Rand der geistigen Welt, und Schatten näherten sich, erste Andeutungen von Bildern, die
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