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PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen

PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen

Titel: PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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könntest.«
    Deshan wollte darauf hinweisen, dass für die Rückkehr nach unten kein Verdienstsymbol notwendig war - die Zephalonkontrolle fand nur beim Transfer nach oben statt. Aber er verzichtete auf diesen Hinweis. Paronns Bitte bot ihm Gelegenheit, noch etwas mehr Zeit mit ihm zu verbringen und vielleicht mehr über ihn zu erfahren.
    Sie betraten eine Liftkabine, die sich wenige Sekunden später in Bewegung setzte und dem fernen Boden entgegen glitt. Auf der einen Seite bot ein großes Fenster Ausblick über die Stadt. Türme, Minarette und Kampanile ragten aus einer urbanen Landschaft, die vorwiegend weiß oder lohfarben war, in der es aber auch viele bunte Kleckser gab, die auf Individualität oder gar Exzentrizität hindeuteten - so etwas hatte im Großen Solidar durchaus seinen Platz. Fahrzeuge rollten über die breiten Straßen, nur noch wenige mit Verbrennungsmotoren ausgestattet. Die meisten bezogen ihre Betriebsenergie inzwischen aus leistungsstarken Batterien oder aus Wasserstoff-Reaktionszellen. Sie summten und surrten an Gebäuden vorbei, die hier den Regeln des Nützlichen und Funktionellen gehorchten, während sich dort mehr gestalterische und architektonische Fantasie zeigte: an Arenen erinnernde Rundbauten, die Tausenden von Großfamilien Platz boten, umgeben von weiten Parkanlagen; die Oktaeder der vielen kreativen Zentren, in denen neue Ideen täglich das Potenzial für die Zukunft vergrößerten; Distributionszentren und -zweigstellen, in denen die Konsumgüter des elementaren Bedarfs allen gratis zur Verfügung standen. Auch darin kam das Motto des Großen Solidars zum Ausdruck. Niemand sollte Not leiden und jeder Gelegenheit erhalten, an der Gestaltung der gemeinsamen Zukunft mitzuwirken. Für den Erwerb von Gütern, deren Produktion einen höheren Aufwand erforderte, oder den von Artikeln der Kategorie Luxus waren entsprechende Verdienstboni erforderlich. Das System funktionierte, solange die überwiegende Mehrheit tatsächlich dem Wohl der Gemeinschaft den Vorrang gab, aber Deshan Apian zweifelte nicht daran, dass das auch weiterhin der Fall sein würde. Die Konos-Erfahrung war Teil des psychologisch-kulturellen, wenn nicht gar des genetischen Erbes aller Bewohner von Lemuria. Der entsetzliche, endlose Kampf gegen die Präbios hatte sich in der lemurischen Seele niedergeschlagen und das Prinzip des Überlebens der Spezies an die erste Stelle aller Bemühungen gesetzt.
    Der Turm der Wahrheit, höchstes und eindrucksvollstes Bauwerk in der Stadt, stand am Rand des Inneren Distrikts, an der äußeren Verdienstschwelle. Deshan Apian tastete unwillkürlich nach dem Schlüssel an seiner Halskette und stellte sich vor, den Turm ganz
    allein zu durchstreifen. Morgen. Oder vielleicht noch heute Abend.
    »Ist es nicht erstaunlich, wie viel wir in den letzten Jahrzehnten erreicht haben?«, fragte Deshan. »In wenigen Tagen werden Menschen zum ersten Mal einen anderen Himmelskörper betreten!« Er sah Levian Paronn an, der ein wenig verwirrt wirkte und über die Stadt hinwegsah. »Für welchen Teil des Raumfahrtprogramms arbeitest du?«
    »Was?« Paronn schien sich wieder daran zu erinnern, dass er nicht allein war. »Für die... Entwicklung.«
    »Vielleicht kann ich einmal darüber berichten.«
    Daraufhin drehte Levian Paronn den Kopf und bedachte den jungen Chronisten mit einem sehr intensiven Blick. »Ja«, sagte er langsam. »Ja, das wäre durchaus möglich.«
    Der Lift hielt an, und im gleichen Moment wurde der Aufzugzephalon aktiv. »Der Person ohne Verdienstsymbol ist es nicht gestattet, mit diesem Lift zur Observationsplattform zu fahren«, erklang eine aufgezeichnete Mitteilung.
    Die Tür öffnete sich vor einer wartenden Menge in der Eingangshalle des Turms, bestehend aus Personen mit geringeren Verdienst-boni als jene, die den Start der Mondmission beobachtet hatten. Erstaunlicherweise schien Levian Paronn nicht zu wissen, wohin er seine Schritte lenken sollte, und deshalb griff Deshan nach seinem Arm und führte ihn zur Seite, dem lateralen Ausgang entgegen.
    Draußen herrschte dichter, aber geordneter Verkehr, auf den Straßen ebenso wie in den Fußgängern vorbehaltenen Bereichen.
    Levian Paronn blickte sich staunend um, fast so, als sähe er Marroar zum ersten Mal. Er atmete tief durch, so wie nach Deshans Frage, ob er sich bei dem Sturz verletzt hatte, aber diesmal klang es nicht erleichtert, eher melancholisch. »Ich muss jetzt gehen«, sagte er.
    Der Chronist in Deshan spürte, dass

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