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PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen

PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen

Titel: PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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dT (51860 v, Chr.)
     
    »Mit dem heutigen Tag wird sich Lemurs Geschichte für immer verändern«, sagte Mira.
    »Wieso bist du da so sicher?«, erwiderte Deshan, rutschte auf seinem Sitz zur Seite und suchte nach einer bequemeren Position. Das Schaukeln des Bootes bewirkte stechenden Rückenschmerz. Ich werde allmählich alt, dachte der Chronist nicht ohne eine gewisse Selbstironie.
    »Es wird zu einem Bruch kommen.« Der Wind spielte mit Miras Haar, das sie noch immer so lang trug wie in ihrer Jugend, obgleich es seinen Glanz eingebüßt hatte. »Das Koordinierende Konzil muss eine Entscheidung treffen. Es wird nicht zulassen, dass die Sternen-sucher das ganze Raumfahrtprogramm übernehmen.«
    »Das wollen sie auch gar nicht, soweit ich weiß.«
    »Durch Levian Paronns Zusammenarbeit mit ihnen geht die Entwicklung in diese Richtung. Das ist Gephelos und den anderen Solidartamanen klar geworden. Und deshalb haben sie uns - beziehungsweise sie - zu sich bestellt.« Mit sie meinte Mira Levian Paronn und den greisenhaften Mepha Hatan, die weiter vorn saßen, begleitet von einigen Sekretären und Bediensteten, die den beiden Repräsentanten des Raumfahrtsolidars immer wieder mobile Zephalone und Unterlagen reichten. »Sieh sie dir an. Sie wissen, dass heute über ihre Zukunft entschieden wird.«
    »Aber warum befürchtest du deshalb einen Bruch in der lemuri-schen Gesellschaft?«, fragte Deshan, obwohl er zu verstehen begann.
    »Weil Levian Paronn nicht aufgeben wird, was auch immer heute geschieht. So etwas sähe ihm gar nicht ähnlich. Wenn er die Leitung von Impetus verliert... Ich glaube, dann wird er sich offen zu den Sternensuchern bekennen und seine ganze Kraft ihrem Projekt Exodus widmen. Und dann haben wir, durch die Beteiligung der sieben Solidartamanen des Konzils, ganz offiziell eine Teilung bei Wirtschaft und Gesellschaft.«
    Mira Lemroth, Mutter von elf Kindern, knapp sechzig Jahre alt und damit nur wenige Jahre jünger als Deshan... Ihre Schönheit war verblasst wie die einer Blume, die lange geblüht hatte, aber das Licht ihrer Intelligenz strahlte so hell wie immer. Deshan begriff, was sie meinte. Wenn sich die Dinge so entwickelten, wie sie glaubte, zogen die Lemurer bald nicht mehr an einem Strang, sondern an zwei verschiedenen. Und so etwas konnte nicht ohne langfristige Folgen bleiben.
    Deshan sah zur Insel im breiten Strom und erkannte plötzlich das Symbolische dieses Ortes: So wie der Fluss Omrat die Stadt Pataah in eine Nord- und eine Südhälfte teilte, so würden die Ereignisse auf der Insel die lemurische Gesellschaft teilen. Die Insel war nicht sehr groß und trug nur ein einzelnes Gebäude: den weißen Kegel des Absoluten Verdiensts von Lemuria. Dort tagte das Koordinierende Konzil; dort berieten und entschieden die sieben Solidartamanen, zum Wohle aller Lemurer.
    Aber was ist das Wohl aller Lemurer?, dachte Deshan, und allein der Umstand, dass er sich diese Frage stellte, deutete auf den Wandel hin, zu dem es bereits in der lemurischen Gesellschaft gekommen war.
    Kurze Zeit später erreichte das Boot die Insel und legte an. Die Sekretäre und Bediensteten gingen als Erste an Land, und einige von ihnen eilten voraus, um Vorbereitungen zu treffen. Mira und Deshan traten übers schwankende Deck das neuen Schmerz durch den Rücken des Chronisten kriechen ließ. Er beobachtete, wie Levian Paronn dem alten Mepha Hatan auf den Landesteg half und dort stützte sich der Dirigent des Raumfahrtsolidars schwer auf einen Gehstock. Vielleicht brauche ich auch bald einen, dachte Deshan, verließ das Boot und griff nach Miras Hand, um ihr auf den Steg zu helfen.
    Es war nicht weit bis zum Gebäude des Absoluten Verdienstes, in dem sie nach der schwülen Wärme im tropischen Garten angenehme Kühle empfing. Ein kurzer Flur führte zum zentralen Saal, und dem Chronisten fiel sofort der bunte Boden auf. Zehntausende von kleinen farbigen Steinen bildeten ein komplexes Mosaik, das den unvorbereiteten Beobachter zuerst erschreckte, denn es zeigte grässliche Gestalten, Ungeheuer aus der Vergangenheit, im Kampf gegen Menschen, die sich erbittert zur Wehr setzten: das Konos-Grauen. Die Bilder sollten sowohl die sieben Solidartamanen als auch Besucher daran erinnern, was Lemuria hinter sich hatte.
    Überleben, dachte Deshan und entsann sich daran, dieses Wort von zwei Männern gehört zu haben, die er für ein und dieselbe Person gehalten hatte. Wir müssen überleben. Und in diesem Bestreben bleiben wir eins,

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