PR NEO 0052 – Eine Handvoll Ewigkeit
dir einen Vorwurf. Die Tumulte wurden selbstverständlich weder aufgezeichnet noch gesendet. Die Öffentlichkeit wird niemals davon erfahren.«
»Das ändert nichts daran, dass sie geschehen sind. Ich habe an einigen der festgenommenen Rädelsführer Exempel statuieren lassen. Und die wurden aufgezeichnet und gesendet!«
»Davon bin ich überzeugt.« Die Arkonidin verzog die vollen Lippen zu einem Lächeln. Zufrieden nahm sie das kurze Aufblitzen in da Leghats Augen wahr.
Ich könnte dich noch immer jederzeit um den Verstand bringen, dachte die Rudergängerin.
»Kann ich sonst noch etwas für dich tun?«, fragte der Offizier.
»Nein. Das ist für den Moment alles. Der Zug startet in ungefähr einer Stunde. Falls es Probleme geben sollte, möchte ich umgehend informiert werden.«
»Es wird keine Probleme geben.«
Ihin da Achran nickte nur und beendete die Verbindung mit einer Handbewegung. Versonnen blickte sie auf eines der großen Panoramaholos, das die dunkle Silhouette Ghewanals zeigte. Man hatte den Raumhafen der Insel aus Platzgründen ausgegliedert und auf einer Reihe von schwimmenden, am Meeresboden verankerten Platten errichtet. Das bot den Vorteil, dass man ihn jederzeit und mit überschaubarem Aufwand erweitern konnte, etwas, das mit Beginn der groß angelegten Mobilmachung früher oder später nötig werden würde.
Eine weitere Geste sorgte dafür, dass sich ein schwach flimmerndes Isolationsfeld wie eine Glocke über ihren Arbeitsplatz legte und sie von der Außenwelt abschottete. Das allgegenwärtige Flüstern und Murmeln, das die in der Zentrale des Flaggschiffs anwesenden Besatzungsmitglieder erzeugten und das man irgendwann nicht mehr bewusst wahrnahm, verstummte.
Die Rudergängerin kontrollierte das Protokoll ihres Privatkanals, der nur einer ausgesuchten Zahl von Personen bekannt war, und aktivierte dann den verschlüsselten Datenstrom. Wenn Ihin da Achran in ihrer langen Karriere etwas gelernt hatte, war das die Tatsache, dass wahre Macht stets auf einem Fundament von Informationen ruhte. Wer mehr wusste als alle anderen, war immer im Vorteil. Informationen – und vor allem intime Informationen – waren die Währung, mit der in der Welt der Reichen und Schönen bezahlt wurde. An diese heranzukommen erforderte zwar immer wieder großes Geschick und barg ein nicht geringes Risiko, doch der Gewinn, den man dabei erzielen konnte, war immens.
Ohne eine äußere Gemütsbewegung betrachtete sie die gestochen scharfen Bilder. Der Umstand, dass sie etwas Verbotenes tat, versetzte sie dabei in einen solchen Zustand der Erregung, in den sie ein Mann schon lange nicht mehr gebracht hatte. Während ihrer Zeit am Hof des Imperators hatte sie sowohl die Höhen als auch die Tiefen eines Lebens als Kurtisane kennengelernt. Selbst die Erinnerungen an die wenigen Liebhaber, die in der Lage gewesen waren, sie wirklich in Ekstase zu versetzen, verblassten jedoch gegenüber dem berauschenden Gefühl, das sich beim Betrachten dieser Aufnahmen einstellte. Sie beobachtete etwas, das außer ihr vermutlich noch nie jemand gesehen hatte – und wenn man sie dabei erwischte, war ihr Leben verwirkt.
Ihin da Achran hatte das Mädchen bereits vor vielen Monaten in das persönliche Umfeld des Herrschers eingeschleust, was alles andere als einfach gewesen war. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse nahmen sich bislang leider eher spärlich aus. Sie hatte weder etwas über das Schicksal des spurlos verschwundenen Imperators erfahren noch ob die Gefahr durch die Methans tatsächlich existierte und nicht nur ein gewaltiges Täuschungsmanöver des Herrschers war – zu welchem Zweck auch immer.
Da Achrans Aufmerksamkeit blieb an dem Talisman hängen, einem schäbig und abgenutzt wirkenden Schmuckstück, das der Regent an einer dünnen Kette um den Hals trug und das er selbst dann nicht ablegte, wenn er sich dem Rausch der Sinne ergab. Sie hatte schon oft darüber gegrübelt, welche Bedeutung es wohl für den Regenten besaß.
Fünf Minuten später unterbrach Ihin da Achran den Datenstrom und schaltete das Isolationsfeld ab. Sofort machte sich Nertan da Hindur bemerkbar. Ihr Adjutant hatte anscheinend die stündlichen Statusmeldungen des Trosses ausgewertet.
»Einige der kürzlich für den Tross rekrutierten Schiffe verlangen eine sofortige Freigabe, Herrin«, berichtete da Hindur. »Ein Frachter der Mehandor hat angeblich mehrere Tonnen Schwarznüsse an Bord, die in wenigen Tagen verdorben sind. Der dadurch drohende
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