PR NEO 0056 – Suchkommando Rhodan
Ärztin aus Benin, der dunkelhäutige Techniker aus Brasilien und der tätowierte koreanische Küchenchef. Zwischendrin immer wieder Naats, jene fremdartigen Riesen, die bedrohlich wirkten, aber auch sanftmütig waren. Aber das lernte man nur, wenn man sich länger mit ihnen beschäftigte.
Caine mischte sich unter sie, war zu jedem freundlich; nicht aufdringlich, aber höflich, nicht laut, aber aufsehenerregend. Und so kam es, dass er schnell Bekanntschaften schloss. Keine Freundschaften, dafür liebte er die Distanz zu den Menschen in der Rückbezogenheit seiner Kabine. Er brauchte die Stunden allein mit Gott, um Kraft zu tanken, um zu beten, um zu lesen, Musik zu hören oder über die Fragen nachzudenken, die ihm der Weltraum jeden Tag stellte.
Es waren seit Anbeginn der Schöpfung immer dieselben Fragen: Wer sind wir? Warum sind wir hier? Was kommt nach dem Tod?
Und wie Priester in den zwanzig Jahrhunderten vor ihm hatte er Antworten, die er gab, wenn man ihn fragte. Aber er hatte gelernt, dass es oft nicht darum ging, die letzten Fragen zu berühren. Viele Menschen brauchten nur einen Händedruck, ein freundliches Wort oder einfach Gesellschaft. Menschen, die auf der Erde einsam waren, waren vielleicht zu großartigen Leistungen auf ihrem Fachgebiet in der Lage, aber sie blieben immer noch einsam. Es gelang ihm immer wieder, diese Einsamkeit zu lindern.
Zu seiner Überraschung hatte er feststellen dürfen, dass diese Gabe nicht nur bei Menschen funktionierte. So freute es ihn immer, wenn einer der Naats mit ihm sprach. Diese Giganten waren feinfühlige Wesen. Sie unterhielten sich nicht mit ihm über ihre eigene Religion. Aber sie fragten ihn Dinge über die Erde. Warum es dort so viele unterschiedliche Glaubensrichtungen gab, die sich gegenseitig bekämpften und deren Lehren sich widersprachen. Warum Menschen sich Christen nannten, aber auf Nachfrage mitteilten, dass sie natürlich keine Anglikaner, Katholiken, Protestanten, Mormonen waren, sondern natürlich Neuapostolen und damit näher an der Wahrheit als jeder andere, der sich ebenfalls als Christ bezeichnete.
Was die vielen Symbole seien, die die Menschen trugen. War der Ohrstecher in Form eines Salamanders ein Zeichen einer seltenen Religion? Was bedeutete der stilisierte Hammer um den Hals eines Norwegers, was Caines silberner Kreuzanhänger, was das tätowierte Fünfeck auf dem Oberarm der jungen Krankenschwester, was der rote Punkt auf der Stirn des dunkelhäutigen Mannes?
Und: War sein Messias auch für die Naats gestorben?
Caine wusste oft keine Antworten auf diese Fragen. Aber er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, die Fragen auf kleine, virtuelle Zettel zu notieren, die er nach und nach abarbeitete. Und wenn er eine Antwort hatte, suchte er den Fragesteller wieder auf und fragte, ob er daran interessiert sei zu erfahren, was sein Nachdenken ergeben hatte. Wenn sie immer noch Interesse an ihren Fragen hatten, führte dies oft zu stundenlangen Gesprächen.
Sein liebster Gesprächspartner war in den letzten Tagen ein Naat namens Jeethar. Dieser trug im Gegensatz zu den anderen Naats an Bord keine Uniform, sondern etwas, in dem er so aussah, als hätte er einen kalifornischen Surfer mit Übergewicht und Übergröße ausgeraubt, um jetzt dessen Hawaiihemd zu tragen. Dazu trug Jeethar weite Hosen, in deren Taschen elektronische Bauteile versteckt waren. Aber das Befremdlichste war die silberne Kugel namens Quatik, die wie ein Haustier auf seiner Schulter saß. Nein, das stimmt nicht. Quatik ist kein Papagei, obwohl das zu dem Hemd gepasst hätte. Eher schwebte die Kugel über Jeethars Schulter wie ein externes Auge, das manchmal wie ein Satellit auf der Bahn eines Heiligenscheines über seinem Kopf kreiste, manchmal auch bewegungslos über einer Schulter verharrte, um dann ohne erkennbaren Grund in hektische Aktivität zu verfallen.
Caine gestand sich ein, dass er den Speiseraum absichtlich zu den Zeiten aufsuchte, in denen Jeethar normalerweise Pause machte. Eine lässliche Sünde, beschied er sich selbst. An diesem Tag hatte er Glück – Jeethar bahnte sich gerade mit einem gefüllten Tablett in der Hand den Weg zu Caines Tisch. »Ist hier noch frei?«
Caine deutete auf die drei freien Plätze an seinem Tisch. Menschen suchten normalerweise die Gesellschaft anderer Menschen. Caine war einer der wenigen, die gerne mit Naats gemeinsam aßen.
Jeethar nahm umständlich Platz. Dann platzierte er sein Tablett vor sich, ohne das Essen
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