PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium
Mathematiker Kurt Gödel schon 1949 demonstriert, als er wie Einstein in Princeton forschte. Er fand eine wahrhaft universelle Zeitmaschine: Gleichungen, die ein rotierendes, geschlossenes, statisches Universum mit negativer Kosmologischer Konstante beschreiben, dessen Zeit kreisförmig in sich selbst zurückläuft, sodass ein Flug in den Raum hinaus - und sogar ein Verharren am selben Ort - zugleich eine Reise in die Zukunft oder Vergangenheit bedeutet. Das zeigt übrigens, dass Zeitreisen keinesfalls in Sprüngen mit Ent- und Rematerialisierung geschehen müssen.
Einstein hat dieses seltsame Modell wohlwollend begrüßt: »Gödels Arbeit liefert einen wichtigen Beitrag zur Allgemeinen Relativitätstheorie und besonders zur Analyse des Zeitbegriffs. Die damit zusammenhängenden Probleme beschäftigten mich schon bei der Entwicklung der Theorie, ohne dass ich sie geklärt hätte.«
Gödel war von seinem Ergebnis jedoch sehr irritiert. Denn hätte er Recht, wäre es möglich, dass jemand in seine Vergangenheit reist, sich früher begegnet und etwas erlebt, was er heute noch wissen sollte. »Jemand könnte dieser Person etwas tun, woran sie sich erinnern müsste, aber sie weiß, dass es ihr nicht widerfahren ist.« Gödel hat nicht zuletzt aufgrund dieser bizarren Situation die Realität der Zeit ganz geleugnet.
Das kuriose Gödel-Universum ist noch immer ein beliebtes Lehrbuch-Beispiel in der relativistischen Kosmologie - und keineswegs im ideengeschichtlichen Museum verstaubt. In den neunziger Jahren wurden sogar viele andere Formen von Gödel-Universen konstruiert, mit anderen Feldern und komplexeren Gleichungen, im Rahmen der String- und Supergravitationstheorie auch in fünf Dimensionen. Es zeigte sich, dass die globalen Zeitkreise nicht immer existieren, sich aber bei Anwesenheit von elektromagnetischen Feldern kaum verhindern lassen.
Allerdings ist unser Universum nicht statisch, sondern dehnt sich aus, und hat auch keine negative, sondern eine effektive positive Kosmologische Konstante. Somit besitzt es nicht die physikalische Struktur des Gödel-
Universums. Dieses bleibt deshalb lediglich ein mathematisches Modell auf dem Papier. Außerdem ist es nur eine >schwache Zeitmaschine<, da seine geschlossenen zeitartigen Kurven überall und immer sind.
Doch wenn unser Universum räumlich endlich ist und womöglich eine verrückte Topologie hat (etwa die Form eines vierdimensionalen Zylinders oder eines Rings), könnten wir am Himmel theoretisch die Milchstraße in ihrem Jugendstadium sehen. Ein Blick ins ferne All wäre dann ein Blick zurück in unsere eigene Vergangenheit, wie schon der 1989 verstorbene Physiker und Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow spekulierte. Diese Überlegungen sind nach wie vor aktuell. Eine >schwache<, aber dafür universale Zeitmaschine ist insofern nicht vollkommen ausgeschlossen, auch wenn die Zeit dabei nicht notwendig kreisförmig zu sein braucht.
Eine kurze Geschichte der Zeitmaschinen
Die entscheidende Frage lautet also: Gibt es auch >starke< Zeitmaschinen? Mathematisch gesehen ja, nämlich bei einer so genannten partiellen Cauchy-Oberfläche
- hier sind die geschlossenen zeitartigen Kurven lokal. Physiker haben mehrere Arten solcher Zeitmaschinen identifiziert und kritisch diskutiert.
• Schon 1937 beschrieb W.J. van Stockum in Edinburgh, dass ein unendlich langer, schnell rotierender Zylinder aus Staub im Vakuum wie eine Zeitmaschine wirkt. 1974 hat Frank Tipler von der Tulane University in New Orleans diese Idee genauer untersucht. Sein Ergebnis: Wenn sich der Zylinder schneller als mit halber Lichtgeschwindigkeit um seine Achse dreht, werden Raum und Zeit dort so extrem verzerrt, dass man nur in oder gegen den Uhrzeigersinn um ihn herumfliegen müsste, um in die eigene Vergangenheit beziehungsweise Zukunft zu gelangen. Da niemand jedoch über unendlich viel Materie verfügen kann, lässt sich diese Zeitmaschine niemals bauen. Ein endlicher Zylinder wäre aber außerordentlich instabil und müsste zum Teil aus exotischer Materie mit negativer Masse bestehen, wie Tipler zwei Jahre später zeigte.
• Auf eine andere Zeitmaschine hat Richard Gott III von der Princeton University 1991 hingewiesen. Die könnte es in der Natur wirklich geben, falls kosmische Strings existieren. Das sind >Risse< in der Raumzeit, die noch vom frühen Universum kurz nach dem Urknall stammen, sich peitschenartig durchs All schlängeln und vielleicht sogar für die großräumige Verteilung
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