PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium
Tachyonen Informationen übertragen lassen. Manche Forscher glauben sogar, dass Tachyonenwellen oder lokalisierte Tachyonen im Wellenzug selbst unterlichtschnell wären.
Andere Wissenschaftler wie Lawrence Schulman sind noch toleranter und lassen sogar Botschaften in die Vergangenheit zu, ohne die Physik in einen logischen Trümmerhaufen zu verwandeln. Der Physik-Professor an der Clarkson University in Potsdam, US-Bundesstaat New York, ist überzeugt: »Zeitparadoxien beweisen nicht, dass die Tachyonen-Physik widersprüchlich ist. Die Beweislast tragen jene, die die Existenz von Tachyonen von vornherein ausschließen wollen. Das heißt natürlich nicht, dass ich behaupte, Tachyonen existieren. Bei solchen Aussagen hat der Experimentalphysiker die Beweislast.«
Eine Möglichkeit besteht darin, dass die Natur Zeitparadoxien gar nicht erlaubt. Diesem Selbstkonsistenzprinzip zufolge verwickelt man sich mit Tachyonen also nicht notwendigerweise in Widersprüche. »Dann scheint es nur so, als könne man widersprüchliche Anfangsbedingungen einrichten, aber es geschieht einfach nie in der Wirklichkeit«, meint Schulman.
Die andere, radikalere Möglichkeit ist, dass Effekte aus der Zukunft durchaus einen Platz in der Physik haben könnten. »Wenn man mit Tachyonen Botschaften austauschen könnte, dann müsste die konventionelle Kausalität aufgegeben werden. Eine selbstkonsistente Sequenz von Ereignissen geschieht - aber es wäre nicht länger möglich, Ursache von Wirkung zu unterscheiden«, malt sich Schulman aus, der einen Artikel mit dem provozierenden Titel Causality is an effect veröffentlicht hat. Ursächlichkeit wäre demzufolge eine Wirkung oder Folge - und nicht der >Zement des Uni-versums< (wie es der australische Philosoph John Leslie Mackie einmal ausgedrückt hat), oder gar eine bloße Kategorie unseres Denkens (wie der Königsberger Philosoph Immanuel Kant glaubte). »Kausalität ist etwas, das erklärt werden muss«, lautet Schulmans Schlussfolgerung.
Das Gödel-Universum
Das Beispiel der Tachyonen zeigt, welche Abgründe sich mit Zeitreisen öffnen können. Zwar fand bislang niemand experimentelle Befunde, die für die Existenz von Tachyonen und deren Wechselwirkung mit gewöhnlicher Materie sprechen - aber auch kein schlagkräftiges theoretisches Argument dagegen. Außerdem ist die Situation längst eskaliert. Denn inzwischen gibt es zumindest im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie viele Hinweise auf die Möglichkeit der Existenz geschlossener zeitartiger Kurven - und zwar sowohl global (das ganze Universum betreffend) als auch lokal (nur einige >unnormale< Regionen betreffend). Physiker haben bereits verschiedene Arten von Zeitmaschinen beschrieben - wobei hier nicht technische Geräte gemeint sind, wie sie Science-Fiction-Autoren handhaben, sondern topologische Eigenschaften, die der Gestalt der Raumzeit geschlossene zeitartige Kurven aufprägen. In der Fachliteratur wurden schon einige Fälle durch-gerechnet.
In Newtons klassischer Mechanik, in der Speziellen Relativitätstheorie und in den Quantenfeldtheorien im flachen Raum sind Chronologie und Kausalität so fundamental, dass sie gleichsam als erste Prinzipien dieser Theorien gelten können - Verstöße dagegen lassen sich schlicht als unphysikalisch zurückweisen. Doch die Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie sind lokal: Sie beziehen Aspekte der Raumzeit auf die Materie und Energie an diesem Punkt. Es gibt also keine absolute Zeit mehr, sondern der >Fluss< der Zeit ist, wie die Krümmung des Raumes, abhängig von der lokalen Verteilung von Materie und Energie.
Zwar gelten Chronologie und Kausalität lokal, denn hier ist die Raumzeit flach und es gilt die Spezielle Relativitätstheorie als Spezialfall. Doch globale oder zumindest großräumige Vorschriften (etwa über die Topologie, also die Gestalt des Raumes) kann die Allgemeine Relativitätstheorie nicht machen. Hier zählen unabhängige Variablen, die sich nur empirisch bestimmen lassen, also durch Beobachtungen, nicht durch reines Rechnen. Ohne zusätzliche Prinzipien sind allerlei >kranke Raumzeiten< möglich, wie Physiker sagen. »Die Allgemeine Relativitätstheorie ist mit Zeitmaschinen völlig verseucht. Sie scheint viele seltsame Lösungen zu erlauben, die Zeitreisen theoretisch möglich machen«, sagt Matt Visser von der Victoria University in Wellington, Neuseeland.
Wie Zeitreisen im Rahmen der relativistischen Kosmologie möglich sind, hat der berühmte
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