PR Odyssee 4 Die Traumkapseln
ohnehin unnötig. Wenn es die Naturgesetze nicht verbieten, werden in einer O-Region alle möglichen Botschaften ankommen oder zufällig entstehen - freilich auch jeder mögliche Unsinn, sinniert Vilenkin.
Das ist aber nur die eine Konsequenz. Die andere ist viel weitreichender: Wenn das Szenario vom RecyclingUniversum korrekt ist, gibt es tatsächlich ewiges Leben
- in dem Sinn, dass Leben niemals überall endet. Daraus folgt weder die individuelle Unsterblichkeit noch eine lebensfreundliche Fortdauer unserer O-Region. Aber womöglich wird es immer irgendwo und irgendwann Doppelgänger von uns geben - exakte Duplikate, die über genau diesen Text nachdenken. Und all die Dramen des Lebens werden niemals zu Ende kommen.
Zwar scheint es also, als könnte es - mit Ausnahme der Wurmloch-Technologie - langfristig keine Kontinuität des Lebens und der Kommunikation zwischen verschiedenen Zivilisationen geben, aber andererseits wäre das Leben nur lokal zum Tode verurteilt, global aber nicht totzukriegen. Angesichts dieser seltsamen, aber auch kühnen kosmischen Aussichten, der Überfülle von Welten und endlosen Wiederholungen stellt sich leicht ein Gefühl des Schwindels und der Absurdität ein.
Selbst Alexander Vilenkin ist davon nicht frei. Ich muss zugeben, dass mich die ganze Sache ziemlich deprimiert. All die furchtbaren Dinge, die man sich vorstellen kann, müssen irgendwo in anderen Regionen des Universums tatsächlich stattfinden. Und nicht nur das. Egal, was wir auch versuchen - wir können nichts Neues erschaffen. Ich würde das Leben unserer Zivilisation gerne als einzigartigen und kreativen Prozess begreifen, sodass das, was wir tun, wirklich eine Rolle spielt. Das passt nicht gut zu dem Bild, dass alle möglichen Geschichten ablaufen und dass unsere eigene Geschichte sich unendlich oft wiederholt. - Doch es ist dumm, tröstet sich Vilenkin angesichts seiner irritierenden Überlegungen, sich über das Universum aufzuregen.
Das Zyklische Universum
Die bizarre Schlussfolgerung einer unendlichen Anzahl von Doppelgängern beruht nicht notwendig auf der Richtigkeit der Hypothese von der kosmischen Inflation. Sie gilt auch für die neue Theorie vom Zyklischen Universum, die gerade erst als Alternative zum inflationären Szenario angetreten ist. In ihr spielen Paralleluniversen
- und zwar im geometrisch exaktesten Sinn - eine entscheidende Rolle. Das Modell erklärt den Urknall mit der Kollision zweier Universen in einer fünfdimensionalen Raumzeit. Dies kann immer wieder geschehen, sodass es keinen absoluten Anfang gegeben haben muss und der Kosmos vielleicht in einem ständigen Kreislauf von Werden und Vergehen oszilliert.
Der Urknall muss nicht der Anfang von Raum und Zeit sein, sondern könnte ein Übergang sein zwischen einer gegenwärtig expandierenden und einer früheren kontrahierenden Phase, sagt Paul J. Steinhardt. Das Ende eines Universums könnte demnach die Geburt eines neuen gewesen sein - unseres eigenen. Was sich so einfach anhört, ist in Wirklichkeit das Resultat kühner Überlegungen und raffinierter Berechnungen an der vordersten Front der Physik.
Steinhardt ist Professor für Physik und Astronomie an der Princeton University im US-Bundesstaat New Jersey und einer der Mitbegründer der Inflationstheorie. Diesem seit 1980 immer einflussreicher gewordenen Modell stellte er 2001 zusammen mit seinen Kollegen Neil Turok von der University of Cambridge in England und weiteren Kollegen einen raffinierten Konkurrenten entgegen: das Szenario vom Ekpyrotischen Universum, das den Urknall durch den Zusammenprall zweier Uni-versen erklärt (griechisch ekpyrosis = Ausbrennen - der Name ist der antiken Philosophie der Stoa entlehnt, wonach die Welt immer wieder durch Feuer vernichtet wird). Im Jahr 2002 gingen Steinhardt und Turok noch einen Schritt weiter und behaupteten, dass sich diese kosmische Kollision in alle Ewigkeit wiederholt - so als würden zwei unendlich große Hände rhythmisch gegeneinander klatschen.
Dieses Zyklische Universum ist eine völlig andere Vorstellung vom Kosmos, und Steinhardt würde sie am liebsten die Kosmologie des 21. Jahrhunderts nennen. Zuerst dachte ich, das neue Modell sei ein gutes Mittel, um die Inflationstheorie zu testen - um zu sehen, wie leistungsfähig diese Idee ist. Ich bin kein Experimentalphysiker, und das Beste, was ein Theoretiker bei der Überprüfung einer Theorie tun kann, ist zu zeigen, wie schwierig es ist, mit einer guten Alternative aufzuwarten. Zu
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