PR Odyssee 4 Die Traumkapseln
direkten Hinweis gibt. Es nimmt an, dass unser Beobachtungsausschnitt des Universums typisch ist, während das Inflationsmodell die Existenz physikalisch ganz anders beschaffener Regionen weit jenseits unseres Horizonts annehmen muss. Das Zyklische Universum macht außerdem die Frage nach dem Anfang überflüssig, denn die Zyklen könnten schon immer da gewesen sein. Es ist aber auch möglich, dass es einen ersten Urknall gab, wenn sich die Branen aus der Unendlichkeit angenähert hatten, und sich dieser seither ständig wiederholt: Aufgrund der Attraktor-Lösung hätten sich die Branen gleichsam auf den Kollisions-
Modus eingependelt.
Das Zyklische Universum erweitert das Schwache Kosmologische Prinzip - alle Orte sind gleichberechtigt -zu einer neuen Form des Starken Kosmologischen Prinzips: Unsere Position in Raum und Zeit ist nichts Besonderes - in dem Sinn, dass wir nicht sagen können, in welchem Zyklus wir leben.
Freilich gibt es noch viele offene Fragen. Die Eigenschaften des Radionfelds sind genauso wenig erklärt wie der gegenwärtige Wert der Dunklen Energie. Und was bei der Singularität geschah, ist das große Rätsel, gibt Seiberg zu. Welche physikalischen Prozesse verursachen, dass das kollabierende Universum in die expandierende Phase zurückschwingt, will Andreas Albrecht von der University of California in Davies wissen - Singularität bleibt Singularität, auch wenn es nur die Stringularität einer Dimension der Stringtheorie ist. Andrei Linde schlägt in dieselbe Kerbe und weist auf das Problem der Dichteschwankungen hin: Wie können die kleinen Störungen den Endknall überwinden und aus ihm wieder herauskommen? Es ist, als würde man einen Stuhl in ein Schwarzes Loch werfen und warten, dass er später wieder rematerialisiert. Steinhardt hält die Kritik für unangebracht: Die Stringularität ist etwas ganz anderes als die Singularität in einem Schwarzen Loch. Wir haben detaillierte Berechnungen angestellt. Und wir reden nicht von Stühlen, sondern von Störungen, die sich als Wellen der Branen bemerkbar machen und zu einer etwas ungleichzeitigen Kollision führen.
Wie auch immer die Kontroverse weitergeht - und Beobachtungen, die sie entscheiden können, etwa von Gravitationswellen niedriger Frequenz oder Eigenschaften der Kosmischen Hintergrundstrahlung, werden noch lange auf sich warten lassen -, fest steht bereits:
Das neue Modell hat frischen Wind in die Kosmologie gebracht und rüttelt an alten Gewohnheiten. Gabriele Veneziano vom Europäischen Kernforschungszentrum CERN, ein Pionier der Stringtheorie, sagt: Durch die Arbeit von Steinhardt und Turok sind wir jetzt eher bereit zu akzeptieren, dass der Urknall die Folge von etwas sein könnte als die Ursache von allem.
Vieldeutiges Universum
Der nun schon häufig benützte Begriff Universum, so wie er heute verwendet wird, ist mehrdeutig. Ob man, wie hier, von anderen Universen sprechen will und deren Gesamtheit als Multiversum bezeichnet, oder ob man lieber von Multi-Domain-, Sub- oder Teiluniversen oder Welt-Ensembles spricht, weil man den Begriff Universum per definitionem für die Gesamtheit des - zumindest physischen - Seins reservieren möchte, ist eine eher nebensächliche terminologische Frage. Entscheidend ist, was man meint. Und deshalb ist es wichtig, mindestens die folgenden sechs Bedeutungen des Begriffs Universum auseinander zu halten:
(1) Alles was (in physikalischer Hinsicht) existiert, immer, überall; (2) die beobachtbare Raumzeit-Region, die wir bewohnen (das Hubble-Volumen mit einem Durchmesser von rund 27 Milliarden Lichtjahren) - und alles, was damit interagiert hat (beispielsweise aufgrund eines gemeinsamen Ursprungs) und jemals oder mindestens in den nächsten Jahrmilliarden damit interagieren wird; (3) jedes gigantische System kausal wechselwirkender Dinge, das als Ganzes (oder doch in einem großen Ausmaß und für eine lange Zeit) von anderen isoliert ist; (4) jedes System, das gigantisch werden könnte, selbst wenn es in Wirklichkeit kollabiert, wenn es noch sehr klein ist; (5) in der Quantenphysik die verschiedenen Zweige der globalen Wellenfunktion (vorausgesetzt, diese kollabiert nicht, mathematisch gesprochen), das heißt unterschiedliche Historien oder verschiedene klassische Welten, die in einem Superpositionszustand sind, sich also gegenseitig überlagern (siehe unten); und schließlich (6) vollständig voneinander getrennte Systeme, die aus Universen in einer der letzten vier gerade aufgezählten
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