PR Odyssee 4 Die Traumkapseln
seiner großen Überraschung gelang es ihm zusammen mit Neil Turok tatsächlich, einen Konkurrenten zu kreieren. Und der ist in mancher Hinsicht sogar einfacher als die bisherige Vorstellung vom inflationären Universum - doch das erschließt sich erst nach einem gedanklichen Ausflug in eine höhere Dimension.
Den theoretischen Rahmen des Zyklischen Universums liefert nämlich eine Variante der Stringkosmologie. Sie basiert auf der Stringtheorie, die von vielen Experten als aussichtsreichster Kandidat für eine Theorie von Allem gehandelt wird - als Synthese von Relativitäts- und Quantentheorie. Die Stringtheorie beschreibt die Elementarteilchen nicht als Punkte, sondern als Anregungen schwingender Saiten (Strings), winziger eindimensionaler Objekte. Experimentelle Beweise dafür gibt es bislang allerdings nicht. Dennoch hat sich die Stringtheorie für viele Physiker als so leistungs-fähig erwiesen, dass sie inzwischen sogar kosmologische Anwendungen findet.
Eine besonders populäre Variante der Stringkosmologie nimmt an, dass es eine fünfdimensionale Raumzeit gibt, die von zwei vierdimensionalen Branen begrenzt wird (Bran leitet sich von Membran ab) - ähnlich wie zwei parallel aufgehängte Leintücher den Raum zwischen ihnen einschließen. Diese beiden Leintücher sind jedoch ganze Universen, und unser vertrauter Weltraum ist eines davon. Was sich in der Bran am anderen Ende der Welt verbirgt, jenem schattenhaften Paralleluniversum, das der Stringtheorie zufolge von unserem nur um eine Haaresbreite getrennt ist - aber eben in der fünften Dimension -, wissen die Forscher nicht. Doch das ist auch unwesentlich für ihre weitreichenden Schlussfolgerungen. Vielleicht gibt es in dem Paralleluniversum ebenfalls Sterne, deren Einfluss sich in unserem All als Dunkle Materie bemerkbar macht. Denn die Schwerkraft soll die fünfte Dimension durchqueren können - im Gegensatz zum Licht, das in einer Bran gefangen bleibt, weshalb es unmöglich ist, das andere Universum zu sehen.
Nachdem Steinhardt und Turok einen Vortrag des Stringtheoretikers Burt A. Ovrut von der University of Pennsylvania über Branen hörten, begann ein BrainStorming, das Steinhardt nun augenzwinkernd als Bran-Storming bezeichnet und das letztlich zum Weltmodell des Zyklischen Universums geführt hat. Wir hatten das große Bild nicht von Anfang an vor Augen, sondern wurden von einer Serie von Entdeckungen geleitet, erinnert er sich an die vielen Monate harter Arbeit, an denen auch sein Student Justin Khoury sowie Ovrut und Nathan Seiberg vom Institute of Advanced Study in Princeton mitwirkten. Es war wirklich eine aufregende
Achterbahnfahrt, keine geplante geradlinige Reise.
Die erste Entdeckung war, dass die Bran-Kollision einen Urknall mit all den heute noch beobachtbaren Folgen produzieren konnte. Die zweite, ebenso überraschende Erkenntnis war, dass sich auch die geheimnisvolle Dunkle Energie in das Szenario integrieren lässt. Ihr Beitrag zur Gesamtenergiedichte des Universums ist doppelt so groß wie der aller sichtbaren und unsichtbaren Materie, und sie führt dazu, dass sich der Weltraum gegenwärtig immer schneller ausdehnt. Das belegen kosmische Vermessungen mit Hilfe ferner Stern explosionen. Doch die Natur der Dunklen Energie entzieht sich bislang dem Verständnis der Wissenschaftler.
Im Zyklischen Modell spielt die Dunkle Energie eine wesentliche Rolle, indem sie erst die Bedingungen dafür schafft, erläutert Steinhardt. In seinem Modell ist die Dunkle Energie nichts anderes als die Wirkung eines bislang unbekannten Kraftfelds - Radion genannt -, das die fünfdimensionale Raumzeit zwischen den beiden Branen durchzieht. Es unterliegt einer periodischen Veränderung, die mit einem ständigen Wechsel von Entfernung, Wiederannäherung, Kollision und neuer Entfernung der Branen einhergeht. Die Kollision entspricht dabei dem Übergang von einem Endknall zu einem neuen Urknall, in dem die Bewegungsenergie der Branen in Materie und Strahlung umgewandelt wird. Bei diesem kosmischen Crash schrumpft die fünfte Dimension für einen Moment auf null, ohne dass es aber zu einer Verschmelzung der Universen kommen könnte. Was bislang immer als katastrophale Singularität erschien, ist die mildeste Form möglicher Singularitäten - das Verschwinden einer Dimension, sagt Neil Turok. Der Raum kollabiert, aber nicht unser Raum - es ist die Extradimension, ergänzt Steinhardt. Was wir also vorschlagen ist, dass der Urknall nicht aus dem Kollaps des
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