PR TB 007 Die Zeitspringer
war an ihren unsicheren Gesten zu
erkennen sowie am Flüsterton der Gespräche.
Poschtar nickte Gamun zu, dessen Forschungsgebiet dem seinen am
nächsten kam und mit dem er darum öfter Kontakt gepflegt
hatte als mit den anderen Kybernetikern.
„Hast du eine Ahnung“, flüsterte Gamun, „warum
der Philosoph uns zu sich gebeten hat?“ Poschtar zuckte mit den
Schultern. Der Philosoph war das geistige Oberhaupt von Tamlan. Seine
Gedankengänge waren Poschtar von jeher fremd gewesen. Er
vermochte die Absicht des Philosophen nicht zu erraten.
„Wie steht es mit deinem Interstellar-Transmitter?“
fragte Gamun weiter. „Hast du Erfolge gehabt?“
Poschtar verzog das Gesicht, als hätte er in eine saure
Natra-Frucht gebissen.
„Der letzte Versuch hat mir Neun ruiniert!“
„Neun?“
„So nenne ich das Steuergehirn von Station neun. Die Roboter
gaben Alarm, aber als ich ankam, war Neun schon nicht mehr zu retten.
Die Transmitterkonstruktion glühte. Wahrscheinlich ist sie nun
unbrauchbar.“
„Oh!“ Gamun preßte die knochigen Finger seiner
schmalen Hände gegeneinander. In diesem Augenblick spie der
Transmitter eine weitere Gestalt aus. Alle Anwesenden wandten sich
um, in der Annahme, es sei der Philosoph. Doch es war nur Hatran, und
der Biologe war der letzte, für den die Kybernetiker sich
interessierten.
Als allerdings das Transmitterfeld abermals aufleuchtete, begaben
sie sich eilig auf ihre Plätze.
Sekundenlang stand der Philosoph reglos dort, wo ihn der
Transmitter abgesetzt hatte, dann ging er mit weitausgreifenden
Schritten durch die Gasse, welche die Kybernetiker ihm gelassen
hatten. In der Mitte des Kreises blieb er stehen.
„Friede sei mit euch!“ Die sonore Stimme des Greises
paßte irgendwie nicht zu dem runden, glatten Schädel und
der Knollennase in dem aufgeschwemmten Gesicht.
„Friede sei mit dir und mit Tamlan!“ erwiderten die
Kybernetiker murmelnd, dem uralten Brauch gehorchend.
Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit kam der Philosoph sofort zur
Sache, und jetzt merkte man, welche Energie in dem verbrauchten
Körper steckte.
„Ich habe euch gerufen, und das Ungewöhnliche unserer
Zusammenkunft wird euch, so hoffe ich, den Grund klargemacht haben.
Tamlan ist zum Untergang verurteilt. In einer Dekade wird die Sonne
Alta explodieren und alles Leben von den Planeten hinwegfegen. Wir
haben nichts, um diesen Prozeß aufzuhalten, und wir haben keine
Raumschiffe, mit denen wir unser System verlassen könnten.
Die Fehler der Vergangenheit rächen sich nun. Unsere Welt hat
einen falschen Weg eingeschlagen. Die Kybernetik schenkte uns alles,
was wir zu einem glücklichen, zufriedenen Leben brauchten; sie
schenkte uns auch die Transmitter, mit denen wir jeden Punkt auf
Tamlan und beinahe jeden Punkt im Alta-Broda-System erreichen
können.
Unsere Entwicklung stagnierte. Zweifellos wäre einmal die
Zeit gekommen, da neue Kräfte die Mauer der Dekadenz
durchbrochen hätten, aber Alta zwingt uns, nicht mehr auf diese
Zeit zu warten, sondern sie herbeizuführen - und zwar innerhalb
der nächsten Dekade.
Ich bitte um eure Vorschläge!“
Die Mauer der Kybernetiker schien nur noch aus Statuen zu
bestehen. Die Ratsmitglieder waren betroffen und beleidigt. Sotra
brachte es zum Ausdruck.
„Du wählst harte Worte, Philosoph“, erklärte
er stockend. „Wir Kybernetiker tragen nicht mehr Schuld an der
Entwicklung unserer Rasse als alle anderen...“
„Nicht euch habe ich angegriffen“, entgegnete der
Philosoph ruhig, „sondern den Zustand, an dem wir alle schuldig
sind. Nicht die Kybernetik hat uns dekadent gemacht, sondern unsere
Trägheit allein. Warum benutzten wir die Kybernetik nicht, um zu
den fernen Sternen vorzustoßen? Wir hätten der Kybernetik
bloß diese Richtung geben müssen, und sie hätte
Sternenschiffe oder Interstellar-Transmitter für uns
entwickelt.“ Der Philosoph hatte sich erregt. Nur langsam klang
der Aufruhr der Gefühle ab.
„Wie steht es mit deinem Forschungsauftrag, Sotra?“
Alle blickten den Kybernetiker an, von dem sie wußten, daß
er beauftragt worden war, einen Sternenantrieb zu entwickeln. Jetzt
senkte Sotra den Kopf.
„Ich bin nicht viel weiter als am Anfang, Philosoph“,
gestand er leise. „Die Steuergehirne meines Forschungskomplexes
sind einfach zu einseitig ausgerichtet als daß sie sich so
plötzlich umorientieren könnten.“
Vielstimmiges Gemurmel brandete auf.
Als es ruhiger wurde, befragte der Philosoph einen nach dem
anderen. Jeder
Weitere Kostenlose Bücher