PR TB 047 Höllentanz Der Marionetten
Morgen“, sagte Rogier. „Ausgeschlafen?“
Satya lächelte mit ihrem berufsmäßigen Lächeln
zurück. „Ja. Von Ihnen geträumt. Was haben Sie? Ihr
Gesicht ist eine Studie.“
Rogier versuchte, nicht in ihre Augen zu starren. „Ich komme
gerade von Cooper“, sagte er sehr leise. „Ich bitte Sie,
niemandem zu sagen, daß ich dort war.“
„Haben Sie Ihre Informationen?“ fragte sie
mißtrauisch. „Ja.“
„Und? Nicht zufrieden?“
„Cooper Landsberckh ist tot. Ermordet. Genickschlag,
offensichtlich mit außergewöhnlich großer Wucht
geführt. Ich habe, ohne mich zu erkennen zu geben, die Polizei
angerufen.“ Satya überlegte eine Sekunde lang, dann sagte
sie: „Fahren Sie langsam hinter mir her. Wenn die Polizei
kommt, muß sie hier vorbei. Ich werde es so einrichten, daß
wir gleichzeitig mit ihr dort oben eintreffen. Sie haben einen realen
Grund, Cooper zu besuchen, und mich brachten Sie mit. Einverstanden?“
Ein Schimmern flackerte in ihren Augen auf, vorsichtig und
aufmerksam. Das Mädchen verwandelte sich wieder in die
routinierte Reporterin, die auf einer heißen Spur lief. „Ja.
In Ordnung. Ich höre die Sirene.“
Rogier ging zu seinem Gleiter, drehte an dem Steuer und schnitt
mit aufbrummender Maschine halbkreisförmig über die
staubige Straße. Der Windstoß riß Papier und
abgefallene Blumenblätter hoch, dann jaulte der Motor von Satyas
schwerem Redaktionsfahrzeug auf. Sie fuhren langsam hintereinander
auf der rechten Straßenseite, zwei Handbreit über dem
Belag. Dann fegte der Wagen der Polizei an ihnen vorbei, und die
beiden hängten sich an. Fast gleichzeitig stoppten die drei
Maschinen vor dem Haus, und Rogier stieg aus und öffnete die Tür
an Satyas Gleiter.
„Waren Sie allein, Rogier?“ fragte sie leise und
starrte auf die breiten Rücken von drei Männern in den
Uniformen der Rajpat-Polizei.
„Ja. Wir waren ganz allein, er und ich. Kein Blut —
Sie werden sehen.“
Sie gingen langsam wieder ins Haus zurück, schwebten im
Schacht aufwärts und blieben dann vor der Tür stehen. Sie
war noch offen, und aus den Räumen dahinter hörten sie die
aufgeregten Stimmen der Polizisten. Satya läutete lange und
wartete dann. Einer der drei Polizisten riß die Tür auf.
„Ja?“ fragte er überrascht. „Wer sind Sie,
was wollen Sie?“
„Langsam“, erwiderte Rogier und sah Satya von der
Seite an. „Wir sind Presseleute und wollen zu Mister
Landsberckh. Ist er anwesend?“
„Rogier“, sagte Satya mit mildem Vorwurf, „das
hier sind Polizisten.“
Noch während sie sprach, schob sie nachdrücklich den
Polizisten von der Tür weg und ging hinein. Die drei Männer
waren Banzos. Sie standen um die zusammengekrümmte Leiche
Coopers herum und schwiegen. Dann hob einer von ihnen, ein älterer
Mann, den Kopf und sah schweigend zu, wie Satya mit ihrer surrenden
Filmkamera einen Rundblick durch das Zimmer und, in einer
halbkreisförmigen Bewegung mit dem Körper, die Leiche von
drei Seiten filmte. Ein helles, scharfes Klicken ertönte; der
Apparat lief aus.
„Offensichtlich sind wir zu spät gekommen“, sagte
Rogier ruhig. „Ist das hier Cooper Landsberckh?“
„Allem Anschein nach ist er es“, sagte der Polizist.
„Wir kennen ihn nicht.“
Satya kauerte sich auf die Hacken und berührte vorsichtig den
Kopf des Minnes. Er ließ sich bewegen wie der lose Schädel
einer großen, kalten Puppe mit schneeweißem Haar.
„Ich kann ihn identifizieren“, sagte Satya leichthin,
„ich bin Satya Padilash vom star und kenne ihn. Vor einem Jahr
wurde seine Tochter im Apartment gleich nebenan auf die gleiche Weise
umgebracht. Wußten Sie das nicht?“
Der Polizist sprach inzwischen durch seinen Minikom mit der
Zentrale.
Er hörte zu, was das Mädchen sagte und ergänzte die
Information an die Positronik des Hauptquartiers. Unverzüglich,
so war die Antwort, würde man eine Ambulanz schicken, einen Arzt
und einen Gerichtsmediziner.
„Danke“, schloß der Polizist.
„Ich denke“, sagte Satya. „Sie brauchen uns
nicht. Wenn Sie sich bitte unsere Adressen notieren würden…“
Der ältere Polizist machte eine Bewegung, und sein Kollege
notierte sich die zwei Namen und die Adressen. Dann bedankte sich der
Polizist für die Mitarbeit und nickte.
„Es wird immer schlimmer hier. Vor langer Zeit“, sagte
er bedauernd und ohne viel Teilnahme, „war Rajpat ein
ungefährliches Pflaster. Inzwischen ist es ein tödliches
Paradies geworden.“ Sie gingen.
Satya blieb neben ihrem
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