PR TB 047 Höllentanz Der Marionetten
ging vorsichtig weiter, bereit, jede Sekunde mit jemandem
zusammenzustoßen oder angerufen zu werden.
„Mister Landsberckh?“ fragte er laut.
Wieder bekam er keine Antwort.
Vier Meter ging Rogier weiter, dann sah er den Grund des
Schweigens. Der Grund hieß Tod. Cooper Landsberckh lag
verkrümmt und halb zusammengerollt zwischen einem großen
flachen Tisch und den stählernen Füßen einer schweren
Couch, auf der sich vier bunte Kissen befanden. Nichts deutete darauf
hin, daß er ermordet worden war — außer der
merkwürdigen Stellung, in der sich sein Kopf befand. Es sah aus,
als habe Cooper keine Wirbelsäule mehr. Langsam ging Rogier um
den Tisch herum, streckte die Hand aus und berührte die Wange
des Toten. Sie war noch eine Winzigkeit warm.
Rogier spürte die Kälte des Schweißes auf seiner
Stirn und zwischen den Schulterblättern. Der ruhige Ausdruck
schwand aus seinem Gesicht, und eine vage Panik drang in ihm hoch.
„Also hatte er recht“, sagte Rogier leise und drehte
sich um, ohne dem Toten einen Blick zu gönnen. „Wo aber
sind die Unterlagen?“
Auch sie fand Rogier schnell.
Sie lagen in einem sauberen runden Fleck auf der Platte eines
großen Schreibtisches. Der Fleck bestand aus schwarzen Rändern
und erstarrten Blasen, die zusammen mit den verschmorten
Kunststoffblättern und einer zerflossenen Bandspule zu einer
harten dunkelbraunen Masse zusammengeschmolzen war.
Wo war das Duplikat, von dem Cooper gesprochen hatte?
Systematisch und ohne Fingerabdrücke zu hinterlassen, suchte
Rogier die einzelnen Fächer ab. Er las kurz einige Büchertitel;
der alte Mann war hier als Dozent für Volkswirtschaft angestellt
gewesen und befand sich seit drei Jahren im Ruhestand. Die Buchtitel
waren entsprechend. Hin und wieder unterbrachen Bandkassetten die
Buchreihen, und Rogier las die Aufschriften oder die Titel der
Musikstücke. Der Mörder des alten Mannes hatte ebenfalls
gesucht und Bücher stapelweise aus den Fächern gerissen und
zu Boden geworfen. Endlich, etwa zehn Minuten später, fand
Rogier ein unbeschriftetes Band ohne Kassette; es war hinter eine
Reihe Fachlexika gerutscht.
Stahl-Keevan stand quer über dem Schild, das auf die Spule
geklebt war.
Rogier steckte das Band schnell ein und erstarrte.
Draußen auf dem Korridor hörte man die Schritte eines
Mädchens, die Absätze machten dumpfe, harte Geräusche
auf dem Teppich. Die Schritte bewegten sich von einem Ende des Ganges
bis zum anderen und hörten dann auf.
Rogier atmete auf.
Er machte schnell einen Rundgang durch die kleine, überraschend
wertvoll eingerichtete Wohnung, bemerkte die heruntergelassenen
Jalousien und fand nichts, das auf den Mörder hinwies. Dann
verließ Rogier die Wohnung, faßte den Handgriff mit dem
Taschentuch an und schwang sich in den Abwärtsschacht des
Antigrav. Ruhig und mit aufgesetzter Sonnenbrille ging er zurück
zu seinem Gleiter, startete ihn und fuhr hundert Meter weiter. Dort
hielt er an.
Die glasklare Glocke einer Rufsäule befand sich dicht neben
der Bordkante.
Rogier nahm den Hörer ab und wartete auf das Sprechzeichen.
Während er wartete, suchten seine Augen die stille Straße
ab, verfolgten einige Fahrzeuge und zwei Gleiter, die sehr schnell
zwischen den Häusern entlang schwebten und einen Mann, der ruhig
die Straße überquerte. Irgendwo pfiff jemand.
„Husvik-Harbour-Haus, W 14… dort liegt ein ermordeter
Mann“, sagte er und hängte auf. Er verließ die
Schallglocke und hörte wieder einen Unsichtbaren pfeifen. Es war
die merkwürdige Version einer Tonleiter, in der der vierte Ton
fehlte. C-Dur; das f fehlte. Rogier zuckte die Schultern, stieg ein
und wendete den Gleiter, den er heute morgen gekauft hatte. Es war
ein niedriges, zweisitziges Sportmodell mit einer sehr starken
Maschine und vorzüglichen Fahreigenschaften. So wie Rogier die
Polizei von Rajpat einschätzte, würde sie binnen einer
halben Stunde erst am Tatort sein.
Er bog auf die mehrstöckige Schnellstraße ab, die hier
hinunter ins Zentrum der Stadt führte und wurde von einem
schweren Gleiter überholt. Das Horn des anderen Fahrzeugs
erklang dicht neben ihm. Rogier wandte den Kopf und sah, daß
Satya am Steuer saß.
Er machte eine Geste, die bedeutete, daß sie sich rechts am
Straßenrand treffen sollten. Beide Fahrzeuge schwenkten,
langsamer werdend, hinüber und parkten hintereinander. Rogier
sprang über die Bordwand und ging langsam auf den anderen
Gleiter zu, der mit laufender Maschine wartete.
„Guten
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