PR TB 127 Der Tödliche Aktivator
brach an. Tarmon begann,
sinnlos an seiner Kleidung zu nesteln. Er zerrte an seinen Fingern
und fuhr sich immer wieder mit einer feinen Nadel unter die Nägel,
obwohl sie peinlich sauber waren. Voller Bangen fragte er sich, ob er
es bis zur Weihe schaffen würde. Er wußte nicht, was der
Mann aus der Kaste der Waffenmacher unternehmen konnte, und ob er
überhaupt etwas unternehmen würde. Möglich war alles.
Er war in einer schier unbeschreiblichen Weise gedemütigt und
bloßgestellt worden. Zum erstenmal begriff Tarmon, daß
die Maske ihm auch eine Flucht in die Anonymität ermöglichte.
Sobald er sie trug, war er nur noch schwer von den anderen Jungen
seines Alters zu unterscheiden.
Plötzlich legte sich ihm eine Hand auf die Schulter.
Er zuckte zusammen und wagte kaum, sich umzudrehen. Doch dann
hörte er die dunkle Stimme von Jacol Akton, der sich zu ihm
herabbeugte.
»Du bist nervös, mein Sohn«, sagte der Seefahrer.
»Bedeutet dir die Maske soviel?«
»Verzeih, Jacol, aber ich kann nicht darauf verzichten.«
»Das brauchst du auch nicht. Die Fremden sind gekommen.
Allein dadurch wird sich schon viel ändern. Warte es nur ab.«
»Ich habe einem Mann...«
»Sprich nicht davon, Tarmon. Es war seine Schuld. Niemand
darf sich
die Maske vom Kopf stoßen lassen. Nur ein Unwürdiger
läßt so etwas geschehen.«
»Dir könnte niemand die Maske abreißen, Jacol.«
»Doch, mein Sohn. Ich würde mich nicht einmal dagegen
wehren, und ich würde auch nicht die Konsequenzen ziehen, die
Perrek ziehen wird. Glaube mir, die Zeit der Masken ist vorbei.«
»Das sagst du nur, weil du gegen die Masken bist.«
»Nein, Tarmon. Die Fremden da drinnen haben schon etwas
bewirkt. Allein durch ihre Anwesenheit.«
»Aber dennoch werde ich meine Maske in Empfang nehmen, es
sei denn, daß Perrek es verhindert.«
»Er kann das nicht mehr tun.«
»Was wird aus ihm?«
»Was fragst du mich? Geh zum Fluß hinunter, wenn du
die Maske hast. Dann wirst du sehen, wie ein Narr reagiert.«
Der geheimnisvolle Jacol Akton richtete sich auf und trat einige
Schritte zurück. Tarmon blickte ihm nach. Er bewunderte diesen
Mann, der diese Welt kannte wie kein anderer. Mit seinem Boot war er
auf allen Kontinenten gewesen und hatte alle großen Städte
von Conomera besucht. Er war ein Gegner der Masken und sprach sich
bei jeder Gelegenheit gegen sie aus. Böse Zungen behaupteten
sogar, an Bord seines Handelsschiffes legten er und seine Mannschaft
die Hülle ab. Aber Tarmon konnte sich nicht vorstellen, daß
sein Freund sich einen derart ungeheuerlichen Verstoß gegen
alle Regeln der Sittsamkeit erlaubte.
Das Horn erklang.
Tarmon und die anderen vierzig Jungen seiner Altersgruppe sprangen
auf. Sie formierten sich zu einer Zweierreihe.
Als das Horn erneut ertönte, gingen sie auf den Tempeleingang
zu. Eine ungeheure Last fiel von Tarmons Schultern, als er das kühle
Gewölbe betrat. Die Erregung legte sich, denn nun konnte ihm
Perrek nicht mehr schaden.
Ein süßlicher Geruch drang ihm in die Nase. Tarmon
spürte, daß er sich augenblicklich beruhigte. Er war wie
betäubt, und er schien Gefühlen nicht mehr zugänglich
zu sein. Wie durch diffuse Nebel hindurch näherte er sich dem
Workej, der unter der riesigen Maske des Erhabenen stand und mit
ausgestreckten Armen auf die Jünglinge wartete. Die Fremden
verfolgten das Schauspiel von einer Loge an der Seite aus. Bei ihnen
befand sich auch Ermet Talank, der von einigen wichtigen
Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens umgeben wurde. Das
aber erfaßte Tarmon nur aus den Augenwinkeln heraus. Wie
hypnotisiert ließ er sich in der Gruppe der anderen Jungen
mittreiben. Er hatte sich alles ganz anders, viel feierlicher und
ergreifender vorgestellt. Jetzt aber hörte er einige andere
Jungen neben sich
miteinander tuscheln. Sie schienen überhaupt nicht begriffen
zu haben, welche Bedeutung diese Zeremonie für ihr ganzes Leben
haben würde.
Irgendwann drückte ihm der Workej die kühle Maske über
den Kopf und sprach die beschwörenden Formeln des Workkan.
Tarmon verlor jegliches Zeitgefühl.
Als er später wieder den Tempel verließ und seine
Eltern in der Menge entdeckte, war er überrascht, daß es
schon dunkelte. Die Sonne war schon halb hinter dem Horizont
versunken.
Sein Vater umarmte und beglückwünschte ihn. Zugleich
teilte er ihm mit, daß eine Reihe von Geschenken für ihn
eingetroffen waren. Tarmon freute sich darüber, geradezu
fassungslos aber machte ihn die Nachricht, daß die
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