PR TB 129 Die Invasion Findet Nicht Statt
konnte Ginsk sich den nötigen Reim
schon selber darauf machen.
„Sie lästern gegen die Regierung der Kalfaktoren?“
erkundigte er sich mit gut gespielter Verwunderung. „Nein! Ich
wiederhole den Wortlaut Ihrer letzten Hochverratserklärung!“
schrie Ginsk mit zornrotem Gesicht.
„Aha“, machte Richter.
Er wartete. Wenn Ginsk auch über die zweite Hyperantenne
etwas wußte, dann würde er nicht lange damit hinter dem
Berg halten. Der Drang, den Triumph des Augenblicks auszukosten, war
zu groß.
„Einer der Kalfaktoren“, verkündete Ginsk, „wird
Ihr Verhör auf Rudyn persönlich leiten.“ Das hagere
Gesicht verzog sich zu einer Grimasse teuflischer Freude. „Und
damit Sie nicht meinen, ich käme um den ganzen Spaß, will
ich Sie gleich wissen lassen, daß ich Sie persönlich nach
Rudyn bringe und dort an Ihrer Vernehmung teilnehme!“
„Durch Ihre Freude verraten Sie die Erbärmlichkeit
Ihres Charakters“, erwiderte Richter ernst. „Lästern
Sie nur!“ schrie Ginsk. „Für jede Lästerung
bekommen Sie einhundert Volt mehr in die Spannungsstöße!“
„Sie bringen mich nicht nach Rudyn“, versicherte
Richter. „Soweit wird die Gerechtigkeit es nicht kommen
lassen.“
G insk verlor auch den Rest seiner Beherrschung. Darauf hatte
Richter abgezielt.
„Oh, ja?!“ brüllte er mit solcher Vehemenz, daß
Geifer ihm dabei auf die Lippen trat. „Sie werden sehen, wie
schnell Sie auf Rudyn landen... und dann: Wehe Ihnen!“ Er hob
die Faust und schüttelte sie drohend. Mit einem Ruck wandte er
sich an den Kampfroboter. „Führ dieses Schwein wieder ab!“
Als er vor dem Roboter her den Gang zu seiner Zelle entlangtrabte,
konnte Mark Richter sich eines spöttisehen Lächelns nicht
erwehren. Er hatte zweierlei erfahren. Erstens, daß Stephor
Ginsk von der Manipulierung der zweiten Hyperfunkantenne auf Upatik
nichts wußte, und zweitens, daß sein Abtransport nach
Rudyn unmittelbar bevorstand. Beides erfüllte ihn mit
Zuversicht.
Die Akte Mark Richter war noch lange nicht geschlossen!
Etwas später brachten sie auch Singlik Schnatz in die Zelle.
Schnatz war, wie zuvor Ladus Tonkar, erst halb bei Bewußtsein
und erkannte Richter nicht. Für Richter wurde es allmählich
wichtig, sich mit Tonkar und, sobald er zu sich kam, auch Schnatz zu
unterhalten. Er war sicher, daß die beiden als wichtige Zeugen
mit nach Rudyn geschleppt würden. Es war ihm klar, daß es,
solange er sich in dieser Zelle befand, so gut wie unmöglich
war, sich zu befreien. Die einzige Möglichkeit bot sich während
des Transports zum Raumhafen. Er hatte sich vorgenommen, Tonkar und
Schnatz ebenfalls zur Freiheit zu verhelfen. Sie waren durch seine
Schuld in diesen Schlamassel geraten, also schuldete er ihnen das.
Er wandte sich an Tonkar, der mit angezogenen Knien auf seiner
Liege hockte und teilnahmslos gegen die Wand starrte.
„Ich möchte mit Ihnen reden“, sagte er.
Tonkar drehte sich um.
„Aber sie werden zuhören“, meinte er und deutete
zur Decke hinauf.
„Nicht, wenn wir es geschickt genug anfangen“,
antwortete Richter.
„Aber ich dachte, Sie kennen mich nicht?“ bemerkte
Tonkar völlig überflüssigerweise.
„Was hat das damit zu tun?“ tat Richter erstaunt. „Wir
sind zusammen hier, und der Himmel weiß, wann wir hier wieder
herauskommen. Wenn wir uns in der Zwischenzeit nicht miteinander
unterhalten, drehen wir durch. Zuhörer allerdings möchte
ich bei unseren Gesprächen keine haben. Kommen Sie her!‘
Er winkte den Techniker zu sich herüber. Tonkar gehorchte und
setzte sich neben ihn.
„Bewegen Sie beim Sprechen die Lippen so wenig wie möglich“,
riet Richter. „Einer von den Brüdern versteht es
womöglich, von den Lippen abzulesen. Sprechen Sie jede Silbe
einzeln aus und treten Sie dabei mit dem Fuß kräftig auf
den Boden. Das Geräusch des Trittes übertönt die
Sprache.“
Tonkar schien zu erschrecken.
„Und das sagen Sie einfach so? Wo die doch die ganze Zeit
zuhören?“
Richter winkte ab.
„Darüber machen Sie sich keine Sorgen. Sie würden
ohnehin merken, was wir tun. Und was können sie dagegen machen?
Uns die Schuhe abnehmen. Dann lassen wir uns was Neues einfallen!“
Er selbst machte den ersten Versuch.
„Be-herr-schen Sie...“, begann er rhythmisch und
tappte bei jeder Silbe kräftig auf den Boden. Er machte eine
Pause und winkte zum Zeichen, daß er noch nicht fertig sei.
Erst nach einer Weile fuhr er fort: Morse?“
Tonkar zögerte eine Zeitlang. Schließlich
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