PR TB 181 Flammende Welten
Planeten und Monden so aufgeheizt
wurden, daß sie in einen noch unbekannten Kernprozeß
traten und aufhörten, als feste Körper zu existieren.
»Was für ein Wahnsinn!« sagte Mabel erschüttert.
»Dazu bringt die Natur doch nicht die Intelligenz hervor!«
»Die Natur bringt nichts absichtlich hervor, sondern
unterliegt den ihr innewohnenden Gesetzmäßigkeiten, ohne
sie selbst kontrollieren oder ändern zu können«,
erklärte das Semor-Gehirn.
»So hatte Mabel die Frage nicht gemeint«, sagte Guy.
»Sie wollte nur das ausdrücken, was auch ich fühle:
grenzenlose Hilflosigkeit.«
»Man kann nicht alles ändern, was man für
unerträglich hält, Guy«, sagte das Semor-Gehirn.
»Dann würde nämlich totales Chaos
herrschen, da die Meinungen darüber, was unerträglich
und was wünschenswert ist, weit auseinandergehen.«
»Das weiß ich«, sagte Guy. »Dann bringe
uns bitte nach.?«
»Nach Trionne.«
Das Ewigkeitsschiff setzte sich in Bewegung. Der Intermitter
bewegte es in Millionen von Transmissionen vorwärts, wobei die
einzelnen Transmittersprünge so kurz waren und so schnell
aufeinander folgten, daß beispielsweise ein terranisches
Raumschiff mit seinen Ortungsanlagen über die wahre Natur dieser
Fortbewegung getäuscht worden wäre. Ihre Positroniken
hätten diese Fortbewegung nämlich als vielfach
überlichtschnellen Flug durch den Normalraum angesehen, also als
etwas, das physikalisch nicht möglich war.
Für Guy und Mabel kam ebenfalls der - optische -Eindruck
eines überlichtschnellen Normalraumflugs zustande. Für
einige Zeit vergaßen sie ihr Wissen um die unvorstellbar
grauenhaften Katastrophen, die sich in jeder Minute weiter draußen
im All abspielten und bald auch Nyunberge heimsuchen würden.
Staunend nahmen sie die Wunder des Alls in sich auf, während das
Schiff die leuchtenden Schleier interstellarer Materiewolken
durchkreuzte, über nachtdunkle Abgründe jagte und dicht an
brodelnden Dunkelwolken vorbeischoß.
Als das Ewigkeitsschiff anhielt, schien das Universum
stillzustehen. Doch diese Illusion schwand schnell, denn die
Ortungsinstrumente machten die Bewegungen der Planeten und Monde
sichtbar, die vom bloßen Auge nicht wahrgenommen wurden. Das
menschliche Auge konnte gerade noch die blaue Sonne sehen, die nach
Auskunft Shatars den Namen Badjar trug.
»Starker Hyperfunkverkehr und mittlerer Raumschiffsverkehr«,
sagte das Semor-Gehirn. »Soweit ich bisher feststellen konnte,
ist die technische Entwicklung in Nyunberge nicht weiter
fortgeschritten als rund neunhundert Millionen Jahre später auf
der Erde. Das sagt aber nichts über die geistige Entwicklung
aus. Die Intelligenzen, die zum Kaiserreich Nyunberge gehören,
können erstens ganz andere Mentalitäten haben als die
Intelligenzen der Milchstraße - rund neunhundert Millionen
Jahre später -, und zweitens können die Unterschiede in
ihren Mentalitäten krasser oder auch weniger kraß sein.«
»Du brauchst gar nicht immer zu betonen, daß wir
Menschen erst in neunhundert Millionen Jahren soweit sein werden, wie
die Intelligenzen hier schon heute«, sagte Guy hitzig. »Ich
habe sowieso schon Minderwertigkeitskomplexe.«
»Dazu besteht kein Grund«, erwiderte das Semor-Gehirn.
»Das Solsystem ist eben viele hundert Millionen Jahre -
wahrscheinlich sogar eine Milliarde Jahre - später entstanden
als das Badjar-System. Logischerweise entwickelte sich Leben und
Intelligenz auch
entsprechend später auf den dafür geeigneten Planeten.
Ich werde das Ewigkeitsschiff wieder in die Basiszeit zurückbringen
und hoffe, von dort die Auswirkungen Ihrer Aktivitäten
feststellen zu können.
Damit Ihre Erfolgsaussichten nicht zu gering sind, werde ich Ihnen
eine Pliosphäre zur Verfügung stellen, ein bislang von
Tengri Lethos geheimgehaltenes intelligentes Universalfahrzeug. Es
wird für Sie auch so etwas wie ein Schutzengel sein.«
»Ein Lebewesen?« erkundigte sich Mabel verblüfft.
»Nein, denn es kann sich nicht reproduzieren, obwohl ich
weiß, daß nicht viel geändert werden muß, um
ihm auch diese Fähigkeit zu geben. So aber ist es eher eine Art
Roboter oder Androide, aber eben auch ein Fahrzeug. Es wird Sie in
gewissem Maß schützen, allerdings nicht gegen die
Supernova-Explosionen.«
Guy und Mabel erhoben sich.
»Vielen Dank!« sagte Guy Nelson. »Richte bitte
dem Hüter des Lichts viele Grüße von uns aus, wenn du
ihn triffst. Weißt du was, Semor, in meinen Augen bist du keine
Maschine mehr, sondern ein guter Freund.
Weitere Kostenlose Bücher